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Das Bildnis der Novizin

Titel: Das Bildnis der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Albanese Laura Morowitz Gertrud Wittich
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Euch daher in aller Demut, mir die Erlaubnis zu erteilen, das Gesicht der Novizin Lucrezia porträtieren zu dürfen. Sie ist ein junges, reines, schönes Geschöpf, das ideale Modell für die Jungfrau Maria. Ihr werdet sicher verstehen, dass Schwester Lucrezia dafür in mein Atelier in Prato kommen müsste, wo ich all mein Werkzeug, meine Farben habe. Das war bei den alten Meistern nicht anders, die den Weg für uns neue Künstler geebnet haben. Ich denke, es würde Cosimo gefallen …«
    »Wie bitte?« Die Äbtissin starrte ihn mit bedrohlich geweiteten Augen an.
    »Vergebt mir, Mutter Oberin, wie gesagt, dies ist kein eigensüchtiges Anliegen. Dieses Bild, das alles bisher Dagewesene übertreffen soll, dient dem Ruhme Florenz’! Mit einem Modell wäre die Arbeit so viel leichter für mich. Meine Werkstatt …«
    »Um Himmels willen!«, rief die Äbtissin empört. »Ihr verlangt doch nicht etwa von mir, die Ordensregeln in den Schmutz zu treten? Anstand und Sittlichkeit zu missachten? Die heilige Klausur?«
    Die Äbtissin wurde immer lauter. »Bruder Filippo, wir hier im Kloster Santa Margherita gehorchen weder Cosimo de Medici noch dem König von Neapel. Wir gehorchen nur unserem Herrn Jesus Christus. Irdische Politik interessiert mich nicht. Und ich werde schon gar nicht zulassen, dass durch solche Angelegenheiten dem guten Namen dieses Klosters Schaden zugefügt wird!«
    Die Augen der Äbtissin sprühten Funken. Aber davon ließ Fra Filippo sich nicht aus der Ruhe bringen. Er hatte die Äbtissin schon öfter zornig erlebt. Die stämmige kleine Nonne konnte ihn nicht einschüchtern.
    »Ich sehe, ich habe Euch gekränkt, Mutter Oberin. Aber bitte, in Gottes Namen, Ihr müsst mir glauben, dass es mir nur um den Ruhm von Prato und den Ruhm dieses Klosters geht. Wie sollte es auch nicht, ich bin schließlich Kaplan von Santa Margherita! Ich kann Euch natürlich eine Entschädigung für Eure Großzügigkeit offerieren. Auch ist es mir in meinen Bildern, ebenso wie meinen Gebeten, nur um die Verherrlichung Gottes zu tun. Ihr müsst mich missverstanden haben.«
    »Ihr scheint oft missverstanden zu werden, Bruder Filippo«, sagte die Äbtissin mit eisiger Stimme. Sie war so empört, dass sie die Erwähnung einer Entschädigung vollkommen überhört hatte. »Auch vor dem erzbischöflichen Gericht?«
    Das war zu viel. Fra Filippo richtete sich zu seiner vollen, einschüchternden Größe auf. Die Äbtissin merkte sofort, dass sie zu weit gegangen war.
    »Es tut mir leid, Kaplan, das hätte ich nicht sagen dürfen.« Sie zwang sich, ruhig zu sprechen, damit er nicht merkte, wie sehr er sie aus der Fassung gebracht hatte. »Meine Empörung über Eure Bitte hat mich alle guten Sitten vergessen lassen. Aber heute, in diesen schwierigen Zeiten, kann es sich eine Novizin nicht leisten, in Verruf zu kommen.«
    »Keine Sorge, Mutter Oberin«, sagte Fra Filippo kühl. »Ich habe Euch sehr gut verstanden.«
    Der Maler stand keuchend vor den Toren des Palazzo de Valenti, in dem Ser Francesco Cantansanti derzeit zu Gast war. Er musste erst einmal zu Atem kommen, so schnell war er gerannt. Er bewunderte die herrlichen orangeroten und blauen Fliesen des Palazzos, die in der Abendsonne schimmerten. Dann ergriff er den Messingklopfer, der die Form eines Satyrs hatte, klopfte und wartete darauf, dass man ihm öffnete.
    »Bringt Ihr gute Nachrichten, mein Freund?«, fragte der reiche Kaufmann, der eine kostbar bestickte schwarze Tunika trug und Bruder Filippo durch die prächtige Eingangshalle entgegeneilte.
    »Ja, ja, Eure Madonna mit Kind ist fertig«, versicherte ihm der Mönch. »Die Farbe muss nur noch trocknen.«
    »Wundervoll, Maestro.« Der Kaufmann, dessen Haupt ein dichter Haarschopf zierte, ergriff mit seiner beringten Hand die Pranke des Malers und schüttelte sie herzlich. »Das wird meine Frau freuen, wenn sie das hört. Ich weiß, wie besorgt sie ist. Aber ich wollte gerade mein Mittagsmahl einnehmen. Wollt Ihr Euch nicht zu uns gesellen?«
    Fra Filippo war froh, Ser Francesco Cantansanti an der Tafel vorzufinden, die im schattigen Innenhof des Palastes inmitten von Zitronenbäumchen, Blumen und einem plätschernden Springbrunnen gedeckt worden war. Der Mönch begrüßte Ser Francesco mit einer respektvollen Verbeugung, die der Emissär mit einem Heben der Brauen quittierte.
    »Wir haben doch erst gestern gesprochen«, sagte er spöttisch. »Ihr könnt das Bild unmöglich schon fertig haben.«
    »Nein, aber ich habe die noch

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