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Das bisschen Haushalt

Das bisschen Haushalt

Titel: Das bisschen Haushalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin-Nils Däfler
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Strohhalm sei. Carola interpretiert den Flecken als Bratpfanne und Paul als Tennisschläger. Das Spaghetti-Top der neben uns sitzenden Engländerin gibt nicht so viel her - lediglich ein kleiner Schweißrand; dafür könnte man das Muster ihres Sonnenbrandes analysieren. Der leicht adipöse Herr zwei Tische weiter hat zwei handtellergroße Flecken fabriziert. Mich erinnern die Konturen an die Umrisse Afrikas, Paul an den MTT-Sternzerstörer, Rebecca an die Form, die die Pfannkuchen haben, welche ich backe, und Carola enthält sich einer abschließenden Meinung. Mehr gibt es über den heutigen Tag nicht zu berichten.
Mittwoch, 20. August
    Wir sind in einem wahrhaft internationalen Hotel untergekommen - Urlauber aller Nationalitäten sind anzutreffen: Italiener, Franzosen, Holländer und Engländer; gelegentlich mal ein polnisches Pärchen und eine dänische Familie. Den größten Teil der Gäste stellen jedoch nicht die Deutschen, sondern die Russen.
    Wie mir Familie Knaushahn aus Bottrop erklärt (sie verbringen übrigens schon seit siebzehn Jahren ihren Urlaub in diesem Hotel), ist die türkische Riviera in den letzten Jahren ein Lieblingsziel der Russen und Ukrainer geworden. Für mich ist es das erste Mal, dass ich intensiveren Kontakt mit den östlichen Nachbarn habe.
    Bei den Russen biegen sich die Tische. Mindestens doppelt so viel, wie man essen kann, befindet sich auf den Tellern. Lachen, Essen, Erzählen - es geht munter zu und bunt durcheinander.
    Pauschalurteile sind zwar gefährlich, aber so, wie ich sie hier erlebe, handelt es sich offenbar um ein ausgesprochen lebensbejahendes Völkchen, das es innerhalb kürzester Zeit geschafft hat, die jahrzehntelange Tristesse sozialistischer Zeiten zu vergessen, und nun alles nachholt, was ihm vorenthalten wurde. Es sei ihnen gegönnt, aber vielleicht ginge es auch etwas weniger geräusch- und mehr rücksichtsvoll?
Donnerstag, 21. August
    Ein wichtiger Teil des Konzeptes von Hotels wie diesen ist das allabendliche Unterhaltungsprogramm. Die Animationscrew des Hotels stellt jeden Abend im eigenen „Amphitheater“ eine andere Show auf die Bühne; mal wird gezaubert, oft getanzt, mal ein Quiz veranstaltet oder Bingo gespielt. Ich mag das nicht! Dennoch gehe ich hin. Weil Carola, Rebecca und Paul diese Shows lieben. Und da ich kein Spielverderber sein will, setze ich mich brav dazu. Heute Abend heißt das Motto „Karibik“. So ein Quatsch! Da bist du in der Türkei und wirst gedanklich etliche tausend Kilometer weiter westlich transportiert.
    So sehr die Show mich langweilt, so sehr verzückt sie Erika. Erika sitzt neben mir. Erika kommt aus Kaiserswerth, ist 52 Jahre alt, Oberstudienrätin und unverheiratet, wie sie mir erzählt. Als die Tänzer die Bühne betreten und anfangen, sich gelenkig zu karibischen Rhythmen zu bewegen, funkelt aus Erikas Augen die pure Ektase! Ich rücke vorsichtshalber ein paar Zentimeter nach rechts.
    Ich wähne die Show schon fast beendet, da ergreift der Moderator das Mikrofon und brüllt hinein: „You feel good?“ Das Publikum antwortet mit einem frenetischen „Yes - Ja - Si - Oui
    - Da - Evet“. So viel gute Laune muss belohnt werden! Der Chefanimateur hat noch ein Bonbon einstecken - man würde jetzt unter den Gästen einen Limbo-Tanz-Wettbewerb veranstalten. Na klasse! Ich schlage vor, dass wir uns das nicht mehr anschauen, sondern aufs Zimmer gehen, die Kinder seien ja bestimmt müde. „Ne, Papi, sind wir nicht“, kommt es einstimmig zurück. Auch Carola zeigt noch keine Anzeichen von Ermüdung.
    Phil, der Moderator, erklärt kurz die Regeln, während im Hintergrund die Limbostange samt Ständer aufgebaut wird. Es sei eigentlich ganz einfach, man müsse nur mit nach hinten gebeugtem Rücken unter der Stange durchtanzen und dürfe diese nicht berühren. Nach und nach würde die Stange immer tiefer gelegt und wer die niedrigste Höhe schafft, hat gewonnen. Dem Sieger winke eine Flasche Sekt - Hausmarke! Dann bittet Phil seine beiden - übrigens sehr appetitlich aussehenden - Assistentinnen, im Auditorium geeignete Kandidaten ausfindig zu machen. Ich bekomme Bauchschmerzen. Erinnerungen an meinen Auftritt im Kindergarten werden wach. Die beiden Damen streifen durch die Reihen und wählen ihre Opfer. Als sie in unsere Nähe kommen, schnappe ich mir Carola und küsse sie innig, in der Hoffnung auf diese Weise nicht zum Limbotänzer erkoren zu werden. Falsche Strategie! Vielleicht denken die zwei Hilfssheriffs ob meines wilden

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