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Das Bildnis der Novizin

Titel: Das Bildnis der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Albanese Laura Morowitz Gertrud Wittich
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elften Woche nach Pfingsten, im Jahre des Herrn 1456
    A m nächsten Dienstag, kurz nach der Sexta, betrat ein uniformierter Bote der Medici den Klosterhof.
    Die Schwestern hatten soeben ihr Gebet beendet.
    Als die Äbtissin einen Fremden in ihrem Klosterhof stehen sah, klappte sie schnell ihr Gebetbuch zu und eilte nach draußen.
    Der Bote verbeugte sich. Sein Schwert funkelte in der Sonne.
    »Seid gegrüßt, Mutter Oberin. Ich komme auf Befehl von Ser Francesco Cantansanti, Emissär des großen Cosimo de Medici.«
    »Ja, wir haben Euch bereits erwartet«, antwortete die Äbtissin in einem dem gewichtigen Anlass angemessen feierlichen Ton. Sie warf dem Stalljungen, der gaffend in der Nähe stand, einen scharfen Blick zu. Beschämt machte er sich wieder ans Striegeln des Pferdes.
    »Ihr habt etwas für mich, vermute ich?«, erkundigte sie sich mit größtmöglicher Diplomatie.
    Der Bote holte einen Samtbeutel aus der Tasche und überreichte ihn ihr.
    »Ich muss Euch um etwas Geduld bitten, bis die Schwestern sich reisefertig gemacht haben«, sagte sie und ließ den Beutel unter ihrem Ärmel verschwinden. Dann wandte sie sich um und winkte Schwester Pureza zu.
    Auf dieses Zeichen ihrer Oberin machten sich die Novizinnen für diesen Tag, den sie außerhalb der Klostermauern verbringen sollten, bereit. Sie folgten Schwester Pureza in die Sakristei, wo jede einen groben schwarzen Umhang mit Kapuze bekam, die sie aufsetzen mussten, um ihre Gesichter zu verbergen. Dann drückte Schwester Pureza Lucrezia ein abgegriffenes Gebetbuch in die Hand sowie eine Abschrift der Ordensregeln. Spinetta erhielt eine Rolle unbeschriebenes Pergament, denn sie sollte ihre Zeit als Anstandsdame nutzen, um die Regeln abzuschreiben – mit Tinte aus Fra Filippos Beständen.
    »Du musst draußen allzeit auf der Hut sein«, schärfte Schwester Pureza Lucrezia ein. Sie hatte vehement gegen diesen Ausgang protestiert, sich aber nicht durchsetzen können. »Unsere Ehre, unsere Tugend, ist unser höchstes Gut. Dein Gesicht, auch wenn es der Maler porträtieren will, ist ein Gottesgeschenk. Es ist ein Abbild seiner Herrlichkeit und sollte nur als solches betrachtet werden. Hüte dich vor Eitelkeit, Schwester Lucrezia, sie ist ein Werk des Teufels.«
    Nun ging die gebeugte alte Nonne, flankiert von den ranken Buti-Schwestern, auf den Boten zu. Als sich die Blicke der beiden Weggefährtinnen trafen, wurde die Äbtissin von einem leisen Zweifel durchzuckt. Nein, nein, sie machte keinen Fehler. Das Opfer, das das Kloster brachte, wurde durch die Anwesenheit des Heiligen Gürtels mehr als aufgewogen. Und schon bald würde ein neues Altarbild den Chor der Klosterkirche schmücken, und sie selbst würde darauf abgebildet sein. Und vielleicht würde sich ja jetzt auch wieder die kleine Truhe füllen, in der sie die Gold- und Silbermünzen des Klosters aufbewahrte. Ja, bestimmt würde die Macht des Gürtels dafür sorgen.
    Als sie durch die Klosterpforte nach draußen traten, strich eine kühle Brise vom Bisenzo über Lucrezias erhitztes Gesicht. Sie spürte die holprigen Pflastersteine unter den Sohlen ihrer Stiefel und hätte beinahe aufgelacht. Tief sog sie die frische Luft in ihre Lunge. Dann blickte sie sich um. Sie konnte das fruchtbare Hügelland der Toskana sehen, das die Stadt umgab. In der Ferne erkannte sie einen einzelnen Palazzo.
    Der Bote übernahm die Führung, immer zwei Schritte vor den beiden Novizinnen. Spinetta hakte sich bei Lucrezia unter. Auch ihre Augen funkelten unternehmungslustig unter ihrer Kapuze.
    »Wie schön!«, seufzte Lucrezia.
    Die Sonne brannte heiß auf ihre schwarzen Mäntel, doch das konnte die gute Laune der Schwestern nicht beeinträchtigen.
    »Komisch, dass jetzt ich auf dich aufpassen soll«, sagte Spinetta fröhlich. Wie oft in der Vergangenheit hatte ihre Schwester ihr diesen Dienst erwiesen! »Aber ich freue mich darüber.«
    Lucrezia grinste Spinetta an. Ihre kleine Schwester war ihr in letzter Zeit ein bisschen zu fromm und ernst geworden. Endlich konnte sie wieder jung sein!
    »Bin ich froh, dass ich nicht die sauertöpfische Schwester Camilla mitnehmen muss«, feixte sie, und die beiden lachten herzlich.
    »Hast du sie heute früh gesehen?«, kicherte Spinetta. »Als Mutter Bartolommea sagte, sie muss im Kloster bleiben und in der Küche arbeiten, weil jetzt auch Schwester Bernadetta einen Ausschlag bekommen hat? Ich dachte, sie explodiert gleich.«
    »Gott, es wäre furchtbar langweilig mit ihr geworden! Ich

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