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Das Bildnis der Novizin

Titel: Das Bildnis der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Albanese Laura Morowitz Gertrud Wittich
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antwortete Fra Piero vorsichtig. »Das Kind ist im Morgengrauen zur Welt gekommen. Es ist ein Junge. Ein prächtiger Junge.«
    Das kantige Gesicht des Mönchs verzog sich zu einem breiten Grinsen. Erleichtert sackte er in sich zusammen, schlug dem Freund lachend auf die Schulter.
    »Ein Sohn.« Er umarmte ihn stürmisch. »Ich habe einen Sohn! Komm, Piero, komm, darauf müssen wir einen trinken. Und Gott danken!«
    Sie traten in die Sonne hinaus und wandten sich nach Osten, zum Marktplatz, wo Fra Piero am überdachten Stand der Weinhändlergilde eine bauchige Flasche Chianti erwarb. Er zog den Korken mit den Zähnen heraus und reichte die Flasche seinem Freund. Fra Filippo hob sie in die Höhe, dankte Gott und nahm einen tiefen Schluck.
    »Da ist noch etwas.«
    Der Maler ließ die Flasche sinken und blickte den Prokurator durchdringend an.
    »Leider keine gute Nachricht, Filippo.«
    Während der Freund ihm alles erzählte, trank der Maler völlig selbstvergessen den Wein aus. Rot rann ihm der Rebensaft übers Kinn, spritzte auf seine verdreckte Kutte. Ein heiliger Zorn erfüllte ihn.
    »Das können sie nicht machen! Das können sie ihr doch nicht antun«, knurrte Fra Filippo und kickte einen Stein über die Straße. Er hob die Flasche an die Lippen und trank sie aus. »Gottverfluchter Saviano!«
    Fra Piero kaufte eine zweite Weinflasche und führte Fra Filippo zum Fluss, der zwischen den Bottichen der Seidenfärber und den Hütten der Fischer träge dahinfloss. Fra Filippo trank diese zweite Flasche noch schneller aus als die erste, hin und her gerissen zwischen Wut und Verzweiflung. Er wankte und hielt sich an der höchsten Zypresse fest, klammerte sich an sie, als glaubte er jeden Moment über den Rand der Welt zu stürzen. Dann bat er Fra Piero um eine weitere Flasche Wein, die er austrank, während sie zum Domplatz zurückstolperten.
    »Ich bring ihn um«, knurrte er, als er auf seine Werkstatt zuging. »Er ist der Teufel, das sag ich dir, er ist der leibhaftige Teufel!«
    Die Tür war unverriegelt, die Luft in der Hütte abgestanden und stickig. Fra Filippo nahm die Zeichnung von Lucrezia von der Wand und ließ sich dann willig von Fra Piero ins Schlafzimmer führen.
    »Mein Altarbild«, lallte er und plumpste auf die nackte Bettstatt, »ich kann mein Altarbild nicht in der Kirche lassen.« Er machte Anstalten sich aufzurichten. »Ich geh noch mal zurück.«
    »Das mache ich schon.« Fra Piero stieß den Maler wieder aufs Bett. »Du bleibst hier und schläfst deinen Rausch aus.« Er hoffte, dass der Maler keine Dummheiten machen würde. Aber das war unwahrscheinlich. Der Mann konnte ja kaum noch laufen.
    Fra Filippo ließ seinen Freund gehen und sank aufs Bett zurück. Um ihn drehte sich alles. Dunkelheit drohte ihn zu übermannen. Jetzt, da er allein war, schwand auch der letzte Rest seiner Selbstbeherrschung. Er bekam kaum noch Luft, sein Magen wollte sich schier umdrehen, und seine Kehle war wie zugeschnürt. Es war lange her, seit er geweint hatte, doch nun brach sich sein Kummer in einem lauten, trockenen Schluchzen Bahn, das in dem leeren Schlafzimmer widerhallte.
    Es war Abend, Vesperzeit. Der Prokurator ging um den Dom herum, den Handkarren des Malers hinter sich herziehend, und betrat die Kathedrale durch einen der Flussstraße zugewandten Hintereingang. Die Kapelle lag im Dunkeln, sämtliche Kerzen waren gelöscht worden. Fra Piero blieb am Eingang stehen, um seine Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen.
    Da hörte er das Klirren eines Schlüssels, das Rascheln einer Kutte. Er hielt den Atem an und lauschte. Ja, er hatte sich nicht getäuscht. Seine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit und nun konnte er das große Altarfenster erkennen, durch das der Mond bleich hereinschien. Er sah die kontemplativen Gesichter der Holzstatuen der Heiligen Jungfrau und der heiligen Elisabeth, zu deren Füßen kleine Votivkerzen flackerten.
    Er schlich in die Richtung, aus der er die Geräusche gehört hatte. Wer immer das sein mochte, er bewegte sich rasch und verstohlen, wollte also offenbar nicht entdeckt werden.
    Fra Piero beschloss der Sache nachzugehen. Lautlos schlich er über den kühlen Steinboden und um die Ecke zum Glockenturm. Er hörte Stimmengemurmel, zwei Stimmen, eine tiefere und eine hellere. Auf leisen Sohlen trat er näher. Die Tür zum Glockenturm stand offen. Durch den Spalt sah er den Saum einer dunklen Kutte. Die Gestalt stieg ein paar Stufen der abgetretenen Treppe hinauf und hielt dann an.
    Mit

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