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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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schlimmsten Schmerzen abgeebbt waren, trat an ihre Stelle die Furcht. Es dauerte viele Tage, bis Beatrice gelernt hatte, nicht bei jedem Schritt im Korridor zusammenzuzucken. Und jeden Abend, wenn das Tageslicht aus der Zelle sickerte, sprach sie ein Dankgebet dafür, dass sie überlebt hatte.
    Doch mit der Dunkelheit kamen andere Schrecken. Schon am nächsten Morgen konnte die Reihe an ihr sein, aus dem Schlaf gerissen zu werden und bei Sonnenaufgang in den Hof hinuntermarschieren zu müssen, wo man sie an einen Pfosten fesseln, ihr die Augen verbinden und sie erschießen würde.
    Sie versuchte, sich mit der Vorstellung zu beruhigen, dass sie jemand anders war: Durch Wind und Regen ritt sie auf Cloud über die Klippen bei Carlyon. Sie kniete zwischen Gezeitentümpeln und suchte nach den Palästen der Meerjungfrauen. Sie schmeckte das Salz auf ihren Lippen, streichelte das fettige Haar von Jinx und fühlte die feuchte Rauheit seiner Zunge. Wie glücklich sie dort gewesen war, wurde ihr erst jetzt wirklich bewusst. Ihr Geist durchstreifte jeden Teil von Saint Florian. Ihre Füße wanderten über die Pflastersteine am Kai, ihre Finger verdrehten den drahtigen Strandroggen. Sie erinnerte sich an den Geruch von Kreide und Leder im Schulzimmer von Carlyon, an die Aussicht auf den Krocket-Rasen, an das bezaubernde Lachen von Angelina.
    Sie versuchte, an sie alle zu denken, vor allem an ihren Sohn, wie er herumlief. Aber er musste inzwischen anders aussehen. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie, und das brachte sie aus der Fassung.
    Sie würden sich Sorgen um sie machen. Vielleicht hatte Miss Atkins ihren Eltern geschrieben. Sie versuchte, ihre Gedanken hinauszuschicken, um sie wissen zu lassen, dass sie immer noch lebte. Dadurch fühlte sie sich ein wenig besser.
    Sie wusste nicht, ob Rafe am Leben oder tot, im Gefängnis oder frei war. Sie würde alles für ihn tun, was sie konnte – bis zum Äußersten –, aber sie befürchtete das Schlimmste. Die Deutschen hatten Charles’ Funkgerät, und wenn sie unter dem Einfluss irgendeiner Chemikalie Namen genannt hatte … Sie wagte nicht, diesen Gedanken weiter zu verfolgen.
    Sie sank in einen unruhigen Schlaf voller Träume, in denen sie hinfiel oder wegzulaufen versuchte. Manchmal sah sie das Gesicht des jungen Mannes, den sie getötet hatte: sein Gesicht kreidebleich vor Angst, bevor es blutrot wurde. Sie dachte oft an ihn. Doch sie versuchte, nicht daran zu denken, wie seine Mutter das Telegramm mit der Nachricht öffnete.
    Und sie erinnerte sich an jenes verschneite Weihnachtsfest in Sussex, als sie die silberne Pistole aufgenommen und auf den Spiegel gerichtet hatte. Wie sehr unterschied sie sich jetzt von der Beatrice, die sie damals gewesen war! Gott sei Dank können wir nicht in die Zukunft schauen, dachte sie, als sie nach den Albträumen in der Dunkelheit lag. Und obwohl sich ihr Gedächtnis auf das Kruzifix an der Wand des Bauernhauses im Limousin konzentrierte, konnte sie nicht beten.
    August 1943
    Eines Morgens gab es keine Hinrichtungen. Beatrice wachte spät auf und lauschte dem weit entfernten Lärm der Stadt und dem Klappern der Rohre. Dann setzte sie sich auf und lauschte aufmerksamer. Das Klappern hatte einen Rhythmus. Jemand gab mithilfe von Morsezeichen Buchstaben und Wörter wieder. Aneinandergereiht lautete die Botschaft: »Il y a quelqu’un?« – Ist da jemand? Sie wartete, horchte und fragte sich, ob es sich um einen Trick handelte oder die Botschaft für einen anderen Gefangenen bestimmt war. Doch nach einer halben Minute wurde die Botschaft erneut geklopft.
    Sie rollte sich herum, löste einen kleinen Ring von der Kette, die das Bett zusammenhielt, und klopfte rasch damit gegen die Rohre. »Oui.«
    Stille. Dann folgte: »Wo bist du?« , ebenfalls auf Französisch.
    »Ich glaube, dritte Etage, nach Westen hin.«
    »Ich auch, aber zweiter Stock.«
    Ihr Nachbar von unten!
    Sie wollte gerade wieder klopfen, als der letzten Nachricht rasch eine weitere auf dem Fuße folgte. »Vorsicht, die Schweine könnten zuhören!«
    »Ja«, erwiderte sie ungeduldig. Was sollte sie sagen? »Wie soll ich dich nennen?« Echte Namen konnten gefährlich sein. Andererseits, wenn sie einen Namen angab, den jemand von der Résistance wiedererkannte, könnte sie vielleicht von anderen erfahren, die sie kannte.
    »Michelle« , antwortete das Rohr.
    »Paulette« , buchstabierte Beatrice.
    »Wie lange bist du schon hier?«
    »Vierzehn Tage vielleicht. Und du?« Die

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