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Das bin doch ich

Das bin doch ich

Titel: Das bin doch ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Glavinic
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mich weg. Das ist ein Zitat. Aus den Sopranos. Das ist wie der Glaube an Gott, das hilft, ich habe in diesem Moment große Kunst bei mir. Ich bin nicht allein, nicht einmal in Frauenkirchen muß man allein sein.
    Zum Nachtisch wird wieder mit Wein angestoßen. Ich muß leider Auto fahren und darf nichts trinken, so eine Flasche in zehn Minuten wäre jetzt genau das richtige, zumal die Schwarzenegger-Diskussion von neuem eröffnet wurde und sich von einem Tisch zum anderen ausbreitet. Niemand im Saal, der keine Meinung hat, kaum einer, der nicht stolz ist auf Schwarzenegger, hier reden ca. 300 Leute über Schwarzenegger. Ich lache hysterisch.
    Ivetta stößt mich in die Rippen und weist mit einer Kopfbewegung nach rechts. Ich sehe Bärbel bei meinen Großeltern stehen. Bärbel gehört auch zum Gasthaus, sie ist ein paar Jahre älter als ich und hat mit mir als Kind gespielt. Ich habe sie lange nicht gesehen. Wir geben uns die Hand. Ich wende mich wieder Lisa zu. Vom Gespräch von Bärbel mit meiner Oma nehme ich Satzfetzen auf: Wien… zweijähriger Sohn… Schriftsteller… vier Bücher… großer Erfolg … Nach einer Weile stößt mich Ivetta zum zweiten Mal an.
    »Bärbel freut sich so, dich wiederzusehen! Rede mit ihr, sie freut sich!«
    Als der Betrieb etwas nachläßt, kommen Johann und Gertraud zum Tisch. Sie stehen hinter meinen Großeltern und reden mit ihnen. Nach und nach werde ich in das Gespräch hineingezogen. Gertraud sagt: »Und da sitz ich im Fernsehzimmer und da schaue ich Nachrichten und da sehe ich einen und da denke ich mir den kenn ich ja WARS DER THOMAS . Ich rufe den Hansi HANSI kommschnell und dann sehen wir den Bericht und das ist schon toll. THOMAS , WIR FREUEN UNS JA SO ÜBER DEINEN ERFOLG !«
    Ich lächle das Lächeln, das ich vom größten Starautor der westlichen Welt gelernt habe, aber hier hilft das nichts.
    Ein Mann vom Nebentisch, Typ Metzgergesicht, mischt sich ins Gespräch, ich höre nicht hin, er redet mit Gertraud. Es fallen die Worte Schriftsteller, Fernsehen, Bücher.
    »Ein Schriftsteller?« ruft der Kerl. Er wendet sich an mich. »Was schreibst du denn?«
    Ich tue so, als hätte ich nicht gehört. Meine Mutter ruft: »Romane!«
    Ehe ich aufbreche, setze ich mich noch einmal zu meinen Großeltern. Meine Oma holt ein Exemplar von Wie man leben soll aus der Handtasche und bittet mich, es zu signieren. Für wen es ist, will ich wissen. Sie sagt, ich soll schreiben, sie diktiert.
    »Für Herrn Primarius Doktor Weinstödl, mit innigem herzlichem Dank für die Pflege – was hast du denn, schreib weiter –, mit innigem herzlichem Dank für die Pflege, die Sie meiner Großmutter Judith Schneider im Krankenhaus haben angedeihen lassen. – Was ist denn? Schreib doch! Ja, genau so. Unterschrift. Leserlich! Hochachtungsvoll Thomas Glavinic, Schriftsteller. Dazuschreiben! Ja! So ist’s recht.«

Neun
    Als ich aufstehe, ist Else schon weg. Ehe sie mit Stanislaus zum Kinderarzt gegangen ist, hat sie mir eine Thermoskanne Kaffee vorbereitet. Ich schicke ihr ein SMS : Danke! Guten Morgen, LD . Dann lese ich die eingegangenen Kurznachrichten. Daniel schreibt, ich solle mir das neue Volltext kaufen, da sei ein amüsanter Artikel drin. Gerfried Göschl, ein Jugendfreund, der gerade auf dem Everest war, sendet mir den ihm passenden Termin für ein Treffen in seinem Heimatort. Und der Prinz schreibt:
    du teufel hast mich wieder betrunken gemacht
    Am Vorabend waren wir bei Umar Fisch essen. Das machen wir einmal im Monat, und dann wird Wein getrunken. Am Prinzen gibt es ein interessantes Phänomen zu beobachten: Wenn er betrunken ist, verliert er – je nach Grad der Alkoholisierung mal stärker, mal schwächer – die Kontrolle über seine Gesichtsmuskeln. Der Mund geht langsamer auf, der Blick schwenkt langsam zur Seite, und die Augen sind glasig. Das ist nichts Außergewöhnliches, passiert bestimmt vielen, aber nur an ihm bemerke ich es so deutlich. Man sieht ihn an und denkt sich, der Mann muß den ganzen Tag mit Trinken verbracht haben. Und in Wahrheit hatte er gerade mal zwei Gläser.
    Gestern ist er wieder mit Hund gekommen. Eigentlich fürchte ich mich vor Hunden, sie bellen, einige beißen. Wenn ich auf der Straße den tätowierten Muskelprotz aus dem Nebenhaus sehe, dessen Kampfhund nicht einmal einen Maulkorb trägt, vergesse ich allen mühsam anerzogenen Humanismus und stelle mir vor, wie beide mit Genickschuß niedergestreckt werden, Hund und Herrchen. Ich ermahne mich sofort,

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