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Das Biest aus den Alpen

Das Biest aus den Alpen

Titel: Das Biest aus den Alpen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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ganzen Vormittag dort verbringen, damit
der Herrgott nicht zu kurz käme, wie sie sich ausdrückte. Vielleicht würde er
dann auch endlich ihre schlimme Erkältung heilen. Unglücklicherweise hatte sie
sich für ihre Andacht in der Nähe des Beichtstuhles niedergelassen, in dem
Klößchen sich noch immer verborgen hielt.
    Josefas ständiges Husten
steckte den angeschlagenen Klößchen an, der vergebens versuchte, einen Niesreiz
zu unterdrücken. »Hatschi!« Er platzte damit nur umso heftiger heraus. Bei
diesem Geräusch schaute die Alte überrascht zum Beichtstuhl rüber. Da bot sich
ihr ja die gute Gelegenheit, schon jetzt ihre Beichte abzulegen!
    Zu nett vom Pfarrer, dass er
heute schon so früh für das Seelenheil der Gemeinde da ist, dachte sie erfreut.
Sie schlug ihr Gebetbuch auf, um sich vor zubereiten. Während sie las, hustete
sie mehrmals — und regelmäßig kam aus dem Beichtstuhl Antwort zurück.
    Klößchen presste beide Hände
vors Gesicht. Aber es half alles nichts.
    »Der arme Herr Pfarrer!«,
murmelte Josefa. »Mit so einer Erkältung sollte er lieber im Bett bleiben.«
    Nun war guter Rat teuer.
Klößchen überlegte fieberhaft. War es besser für ihn, fluchtartig den
Beichtstuhl zu verlassen oder zu bleiben? Stand er auf, dann würde die Alte ihn
sehen und womöglich Herrn Fuchs davon erzählen. Und auf neue Streitigkeiten
legte er keinen gesteigerten Wert. Blieb er, dann bestand immer noch die
Möglichkeit, dass ihn die alte Frau für den Pfarrer hielt und nach der Beichte
ahnungslos nach Hause ging. Aber durfte er das? Vorsätzlich die Beichte eines
Menschen hören? Ganz abgesehen davon: Was sagte ein Pfarrer, wenn jemand zur
Beichte kam? Sicher waren da bestimmte Gebete vorgeschrieben. Das Beste war,
das alte Mütterchen in den Beichtstuhl kommen zu lassen und sich dann unerkannt
aus dem Staub zu machen.
    Klößchen spannte jeden Muskel
seines Körpers an — soweit vorhanden. Er saß auf glühenden Kohlen und wartete
ungeduldig, bis die alte Frau ihre Vorbereitung zur Beichte beendet hatte.
Endlich stand sie auf und betrat das schrankartige Möbelstück. Mit hörbarer
Mühe kniete sie im Beichtstuhl nieder. Jetzt war Klößchens Moment gekommen. Er
spurtete los.

    Die alte Josefa war unangenehm
überrascht, als sie den vermeintlichen Pfarrer aufspringen und sich schleunigst
entfernen hörte. Was hatte das zu bedeuten? Verwirrt verließ sie die
Pfarrkirche. Am Friedhof blieb sie eine Weile stehen, bis — sie traute ihren
Augen nicht — ihr von der anderen Seite der Pfarrer entgegenkam.
    »Das geht nicht mit rechten
Dingen zu«, flüsterte sie kopfschüttelnd.
     
    Klößchen traf die anderen in
der Pension. Ohne Umschweife erzählte er vom Zwischenfall mit der alten Frau.
Die Freunde hingen grinsend an seinen Lippen. Die Sache mit dem Beichtstuhl war
wirklich zu schräg!
    »Ich dachte immer, jetzt
zerreißt es mich.« Wie zur Bestätigung musste Klößchen wieder niesen. »Als die
Alte hineinkam, fuhr ich wie ein geölter Blitz hinaus.«
    »Die muss Augen gemacht haben,
als sie urplötzlich allein im Beichtstuhl kniete.« Karl hielt sich den Bauch.
    Tim und Gaby krümmten sich vor
Lachen. »Warum bist du auch getürmt? Ich hätte die Beichte abgewartet«, sagte
Gaby.
    »Ausgerechnet du! Das hättest
du doch mit deinem Gewissen niemals vereinbaren können.« Klößchen seufzte
kellertief. »Aber was wisst ihr Neues?«
    Nun sprudelte Gaby voller
Ungeduld hervor, was ihr Fritzi gerade erst anvertraut hatte: »Sie hat gestern
Nacht zwei Männer mit einer Leiter gesehen. Die beiden sind in Richtung
Pfarrkirche gelaufen und waren dann plötzlich verschwunden. Auf welche Weise
sie allerdings die Pension verlassen haben, ist selbst Fritzi unerklärlich. Im
Haus war nichts zu hören und nicht einmal ihr Hund hat angeschlagen.«
    »Mit Sicherheit will ich es
nicht behaupten, aber ich habe Corvinus und Forschmann im Verdacht«, erklärte
Karl.
    »Jetzt kann ich mir manches
erklären«, warf Tim ein, »schaut doch mal aus dem Fenster.«
    TKKG drückten sich die Nasen
platt. Sie sahen Jan Forschmann, der gerade eine Leiter durch den Hof trug.
    »Ach ja, als ich vorhin aus der
Kirche kam, habe ich diesen Zettel unten an der Haustür gefunden«, sagte Tim.
    »Hast du dir’s überlegt? Wenn
nicht...!«, las Klößchen laut vor.
    »Der Wisch gilt mit Sicherheit
Fritzis Vater. Wenn ich nur wüsste, wer heute Nacht in der Kirche war!
    Es wird besser sein, wir
behalten die Angelegenheit zunächst noch für uns.

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