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Das Bildnis der Novizin

Titel: Das Bildnis der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Albanese Laura Morowitz Gertrud Wittich
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Mönch unter und kuschelte sich an ihn. Am schwarzen Himmelszelt strahlten die Sterne. Lucrezia blickte nach oben, suchte nach dem Nordstern.
    »Dort ist er«, sagte sie und deutete nach oben. »Der Stern, dem die heiligen drei Könige folgten.«
    Fra Filippo legte seine Wange an ihre und blickte ebenfalls nach oben, bis auch er den hell scheinenden Stern entdeckte. Der Geruch nach Schnee lag in der Luft.
    »Ich bin so froh«, sagte sie.
    Fra Filippo strahlte sie an.
    »Die Welt ist heute Nacht so schön«, sagte sie leise. »Wir haben zwar viele Sorgen, Filippo, aber ich bin trotzdem froh.«

19. Kapitel

    Am Dienstag der sechsten Woche nach Epiphanie, im Jahre des Herrn 1457
    I ch hätte es nicht geglaubt, wenn mein Luigi es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, als er ein Stück Leder bei dem Malermönch vorbeibrachte. Da stand sie, mit einem ganz dicken Bauch«, erzählte der Schuster aufgeregt der Männergruppe, die sich vor seiner Werkstatt auf dem Marktplatz versammelt hatte. »Und jetzt muss ich meinem Bengel einbläuen, dass Nonnen kein Freiwild sind.«
    Alle lachten.
    Monatelang hatte Lucrezia ihren Zustand vor der Öffentlichkeit verbergen können. Aber Ende Februar waren ihr die Kleider, die sie genäht hatte, zu eng geworden, und ihr praller Bauch war nun unübersehbar. Auch ihr war aufgefallen, wie der Junge, der ihr das Leder für den Schwangerschaftsgürtel brachte, den sie anfertigen wollte, sie angesehen hatte. Jetzt würde bald ganz Prato Bescheid wissen.
    »Der weiße Mönch hat wohl in letzter Zeit an einem ganz neuen Bild gearbeitet: an einer Geburtsszene«, witzelte der Bäcker und schlug mit der Hand auf seine Schürze, dass eine Mehlwolke aufwirbelte. »Er kann das Balg ja auch gleich selber taufen, da spart er sich das Geld für diesen gierigen Inghirami!«
    Der Schuster spuckte aufs Pflaster. Er klemmte sich einen Schuh zwischen die Schenkel und hämmerte einen gebrochenen Absatz ab.
    »Sein Bastard und seine Hure werden allen Segen brauchen, den sie kriegen können«, sagte der Mann und schüttelte sich die Haare aus der Stirn.
    Die Männer, Kaufleute und Handwerker, deren Werkstätten und Läden den Platz säumten, wärmten sich am Feuer des Schusters. Dabei aßen sie Brot aus ihren Hosentaschen und diskutierten genüsslich die schlüpfrige Geschichte. Die Fischhändler, die Fra Filippo gut kannten – suchte er sie doch regelmäßig bei Geschäftsschluss auf, um sich ein paar Fischreste zu erbetteln -, glucksten ungläubig, als sie die Nachricht von Lucrezias Schwangerschaft hörten. Die Lederwerker schürzten ihre Werkzeuggürtel und fragten laut, warum es Geistlichen erlaubt war, sich nach Belieben Mätressen zu nehmen, während sie selbst mit den hässlichen Huren vorliebnehmen mussten, die in den schäbigen Gassen um den Marktplatz hausten.
    »So schlimm sie in Rom auch sein mögen«, sagte Franco, dessen jüngerer Bruder Stalljunge bei den Valentis war, »sie tun’s wenigstens nicht vor aller Augen.«
    »Stimmt«, nickten die anderen. »Wird ihn’ne schöne Stange kosten, sich dafür Roms Indult zu erkaufen.«
    Die Nachricht von Lucrezias Schwangerschaft breitete sich wie ein Lauffeuer vom Marktplatz über die Piazza San Marco bis zur Piazza San Francesco aus. Zur Vesperzeit wusste ganz Prato Bescheid, einschließlich aller Bewohner des Valenti-Palazzos. Zwei Küchenmädchen lachten spöttisch, aber alle anderen weinten, als sie hörten, dass ihr Modell für die wundersame Madonna nun befleckt war. Signora Teresa, die selbst dann noch zu Lucrezia gehalten hatte, als sie erfuhr, dass diese bei dem Mönch lebte, war entsetzt.
    »Da gibt’s nichts zu lachen, Nicoletta!«, schimpfte die Signora von ihrem Platz am Kamin. Bis zu diesem Moment hatte sie sich an die Vorstellung geklammert, dass das Mädchen trotz allem rein geblieben sei. Und selbst jetzt war sich Teresa de Valenti sicher, dass Lucrezia nicht freiwillig in diese Lage geraten war. Da steckte der Teufel dahinter! Vielleicht war sie wie so viele junge Frauen verführt oder gar gegen ihren Willen genommen worden.
    »Wie tragisch!«, sagte sie zu ihrer Schwägerin, die bei Ascanios Geburt dabei gewesen war und die als Erste das Überleben der Hausherrin als Wunder bezeichnet hatte. »Schöne Frauen sind immer ganz besonders in Gefahr, wenn sie den Schutz ihres Vaterhauses verlassen müssen.«
    Die Kaufmannsgattin stand auf, durchquerte das Zimmer und blieb vor jenem Bild stehen, das im ganzen Haus Die wundersame Madonna

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