Das Bild
Eigentlich handelte es sich um einen Park, und zwar einen schönen. Es gab einen
Spielplatz für Kinder, die die Abenteuerfährten satt hatten oder zu
anstrengend fanden. Es gab fröhliche Hecken tiere, wie man sie in
Disney World sehen konnte, Sandgruben zum Hufeisenwerfen, ein
Softballfeld und jede Menge Picknicktische. Ein offenes Leinwandzelt war aufgebaut worden, und Norman konnte Männer in weißen
Schürzen darin sehen, die das Grillen vorbereiteten. Hinter dem
Zelt sah Norman eine Reihe von Buden, die eindeutig nur für den
heutigen Tag aufgebaut worden waren - in einer konnte man Lose
für handgefertigte Steppdecken kaufen, in einer T-Shirts (viele mit
denselben Sprüchen, die »Humps« Rollstuhl schmückten), in einer
anderen alle Broschüren, die das Herz begehrten - wenn man herausfinden wollte, wie man seinen Mann verließ und Glück bei seinen lesbischen Schwestern fand.
Wenn ich eine Waffe hätte, dachte er, eine schwere und
schnelle, zum Beispiel eine Mac-1o, könnte ich die Welt in
nur zwanzig Sekunden zu einem besseren Ort machen. Zu
einem viel besseren.
Die meisten Anwesenden waren Frauen, aber es waren immerhin so viele Männer anwesend, daß sich Norman nicht besonders
verdächtig vorkam. Er rollte an den Buden vorbei, war freundlich,
nickte, wenn ihm zugenickt wurde, und lächelte, wenn ihm
zugelächelt wurde. Er kaufte ein Los für die Steppdecke mit den
Schneeflocken und schrieb als Namen Richard McDaniels auf. Es
war vielleicht doch nicht so gut, sich Hump zu nennen -zumindest
hier nicht. Er kaufte eine Broschüre mit dem Titel Auch Frauen
haben verfassungsmäßige Rechte und erzählte der Lesbenkönigin in der Bude, daß er sie seiner Schwester Jeannie in Topeka
schicken würde. Die Lesbenkönigin lächelte und wünschte ihm
einen schönen Tag. Norman erwiderte das Lächeln und wünschte
ihr dasselbe. Er hielt nach allem allgemein und einem speziell Ausschau: Rose. Er sah sie noch nicht, aber das machte nichts; der Tag
war noch jung. Er war überzeugt, daß sie zum Mittagessen hier
sein würde, und wenn er sie erst einmal im Visier hatte, wäre alles
gut, alles wäre gut, und die Sache würde ein gutes Ende finden.
Gut, er hatte Mist am Kartenhäuschen gebaut, na und? Das hatte
er hinter sich, und er würde keinen Mist mehr bauen. Auf keinen
Ml.
»Cooler Rollstuhl, mein Freund«, sagte eine junge Frau mit Leopardenshorts fröhlich. Sie hielt einen kleinen Jungen an der Hand.
Der kleine Junge hatte ein Kirscheis in der freien Hand und schien
zu versuchen, sich das gesamte Gesicht damit zu verschmieren. Für
Norman sah er wie ein Weltklasse-Lausebengel aus. »Und coole
Sprüche.«
Sie streckte eine Hand aus, damit Norman einschlagen konnte,
und Normanfragte sich - nur einen Augenblick -, wie schnell dieses dumme Ich-bremse-auch-für-Krüppel-Grinsen von ihrem Gesicht verschwinden würde, wenn er ihr die Finger abbeißen würde,
statt auf die Hand zu schlagen, wie sie es erwartete. Sie hielt die
linke Hand ausgestreckt, und Norman sah ohne Überraschung,
daß sie keinen Ehering trug, obwohl der Balg mit dem Kirschdreck
im ganzen Gesicht ihr ziemlich ähnlich sah.
Du Schlampe, dachte er. Wenn ich dich ansehe, wird mir
alles klar, was mit dieser Scheißwelt nicht stimmt. Was hast
du gemacht? Dich von einer deiner Lesbenfreundinnen mit
der Klistierspritze befruchten lassen?
Er lächelte und schlug ihr sanft auf die ausgestreckte Hand.
»Danke, danke, danke«, sagte er.
»Haben Sie eine Freundin hier? «fragte die Frau. Sie war genau
der neugierige Typ.
»Klar, Sie«, sagte er prompt.
Sie lachte erfreut. »Danke. Aber Sie wissen, was ich gemeint
habe.«
»Nee, ich bin nur die Lage am Peilen«, sagte er. »Wenn ich im
Weg bin oder es eine geschlossene Gesellschaft ist, verzieh ich mich
wieder.«
»Nein, nein!« sagte sie und sah bei dem Gedanken völlig entsetzt
aus … was Norman genau gewußt hatte. »Bleiben Sie. Sehen Sie
sich um. Freuen Sie sich. Kann ich Ihnen was zu essen bringen? Es
wäre mir ein Vergnügen. Zuckerwatte? Vielleicht einen Hot Dog?«
»Nein, danke«, sagte Norman. »Ich hatte vor einer Weile einen
Motorradunfall - darum sitze ich jetzt in diesem wunderbaren
Rollstuhl.« Das Miststück nickte teilnahmsvoll; er hätte sie in drei
Minuten soweit haben können, daß sie Rotz und Wasser heulte,
wenn er gewollt hätte. »Seitdem scheine ich keinen großen Appetit
mehr zu haben.« Er grinste sie strahlend an. »Aber ich liebe das
Leben, bei Gott!«
Sie lachte. »Schön für Sie.
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