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Das Beste aus meinem Leben

Das Beste aus meinem Leben

Titel: Das Beste aus meinem Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Hacke
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geht das immerzu.
    Selbst nach Haidhausen wollen sie kommen, Konzerte im Gasteig hören: »?Gasteig? ist eine Konzentration von zwei bayerischen Wörtern: und?Steig?. Mittel durchtränken?Steig? bedeutet Straße. Im mittleren Alter würden Keuchenrinder und -esel schwer-beladene Karren herauf diese steile Steigung…«
    Keuchenrinder!
    Auch den seltsamen Mooshammer besuchen sie, man liest, in seinem Geschäft gebe es »München-Artkleidung für Spülmaschinen und Millionaires, aber genau diese wird den Böhmen sowie Fernsehapparatsterne getragen«.
    Sie wissen über uns, »daß Bavarians durstiger als überhaupt sind«. Sie lernen unseren Dialekt mit einem Mini-Lexikon. Es übersetzt »Obstla« mit »Fruchtvorbereitung«. Im Lexikon stehen auch seltsame Grußformeln wie »Griass Gott« und, ähm, »Würfel Ehre«. Würfel Ehre? Ich sah nach: Da stand »Habe die Ehre«, aber weil »die« im Englischen der »Würfel« ist, hat der Automat es für ein englisches Wort gehalten und mitübersetzt, ins Roboterdeutsche.
    Falls jemand demnächst auf mich zutritt und »Würfel Ehre« sagt, weiß ich Bescheid. Ich antworte »Griass Gott« und lade ihn auf eine Fruchtvorbereitung ins Wirtshaus ein. Und noch eine. Und noch eine.
    Ich möchte einfach zu gern hören, wie sie reden, wenn sie besoffen sind.

Mein kleines gelbes Schicksal
    E s war ein sonniger Herbstmorgen, die Luft kalt und klar wie aus Glas.
    Wir waren früh aufgestanden. Der Stau auf dem Weg zum Kindergarten hatte sich noch nicht entwickelt, Luis und ich rauschten frei durch die Straßen wie kleine Könige. Als ich später den Zeitungsladen betrat, der sich unten im Haus mit meinem Büro befindet, sagte ich zum Zeitungsladenbesitzer:
    »Geben Sie mir ein gelbes Los von der Staatslotterie! Heute scheint ein guter Tag zu sein.«
    Im selben Moment dachte ich: Willst du den Tag schon auf die Probe stellen? Willst du die Hoffnung bereits töten? Brauchst du nicht den klaren, kalten Herbstmorgenoptimismus für die Arbeit? Wirst du eine Niete aushalten? Kannst du ein »Leider nicht« ertragen?
    Andererseits: Wenn du gewinnst, brauchst du den Optimismus nicht mehr. Weil du die Arbeit nicht mehr brauchst.
    »Alles Gute!«, sagte der Zeitungsladenbesitzer.
    Im Bürobriefkasten fand ich den Brief eines Lotterieeinnehmers. »Verehrter Gewinn-Anwärter« nannte er mich und teilte mir mit, dass er mir mit diesem Brief »die goldene Privileg-Karte« überreiche, weil ich zu einem »streng ausgesuchten Kreis von Personen« gehörte. Wenn ich den beigefügten Umschlag, schrieb der Lotterieeinnehmer, mit dem »persönlichen Sicherungs-Siegel« öffnete, dann die Zahl auf dem Siegel mit der Zahl auf der Privileg-Karte vergliche, dann deren Übereinstimmung feststellte, dann das Siegel auf die Privileg-Karte klebte, dann das anliegende »Gewinn-Zertifikat« zur Hand nähme, dann die Privileg-Karte in die vorbereitete Folientasche auf dem Gewinn-Zertifikat steckte, dann das Gewinn-Zertifikat ausfüllte und abschickte – könnte ich an der »weltweit einzigartigen Ausspielung« von »sage und schreibe« 760 378 350 Euro teilnehmen.
    Alles liege in meinen Händen.
    »O ja!«, dachte ich und spürte das kleine, gelbe, noch verschlossene Los aus dem Zeitungsladen in meiner Hand. Ich stellte mir vor, wie der Lotterieeinnehmer mich »streng ausgesucht« hatte. Wie er in seinem goldenen Lotterieeinnehmer-Schloss saß und ein Sekretär mit goldenen Lippen ihm Kärtchen mit Namen reichte. Wie der Lotterieeinnehmer sie angewidert betrachtete und dann in die Flamme seines goldenen Feuerzeugs hielt. Wie etwas von dem Gold auf seinen Fingernägeln schmolz, zu Boden tropfte. Wie er dann aber das Kärtchen mit meinem Namen auf seinen Schreibtisch legte, mit goldener Tinte ein goldenes Häkchen hinter meinem Namen machte. Wie der Sekretär das Kärtchen daraufhin auf goldenem Tablett ins Vorzimmer trug, einer Vorzimmerfee mit goldenen Haaren überreichte und ihr zwischen seinen goldenen Lippen zuflüsterte:
    »Herr Hacke ist vom Lotterieeinnehmer streng ausgesucht worden.«
    »Dann werde ich ihm sofort unsere goldene Privileg-Karte sowie das persönliche Sicherungs-Siegel und das Gewinn-Zertifikat mit der Folientasche schicken!«, hauchte die Vorzimmerfee.
    »Wo sage und schreibe 760 378 350 Euro zu gewinnen sind«, flüsterte der Sekretär goldlippig.
    »Ist sie nicht weltweit einzigartig, unsere Ausspielung!«, jauchzte die Vorzimmerfee leise.
    Ich nahm mein kleines gelbes Los. Wag es! dachte ich.

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