Das Bienenmaedchen
retten konnte.
»Miss Marlow, Beatrice«, sagte er. »Es gibt nur eines, was Sie tun müssen: uns die Dinge erzählen, die wir hören wollen. Die Namen, bitte. Sie wissen, welche ich meine. Und Einzelheiten über die Pläne. Es ist ganz einfach.« Seine Stimme war leise und beruhigend.
Ihre Lippen bebten. Ein Teil von ihr wollte es ihm sagen. Sie konnte den Mann nicht sehen, der hinter ihr stand, spürte jedoch mit jeder Faser ihres Körpers, dass er da war. Schließlich gewann sie wieder genug Kontrolle über sich selbst, um zu entgegnen: »Nein, ich werde Ihnen nichts sagen. NICHTS!«
Seine Miene wurde ärgerlich. »Miss Marlow, mit welchen Mitteln auch immer – wir werden diese Informationen von Ihnen bekommen.«
Als Antwort spuckte sie ihm ins Gesicht. Er sprang zurück und wischte es sich mit einem Taschentuch ab. Dann gab er dem Mann hinter ihr ein Zeichen, der daraufhin zum Tisch bei der Tür hinüberging, sodass sie ihn zum ersten Mal deutlich sehen konnte. Unter seinem weißen Arztkittel trug er einen Anzug. Die Hosen hatten scharfe Bügelfalten, und seine schwarzen Schuhe glänzten. Als er auf sie zukam, hielt er eine grausam aussehende Pinzette in der Hand.
Der Wärter bückte sich und zog ihr die Schuhe aus. Sie wehrte sich, doch die Männer hielten sie fest. Beatrice wurde steif vor Entsetzen, und ihr stockte der Atem.
Der Schmerz, als sie ihr an einem Fuß die Nägel herausrissen, war schlimmer als alles, was sie je erlebt hatte. Sie versuchte zu schreien, doch der Wärter klatschte seine Hand auf ihren Mund. Sie biss in die Hand, so fest sie nur konnte. Der Mann stieß einen hohen Schrei der Entrüstung aus, und die Hand gab ihr eine Ohrfeige.
»Nennen Sie mir die Namen von den Leuten, die Ihnen geholfen haben«, sagte der Vernehmungsoffizier sehr höflich. »Ein Name, und wir hören auf. Kommen Sie, Miss Marlow. Bitte. «
Sie schüttelte wild den Kopf, schloss die Augen und wiegte sich selbst, um die Wellen der Höllenqualen zu ertragen. Jemand ergriff ihren anderen Fuß, und es folgte die gleiche Folter. Diesmal hörte sie, wie ihr Fleisch zerriss.
Aber immer noch verriet sie nichts.
In den Tagen, die folgten, führte sie die Markierungen auf dem Zellenkalender nicht weiter. Licht und Dunkelheit kamen und gingen, während sie mit unerträglichen Schmerzen auf dem Bett lag. Einmal spürte sie, dass ein Mann mit behutsamen Händen Salbe auf ihre Füße strich und Verbände darum anlegte, aber meistens ließen sie Beatrice allein. Das Essen wurde gebracht und unberührt wieder fortgenommen. Sie konnte nicht schlafen, sie dämmerte vor sich hin, und die verlorenen Stimmen in der Zelle sprachen zu ihr, beruhigten sie und flehten sie an, stark zu sein.
Und dann kam der Gestapo-Offizier wieder. Zwei Soldaten ergriffen sie und brachten sie erneut in die Folterkammer. Diesmal nahm der Mann im Anzug ein elektrisches Brandeisen. Er zog ihr Hemd am Rücken hoch und presste das Eisen gegen ihr Fleisch, und sie kreischte vor unerträglichem Schmerz. Dann versank sie in gütige Besinnungslosigkeit. Sie kam kurz zu sich, nur um sogleich wieder vor Entsetzen in Ohnmacht zu fallen, weil ihr der Geruch von verbranntem Fleisch in die Nase drang.
Und immer noch sagte sie ihnen nicht, was sie wusste.
Man brachte sie zurück in ihre Zelle. Sie konnte nur auf dem Bauch liegen und schluchzen, als der Arzt ihre Wunden mit etwas Beißendem behandelte. Er murmelte mitfühlende Sätze auf Deutsch, als ob sie ein Kind wäre, und sie spürte, dass er inmitten des Grauens sein Bestes tat. Die ganze Welt bestand aus Schmerz und Verwirrung, und sie wusste nicht mehr, wer sie war. Sie erwachte mit Visionen, in denen sie von oben auf sich selbst hinabschaute: eine schneckenähnliche Kreatur auf dem Bett, schwarz und nackt. Sie hatte keine Identität mehr, nur den entschiedenen Willen – dass sie nichts sagen würde!
Sie wurde noch zwei Mal in jenen Raum gebracht, aber beim letzten Mal war alles anders. Der Mann in dem weißen Kittel hielt eine Spritze in der Hand und stieß die Nadel in ihren Oberschenkel. Sie musste in Ohnmacht gefallen sein, denn als Nächstes erinnerte sie sich daran, dass sie wieder auf ihrem Bett lag. Die Decke hatte man über sie geworfen. Danach kamen sie nicht mehr, um sie abzuholen. Zuerst dachte Beatrice, sie hätten aufgegeben, aber dann begann sie sich zu fragen, was das für eine Injektion gewesen war und was sie ihnen vielleicht unter deren Einfluss erzählt hatte.
KAPITEL 32
Sobald die
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