Das bisschen Haushalt
Wie lange gedenken Sie noch Hausmann zu sein? Nicht mehr lange, es ist nur eine Übergangslösung Mittelfristig wird sich das ändern Ich bleibe Hausmann, bis die Kinder aus dem Haus sind Ich kann das noch nicht absehen
Bei Frage 5 breche ich ab. Soll der Typ seine Arbeit ohne meine Daten machen; ich muss mir selbst jetzt erst mal diese existenzielle Frage beantworten. Ja, wie lange will ich das eigentlich machen? So richtig habe ich darüber noch nicht nachgedacht. Irgendwie schien das nur ein Abenteuer zu sein, das bald vorüber ist. Doch: Wenn ich richtig rechne, könnte das mindestens noch zwölf Jahre so weitergehen, bis Rebecca ihr Abitur gemacht hat. Das sind 144 Monate. Das heißt: Ich habe jetzt erst 0,00694 Prozent hinter mich gebracht! O. k., später einmal muss ich keine Hausaufgabenbetreuung mehr machen, aber sie brauchen trotzdem jemanden, der ihnen ein Mittagessen kocht. Sie brauchen jemanden, der sie nachmittags von der Schule abholt. Sie brauchen jemanden, dem sie ihr Herz ausschütten können. Sie brauchen jemanden, der sie abends besoffen vom Trottoir abkratzt und nach Hause bringt. Mein Gott, das alles wird mir jetzt erst so richtig bewusst. Auf was habe ich mich da eingelassen ...
Sonntag, 3. August
Meine gestrige Melancholie ist verflogen. Vielleicht liegt’s auch nur am herrlichen Wetter? Nicht zu warm, nicht zu kalt, ein paar Schäfchenwolken am Himmel und zwischendrin die Sommersonne. Kurz: die idealen Bedingungen für einen Ausflug. „Leute, wir machen eine Wanderung zur Fischerhütte!“, verkünde ich frohgelaunt am Frühstückstisch. Paul und Rebecca ist das Entsetzen ins Gesicht geschrieben: „Och nööööö, muss das sein?“, stellen sie meine Idee vehement infrage. „Ja, es muss. Bei so einem Wetter geht’s raus an die frische Luft. Außerdem war Rebecca so begeistert von ihrem Waldtag am Dienstag“, insistiere ich. Carola findet meinen Vorschlag zwar ausgezeichnet, gibt jedoch zu Bedenken, dass sie noch eine sehr wichtige Präsentation für das Bereichsleitermeeting am morgigen Montag zu erstellen habe und leider, leider nicht mitgehen könne. „Na, dann machen wir halt einen Papa-Kinder-Ausflug“, gebe ich trotzig zur Antwort, meine Enttäuschung ob des Fehlens der Mutter kaum vertuschend.
„Wenn die Mama nicht mitkommt, dann will ich erst recht nicht“, bäumt sich Paul nochmals auf. Ich dulde jedoch keinen Widerspruch und ordne an, dass wir um 11:00 Uhr pünktlich das Haus verlassen werden. Da die Kinder ausnahmsweise mal von der Ernsthaftigkeit meines Vorhabens überzeugt sind, leisten sie keinen weiteren Widerstand mehr, sondern fügen sich ihrem ach so schlimmen Schicksal. Mit einer Mischung aus Resignation und Fatalismus beginnen sie mit den Vorbereitungen. Rebecca möchte nicht auf die Begleitung durch ihre Puppe Julia verzichten und sammelt in ihrem Zimmer Puppenschuhe, -jacke und -jeanshose ein, um Julia dann entsprechend anzuziehen.
Paul will unbedingt Fernglas, Schweizer Messer, Sturmfeuerzeug sowie das Outdoor-Multifunktional-Tool mit eingebautem
Kompass, Lupe, Thermometer und Pfeife mitnehmen. Darüber hinaus besteht er darauf, dass wir Proviant einpacken. „Paul, wir brauchen keine Wegzehrung, wir kehren doch in der Fischerhütte ein. Und die Dreiviertelstunde vom Parkplatz zum Lokal wirst du auch ohne Nahrungsaufnahme überleben.“ Nein, würde er nicht. Und überhaupt: Was wäre, wenn wir uns nun verlaufen würden? Ich hätte halt keine Ahnung von der fachmännischen Vorbereitung eines Abenteuers. In der Küche schnappt sich Paul eine noch ungeöffnete Packung Vollkorn-Toastbrot, beschmiert zehn Scheiben fingerdick mit Nutella, legt jeweils eine Scheibe darauf und stopft die so entstandenen Sandwiches in eine Plastiktüte. Aus dem Kühlschrank holt er sich eine 5er Packung Mini-Salami und aus der Süßigkeiten-Schublade eine Tafel weiße Schokolade mit Crunch. All das wandert zusammen mit einem Beutel Paprikachips und einer Tüte Saure Pommes ebenfalls in die Tüte. Ich beobachte diesen Vorgang vom Esszimmer aus, verkneife mir jedoch einen Kommentar - so viel Selbstständigkeit will ich nicht durch Hinweise auf nicht sachgerechte Verpackung oder übertriebene Mengen torpedieren. Ich meine nur: „Gut gemacht, Paul. Du trägst das dann aber selbst.“ Klar, das sei doch logisch. Na, mal sehen.
Um kurz nach 11:00 Uhr finden wir uns in der Garage ein. Um Pauls Hals baumelt sein Fernglas und das Outdoor-Mul-tifunktional-Tool; auf seiner linken
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