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Das Bildnis der Novizin

Titel: Das Bildnis der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Albanese Laura Morowitz Gertrud Wittich
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Lucrezia für Bruder Filippos Altarbild Modell stehen wird. Ein höchst wichtiges Werk und ein Auftrag der großen Medici! Unter normalen Umständen würde ich nie meine Erlaubnis dazu geben«, sie beugte sich vor, »aber da er ein Mann der Kirche ist, noch dazu unser Klosterkaplan, ist es nicht so unschicklich, wie es zuerst scheinen mag. Immerhin gehört seine Werkstatt fast zum Kloster. Ein Außenposten, sozusagen.«
    Schwester Camilla blieb die Spucke weg.
    Flüsternd fuhr die Äbtissin fort: »Als Entschädigung wird uns der heilige Gürtel vorübergehend zur Aufbewahrung überlassen. Hier, in unserem Kloster! Es ist unglaublich!«, rief sie erregt aus. »Und wenn die heilige Reliquie einmal in unserer Obhut ist, wird der Segen der Muttergottes nicht auf sich warten lassen!«
    Die Äbtissin schaute Schwester Camilla erwartungsvoll an. Als von dieser keine Reaktion kam, beugte sie sich noch weiter vor und zischte erregt: »Hast du verstanden, Schwester? Ich sagte, wir bekommen den Heiligen Gürtel, den Gürtel der Jungfrau Maria, hierher, in unser Kloster! Selbstverständlich wird er nur in meine Hände übergeben werden und niemand wird davon erfahren, außer uns beiden.«
    Schwester Camilla setzte ihre Tasse ab und starrte die Äbtissin entsetzt an. Das musste ein Scherz sein!
    »Ich erzähle es dir auch nur, falls etwas passieren sollte«, fuhr die Mutter Oberin fort. »Aber was sollte schon passieren, wenn wir den Gürtel haben?«
    Schwester Camilla war sprachlos. Sie war bekannt für ihre stille, weise Art, die nicht nur die Äbtissin, sondern auch die Mitschwestern zu schätzen wussten. Sie fällte keine vorschnellen Urteile.
    »Und außerdem«, verkündete die Äbtissin und warf sich in die Brust, »außerdem ist es mir gelungen, Bruder Filippo dazu zu bewegen, ein weiteres Altarbild für die Kirche zu malen. Die Muttergottes bei der Übergabe ihres Gürtels an den heiligen Thomas. Und ich werde ebenfalls auf dem Bild zu sehen sein! Kniend, zu Füßen der Madonna.«
    Die Äbtissin entließ schnaufend den Atem aus ihrer Lunge und schien dabei in sich zusammenzusacken.
    »Ach, ich sollte nicht so prahlen«, murmelte sie und rückte ihren Schleier zurecht, »das entspricht nicht unseren heiligen Regeln.«
    Und dennoch: Die Äbtissin platzte schier vor Stolz über diese Auszeichnung; dass sie auf einem von Fra Filippos Bildern verewigt werden würde. Wie die berühmten Medici oder der mächtige Sforza-Clan aus Mailand, wie all die Heiligen, deren Antlitze die Kathedralen und Gotteshäuser des Landes zierten, so würde auch ihr, Äbtissin Bartolommea de Bovacchiesis Gesicht, der Nachwelt erhalten bleiben, als Zeichen ihrer besonders guten Verbindung zum Reich Gottes. Na, jetzt würde sie ganz sicher direkt in den Himmel kommen, daran bestand kein Zweifel!
    »Nun, du hast dir das alles sicher gut überlegt, Mutter Oberin, und um die rechte Entscheidung gebetet«, sagte Schwester Camilla zögerlich. »Lucrezia untersteht der Obhut der guten Schwester Pureza und die wird darauf achten, dass sie ihre Pflichten und Aufgaben als Novizin nicht vernachlässigt.«
    »Sicher, Schwester Camilla, sicher. Auch das habe ich bedacht. Hör zu: Schwester Lucrezia wird nur dienstags und donnerstags nach der Sexta zum Atelier des Malers gehen und zur Vesper wieder zurück sein. Und sie wird natürlich nicht allein gehen, eine Mitschwester wird sie begleiten und auf sie aufpassen. Auch wird sie immer ein Gebetbuch sowie die Ordensregeln des heiligen Augustinus mitnehmen, damit sie sie während ihrer Sitzungen studieren kann. Ich habe mir alles sorgfältig überlegt. Die Worte des heiligen Augustinus werden ihr helfen, wenn schon nicht im Fleische, so doch wenigstens im Geiste im Kloster zu verweilen.«
    Schwester Camilla nickte.
    »Für wie lange?«, erkundigte sie sich.
    »Wir dürfen die heilige Reliquie natürlich nur bis zur Feier behalten. Denn siehst du, in gewisser Weise ist das ein Tausch: der Gürtel hier, Schwester Lucrezia im Atelier des Malers. Auf diese Weise kann nichts passieren.«
    »Ja«, murmelte Schwester Camilla und hob ihre Tasse an die Lippen, »da kann nichts passieren.«
    »Und ich habe beschlossen, dass du das Mädchen begleitest, Schwester Camilla.«
    Schwester Camilla verschluckte sich an ihrer Suppe. Sie prustete und hustete.
    Die Äbtissin hob hoheitsvoll die Hand. »Kein Grund, mir zu danken, Schwester«, erklärte sie in einem, wie sie fand, angemessen bescheidenen Ton.

7. Kapitel

    Am Dienstag der

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