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Das beste Rezept meines Lebens: Roman (German Edition)

Das beste Rezept meines Lebens: Roman (German Edition)

Titel: Das beste Rezept meines Lebens: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Donohue
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mich von einem Makel gezeichnet, der jede Liebe unmöglich machte. Werde ich diese Blöße, diese Verletzbarkeit etwa ein Leben lang mit mir herumtragen? Ich vermisste mein altes Ich bitterlich. Verzweifelt ließ ich mich auf die Bank des Ankleidezimmers sinken. Am liebsten hätte ich mir das Kleid vom Leib gerissen. Hätte ich doch bloß keinen Champagner getrunken!
    Da ging die Tür auf, und noch bevor ich irgendetwas sagen konnte, baute sich Annie vor mir auf und stemmte die Hände in die Hüften.
    »Du meine Güte, Julia!«, sagte sie erschrocken. »Was ist los?«
    Ich stand rasch auf und glättete meinen Rock. Die Geste erinnerte mich an meine Mutter. »Nichts«, sagte ich. »Ich bin einfach so glücklich.«
    Annie legte den Kopf schräg und zog eine komische Grimasse. »Mit Freudentränen rotzt man sich aber nicht so voll.«
    Wider Willen musste ich lachen. Ich merkte, wie gut es mir tat, nicht allein zu sein. Ich nahm ein Taschentuch aus der Box auf dem Beistelltisch, sah in den Spiegel und tupfte mir die Mascara-Spuren unter den Augen weg. Jetzt fühlte ich mich schon besser. »Also«, sagte ich und suchte Annies Blick im Spiegel. »Willst du den ganzen Tag lang dastehen und mich anstarren, oder kannst du mir auch irgendwann nochmal sagen, wie toll ich aussehe?«
    »Du siehst toll aus«, sagte Annie geradeheraus. Ihre Stimme klang warm, ohne jeden Anflug von Neid, Bitterkeit oder Wut. Es war die Stimme meiner alten Freundin Annie, die Stimme der besten Freundin, die ich je hatte, bevor ich alles kaputt gemacht hatte. Ich atmete tief durch, lächelte sie im Spiegel an und versuchte mit einem leisen Schniefen, wenigstens ein bisschen glücklich zu sein.
    Annie drehte das Preisschild um, das an der Seite des Kleides hing, und schnaubte belustigt. »Erinnerst du dich an das Spiel, das wir mit den Zeitschriften deiner Mutter gespielt haben?«
    Ich schüttelte den Kopf und vollführte eine kleine Pirouette, um den edlen Seidenrock durch die Luft schwingen zu lassen.
    »Wir haben so getan, als könnten wir uns auf jeder Seite einen Artikel aussuchen«, sagte Annie. »Aber wir durften nicht auf den Preis oder die Marke gucken, sondern mussten nach dem ersten schnellen Blick sofort sagen, was uns am besten gefiel. Ich war wie eine Elster, ich habe mir immer das glitzerndste, bunteste Teil ausgesucht.«
    »Als hättest du davon nicht schon genug gehabt«, lachte ich. »Noch eine lindgrüne Weste mit paillettenbesetzten Taschen.«
    »Hey! Ich habe diese Weste geliebt.«
    Ich zuckte mit den Achseln und grinste.
    »Wie auch immer«, fuhr sie fort, »jedenfalls hast du dir immer das teuerste Teil auf der Seite ausgesucht, obwohl du geschworen hast, dass du nicht schummelst. Ich habe nie kapiert, wie du das angestellt hast! Du hattest schon damals einen äußerst exklusiven Geschmack.«
    Mir kam die geschilderte Szene zwar entfernt bekannt vor, aber ich konnte mich nicht daran erinnern, dieses Spiel selbst gespielt zu haben. Es erstaunte mich, dass Annie sich offenbar an Dinge aus unserer Kindheit erinnerte, die ich total vergessen hatte. So ähnlich muss es Schwestern gehen. Das war ein schönes Gefühl. Ich war wirklich froh, dass ich sie gebeten hatte mitzukommen. Und obwohl mir klar war, dass der Champagner an dieser sentimentalen Anwandlung nicht ganz unschuldig war, schwor ich mir, nie wieder irgendetwas zu tun, was meine Freundschaft zu Annie aufs Spiel setzen könnte.
    Ich drehte mich noch einmal zum Spiegel um und spürte, wie sich ein Gefühl der Zuversicht in mir ausbreitete. »Das ist das richtige«, sagte ich und legte die Hände an meine Wespentaille.
    »Das hier?«, fragte Annie erstaunt. »Ich meine, es ist wirklich wunderschön, aber ist es nicht das erste Kleid, das du anprobierst?«
    »Manchmal ist es eben Liebe auf den ersten Blick«, sagte ich.
    »Wow. Okay. Anscheinend war das Spiel mit den Zeitschriften und der schnellen Entscheidung eine gute Vorbereitung auf diesen Tag. Soll ich die Chefin holen?«
    »Ja.« Lachend spazierte ich hin und her. »Hol die Chefin.«
    Später, als Curtis den Bentley schweigend durch das Straßengewirr des Mission District lenkte, teilten meine Mutter, Annie und ich uns die geräumige Rückbank, obwohl Annie sich viel lieber auf den Beifahrersitz gesetzt hätte. Die freudige Erregung über unseren erfolgreichen Shoppingtrip war geradezu mit Händen greifbar. Meine Mutter löcherte uns mit Fragen über das Café, ließ uns aber nur selten zu Wort kommen.
    »Ich hoffe, ihr

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