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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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stopfte. Dann eilte sie zu ihren Geschwistern zurück, und alle vier schlenderten hinüber zu der anderen Bucht. Beatrice wollte ihnen zuwinken, aber sie drehten sich nicht einmal um.
    Sie war mit ihren Eltern einmal in der anderen Bucht gewesen, doch sie hatten ihr wiederholt verboten, allein dorthin zu gehen, weil die Flut so rasch eindrang. Ihr fiel ein, dass sie die Kinder hätte warnen sollen, aber sie waren schon zu weit weg, um sie zu hören.
    Beatrice sah ihnen nach, bis sie außer Sicht waren, und wandte sich wieder ihrer Aufgabe zu. Sie schleppte ihren Eimer hinüber zum nächsten großen Tümpel zwischen den Felsen, wo drei hübsche Kieselsteine in der Tiefe glänzten. Sie hatte die anderen Kinder schon fast vergessen, als sie die Steine nacheinander herausfischte und daran dachte, wie schön sie sich in ihrer Sammelkiste zu Hause machen würden. Dann setzte sie sich neben einen Felsbrocken, lehnte sich zurück und nahm einen Apfel und ein in Pergamentpapier gewickeltes Päckchen aus ihrer Schultertasche. Sie knabberte Ingwerkekse, während sie sich in einem Schreibheft Notizen über ihre nachmittäglichen Funde machte. Sie zeichnete den Fisch und ein Bild von einer Meerjungfrau, die in dem Palast schwamm, den sie sich vorgestellt hatte. Danach legte sie das Notizbuch beiseite und verbrachte einige Zeit damit, in einem großen, seichten Tümpel, dessen Oberfläche durch die Brise ständig aufgewühlt war, nach einer besonders schlüpfrigen Krabbe zu fischen. Sie hatte noch eine gute Stunde Zeit, bevor sie zum Tee nach Hause zurückkehren musste.
    Die Sonne kroch über den Himmel. Die Gezeiten wechselten jetzt. Beatrice spürte die Spannung – das Saugen und Ziehen in verborgenen Stellen unter den Felsen. Sie fragte sich träge, wohin die anderen Kinder wohl zurückkehren mussten und ob sie über einlaufende Fluten Bescheid wussten. Edward war älter, vermutlich kannte er sich damit aus. Sie könnte ein bisschen abwarten, einfach nur, um sicher zu sein, aber sie würde Ärger bekommen, wenn sie zu spät nach Hause käme.
    Sie starrte hinüber zu dem Durchgang, der zur nächsten Bucht führte. Er war enger als zuvor. Ab und zu erreichte eine Welle fast die gezackten schwarzen Felsen der Landspitze. Aber dann kamen mehrere kürzere Wellen, und Beatrice befand, dass ihre Sorge voreilig war.
    Es war Zeit zum Aufbruch. Sie schwang sich die Tasche über die Schulter, nahm den Eimer mit den Meeresgeschöpfen und das Netz und machte sich auf den Weg den Strand hinauf. Aber bei jedem Schritt zögerte sie. Als sie auf der anderen Seite der Dünen war und den Pfad zurück nach Saint Florian erreichte, ließ etwas sie herumfahren. Ein Schrei! Sie war sich sicher – es war ein Schrei gewesen. Vielleicht eines der Kinder. Beatrice konnte nicht weitergehen, konnte sie nicht einfach dort in der Gefahr zurücklassen!
    Sie stellte ihre Sachen am Pfad ab und ging zurück. Als sie die Stelle erreichte, wo der Durchgang gewesen war, sah sie, dass das Meer ihn fast vollständig überflutet hatte. Sie waren nicht zurückgekommen. Sie würden ertrinken.
    Sie fasste die gefährlichen Felsen ins Auge und versuchte Stellen auszumachen, auf die sie ihre Hände und Füße setzen könnte. Bestürzt betrachtete sie ihre weichen Hände. Sie würde nicht besonders weit hinauf müssen – wenn sie nur die Kinder sehen und warnen konnte …
    Sie setzte ihren von einer Sandale geschützten Fuß auf den niedrigsten Felsvorsprung und begann zu klettern.

KAPITEL 6
    Am nächsten Tag erschien Oenone Wincanton, deren Vorname »In-oni« ausgesprochen wurde, bei Beatrice’ Mutter zum Tee. Beatrice drückte sich im Flur herum und lauschte an der Tür.
    »Ihre Tochter ist ja ein richtiger Wildfang. Ach, das liebe Ding, genau wie ich in diesem Alter.« Angelinas Mutter gab ein feines trällerndes Lachen von sich, und Beatrice musste unwillkürlich lächeln. »Ich bin mit Brüdern aufgewachsen, wissen Sie, und wir haben oft Sachen angestellt, bei denen Ihnen das Blut in den Adern gefrieren würde. Deshalb biete ich Ihnen meine Hilfe an. Keine Sorge, Ihre kleine Beatrice wird sich bei mir wunderbar entwickeln, Sie werden sehen.«
    Beatrice kniff ihre Augen zusammen. Was meinte Mrs Wincanton mit »Hilfe«?
    »Aber Sie wissen, wo wir sie gefunden haben, madame«, hörte Beatrice ihre Mutter mit ihrem französischem Akzent sagen. »Auf der Klippe! Mir bleibt fast das Herz stehen, wenn ich daran denke. Irgendetwas Gefährliches oder Waghalsiges – und

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