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Das bin doch ich

Das bin doch ich

Titel: Das bin doch ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Glavinic
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Es ist jedoch Karin Graf, meine Agentin. Für Die Arbeit der Nacht sieht es gut aus. Das Gespräch heitert mich auf, trotzdem muß ich ständig daran denken, was wohl in den zwei übrigen Mails steht.
    …und wahrscheinlich habe ich mein bösestes gesicht gemacht (weil ja verunsichert und natürlich von minute zu minute mehr sauer), und deswegen wollten sie mich nicht ansprechen… (klingt sehr logisch, ich hätte mich ja auch nicht angesprochen!) ☺
    Und das vierte:
    …aber nicht, dass sie glauben ich wäre zu schüchtern ein handy zu bedienen. die nummer haben sie jetzt ja. ich hätte auch heute noch zeit, bis spät abends. wenn sie wollen, können sie auch gern zu mir kommen. fürchten brauche ich mich ja nicht, oder? ☺ ich lege mich jetzt in die wanne, nehme aber das handy mit ins bad.
    seien sie herzlich gegrüßt von ihrer
    ingrid thallner

Drei
    Am Nachmittag gehe ich essen (indisch). Dann zu Fuß zur U1 in die Taubstummengasse, ein für meine Verhältnisse gar nicht so kurzer Spaziergang, weil ich mir einbilde, die U1 hält am Kardinal-Nagl-Platz. Es ist aber die U3. Ich muß am Stephansplatz umsteigen.
    Es ist gräßlich warm, die Anzeige in der Station steht auf 22°C. Weil ich wie üblich Angst habe zu frieren, halte ich zwei Sweatshirts in der Hand. Mir fällt auf, wie blöd das ist, und ich verstehe, daß es einen Zusammenhang gibt zwischen ständiger Nahrungsaufnahme im indischen Restaurant am Naschmarkt und der Furcht, zu wenige Schichten anzuziehen. Immerhin merke ich es langsam selbst.
    Am Kardinal-Nagl-Platz ausgestiegen, ein paar Schritte zum Rabenhof-Theater. Dort liest an diesem Abend der größte Starautor der westlichen Welt.
    Thomas Gratzer, der Chef, und Roman Freigaßner, der Dramaturg des Hauses, begrüßen mich mit jener grölenden Herzlichkeit, die sie für den gebräuchlichen Umgang unter Künstlerkollegen halten. Roman springt um mich herum, schreit, schlägt mir gegen die Schulter, erzählt mir eine Geschichte, ich weiche zurück, er drängt mir nach, bis ich an der Wand stehe, mit seiner Selbstgedrehten durchlöchert er mir beinahe das Sakko. So geht das immer, mich beglückt diese Vorstellung nicht, aber ich mag ihn und bringe es nicht fertig, ihm zu sagen, daß ich normal reden will mit den Leuten, also auch mit ihm.
    Der größte Starautor der westlichen Welt ist noch nicht da, dafür treffe ich in der Garderobe Daniel, der mit seinem Kumpel Marco gekommen ist, sowie die FAZ -Kritikerin, die die Einführung halten wird. Sie ist elegant und attraktiv und auch sehr klug. Mir gefällt ihr Gesicht. Schon wieder so eines, dem man ansieht, daß seine Besitzerin denkt. Wahrscheinlich fällt mir das deswegen auf, weil ich zuvor meines im Spiegel gesehen habe.
    Mit Daniel und Marco setze ich mich ins Foyer. Der Wein an der Bar ist nicht ganz mein Fall, aber ohne Alkohol halte ich solche Veranstaltungen nicht aus, also trinke ich Gespritzten (Weißweinschorle). Marco trinkt Heineken, Daniel Apfelsaft.
    Eine Frau grüßt mich freundlich. Ich grüße zurück, ohne mich zu erinnern. Nach einer Weile fällt es mir ein. Sie war auch in der Foer-Runde im Gasthaus Wild . Romans Freundin, Nora. Sie ist sauber und frisch wie ein Apfel. Mich fesseln solche Frauen, ohne daß ich mich für sie interessieren würde: Sie wirken, als würden sie täglich zweimal je zwei Stunden lang baden, natürlich in einer Wanne, in der ein ph-neutrales Zitrus-Joghurt-Gemisch schäumt. Sie treiben Sport, trinken nur Mineralwasser, putzen sich fünfmal am Tag die Zähne und haben perfekt manikürte Fingernägel. Dazwischen oder parallel dazu lernen sie Spanisch oder lesen medizinische Fachbücher. Noch dazu sind sie wirklich nett. Jedenfalls haben sie Mütter, die auf sie stolz sein können. Solche Frauen faszinieren mich auf eine unkörperliche Art. Das klingt ironisch, ist aber nicht so gemeint.
    Daniel begrüßt seine Lektorin, die auch die des größten Starautors der westlichen Welt ist. Wir werden einander vorgestellt, sie setzt sich kurz zu uns. Was soll ich sagen, sie hat Die Arbeit der Nacht kommentarlos abgelehnt, und obwohl sie mir sympathisch ist, werde ich mich wohl nicht lange mit ihr unterhalten, denn wer meine Bücher ablehnt, ist des Teufels.
    Die Lesung beginnt, wir setzen uns in die letzte Reihe, wo mehr Platz ist. Ich nehme zur Kenntnis, daß ich schon betrunken bin. Vier Gläser, mehr waren es nicht. Das ärgert mich, und ich gehe schnell hinaus, um mir noch eines zu holen.
    Zu meinem Erstaunen

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