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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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hörten ihr zorniges Brüllen. Dann, als sie den Strand herunterrannten, trafen sie auf riesige Wellen, die auf die Küste prallten und wie mit Krallen zu den Dünen hinaufgriffen. Beatrice starrte in den Aufruhr hinein und schrie sinnloserweise: »Rafe!« Durch den Regen und die Gischt hindurch konnte sie nichts sehen.
    Momente vergingen, dann stieß Harry einen Ruf aus und stürzte sich in die Wellen. Sie sah, dass er etwas festhielt. Es schnellte in seinem Griff hoch, und sie erkannte die große, stabile Form – wie ein Sarg, fuhr es ihr durch den Kopf. Es war das Paddelboot. Er hatte es jetzt, zerrte es im Kampf gegen die See ins flache Wasser und stemmte es aufrecht. Es war leer – was sonst hatte sie erwartet? Sie half ihm, es aus dem Wasser und auf den Sand zu ziehen.
    »Wir finden sie, Miss«, sagte Harry und wandte sich zurück zum Meer. Gemeinsam wateten sie an der Küste auf und ab, sie suchten und riefen. Schließlich drehte er sich um und sagte: »Sie müssen Hilfe holen. Im nächsten Haus.«
    Sie wollte nicht weggehen, aber sie wusste, dass sie es musste. Ein letztes Mal starrte sie durch die stürmischen Wellen. Der Regen schien jetzt nachzulassen, und ein ätherisches goldenes Licht erfüllte die Luft. Der schlimmste Sturm war vorüber. Dann fing das Licht etwas im Wasser ein: ein kurzes Aufleuchten von Silber und eine lange bleiche Gestalt in einer brechenden Welle – und sie war weg. Die Welle krachte hernieder – und da war die Gestalt wieder. Mit einem Schrei eilte Beatrice darauf zu.
    Sie kämpfte, wurde nach unten gezogen, über Sand und Steine hinweggezerrt. Schmerz, Dunkelheit. Dann wieder hoch – ihre Lungen barsten. Als sie taumelnd auf die Füße kam und keuchend Luft holte, wurde sie von etwas Weichem, Festem getroffen. Sie spürte Kleidung und Haar an ihrer Haut. Sie packte den Körper und schlang die Arme um ihn, hielt ihn verzweifelt umklammert. Sie schrie nach Harry, damit er ihr half. Sie nahm all ihre Kraft zusammen und grub ihre Füße in den sich bewegenden Sand. Harry erreichte sie, und mit der Hilfe einer weiteren Welle hievten sie den Körper auf den Strand. Der Körper war völlig durchnässt – ein lebloses Ding. Harry rollte ihn auf den Rücken, und Beatrice heulte auf. Es war Rafe.
    Harry wusste, was zu tun war. Er fühlte nach dem Puls, dann kippte er den Kopf des Jungen nach hinten und beugte sich über ihn, um Luft in seinen Mund hineinzublasen – wieder und immer wieder. Eine lange Zeit geschah nichts. Dann ruckte Rafe plötzlich nach vorne und begann zu würgen. Beatrice half Harry, ihn auf die Seite zu drehen. So blieb er hustend und schluchzend liegen.
    Die grauen Gliedmaßen nahmen nun wieder ein wenig Farbe an, und mit zuckenden Lidern öffnete er die Augen. Beatrice kniete neben ihm, streichelte sein Gesicht und rief: »Rafe, Rafe, mach schon! Alles ist gut!« Und er rollte sich auf den Rücken, verwirrt und verängstigt.
    Sie spürte Harrys Hand auf ihrer Schulter. »Lassen Sie ihn. Es geht ihm gut. Gehen Sie jetzt, holen Sie Hilfe. Ich werde den anderen suchen.«
    Und diesmal stand sie zitternd auf und rannte durch den nachlassenden Regen den Strand hinauf.

KAPITEL 8
    Sie suchten nach James Sturton, bis die Nacht hereinbrach, und im Morgengrauen kamen sie zurück. Es war sein Vater, der seinen Leichnam fand – von der Flut angeschwemmt. Es war unvorstellbar schrecklich. Er war sechzehn, sein einziger Sohn.
    Als sie die Nachricht hörte, rannte Beatrice nach oben und warf sich weinend auf ihr Bett, bis sie, zerschrammt und erschöpft von der Quälerei, in einen unruhigen Schlaf fiel. Nachmittags gegen zwei wurde sie von ihrer Mutter geweckt, die ihr mitteilte, dass Mrs Brooker, Rafes Tante, angerufen habe. Rafe hatte nach ihr gefragt.
    »Ich kann nicht da hingehen«, entgegnete Beatrice und vergrub ihren Kopf im Kissen.
    »Beatrice, du musst!« Delphine setzte sich zu ihrer Tochter aufs Bett und strich ihr zärtlich übers Haar. »Manchmal müssen wir Dinge tun, die wir nicht wollen – weil es unsere Pflicht ist. Du warst so mutig und hast den Jungen gerettet. Gerade du musst jetzt zu ihm gehen und ihm helfen.«
    Sie zog Beatrice sanft aus dem Bett, wusch ihr behutsam das zerschrammte Gesicht und bürstete ihr Haar, als ob sie wieder ein kleines Mädchen wäre, und nahm ein sauberes Kleid aus dem Schrank.
    »Möchtest du, dass ich mitkomme?«, fragte sie, als Beatrice die Haustür öffnete.
    Beatrice schüttelte den Kopf und trat hinaus in den

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