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Das bisschen Haushalt

Das bisschen Haushalt

Titel: Das bisschen Haushalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin-Nils Däfler
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und das tun sie ja offensichtlich mehrmals am Tag, dann seien sie doch bitte leise.“ Außerdem verstünde er es nicht, wie man so frevelhaft sein und sich in Gegenwart kleiner Kinder verlustieren könne.
    Zunächst schaue ich betroffen. Dann neige ich ihm meinen Kopf zu und flüstere: „Die Geräusche kommen gar nicht von meiner Frau, sondern von Julia.“ Mein Zimmernachbar versteht die Welt nicht mehr - Sodom und Gomorra in seiner unmittelbaren Umgebung. Das Entsetzen ist ihm ins Gesicht geschrieben. Ob’s vielleicht auch ein bisschen Neid ist? „Darf ich Ihnen Julia mal vorstellen?“, hauche ich. Damit hatte er nicht gerechnet. „Einen kleinen Moment, ich bin gleich zurück!“, bitte ich ihn um etwas Geduld und hole Julia aus dem Zimmer. Ich halte die Puppe hinter meinem Rücken versteckt. Mein moralinsaurer Nachbar schaut fragend drein: „Wo ist denn nun Ihre Julia?“, will er wissen. Ich ziehe Julia hinter dem Rücken hervor und aktiviere das Stöhnprogramm. Im geöffneten Mund meines
    Zimmernachbarns hätte man in diesem Moment locker einen Tennisball versenken können.
Samstag, 23. August
    Meinem Oberschenkel geht es etwas besser. Ich kann sogar schon wieder mehr als 50 Meter schmerzfrei laufen. Dennoch muss ich mich schonen und kann leider den gebuchten Tagesausflug nach Antalya nicht mitmachen; Carola muss allein mit den Kindern aufbrechen und sich den Attacken südtürkischer Basarhändler - du kaufe günstig Teppich - aussetzen. Na ja, gestählt durch ihre berufliche Tätigkeit, wird sie das schon meistern - da kann ich unbesorgt sein. Sie wird sicherlich keinen neuen Läufer für den Flur mitbringen .
    Wo soll ich meinen „freien“ Tag nun verbringen? Auf dem Zimmer, vor dem Fernseher? An der Bar? Am Strand? Am Ruhepool? Ich entschließe mich, eine Liege am Wasserrutschenpool zu beziehen und dort das Geschehen zu beobachten. Richtig ungewohnt ist das, nur mit meinem Badehandtuch, der Sonnenmilch und einem Büchlein unterm Arm loszuziehen. Sonst bin ich ja beladen wie ein Möbelpacker: links und rechts mit einer Badetasche behängt, das Minischlauchboot zwischen Brust und linkem Ellbogen eingeklemmt und in der rechten Hand dem Eimer mit Wasserspielzeug.
    Ich finde tatsächlich einen herrlichen Platz - eine Liege, die mir einerseits einen uneingeschränkten Blick auf die vier Wasserrutschen ermöglicht, andererseits aber etwas abseits, im Schatten eines kleinen Pinienhains, steht. Nachdem ich ein bisschen in „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“ geschmökert habe, lege ich die erhellende Lektüre zur Seite und verfolge das Geschehen in der Rutschenlandschaft. Meine
    Erkenntnisse fasse ich in einer Wasserrutscher-Typologie zusammen.
    Da gibt es zunächst einmal den Genießer. Alter: zwischen 25 und 65. Er reiht sich geduldig in die Schlange der Wartenden ein, setzt sich, oben angekommen, ruhig auf sein Hinterteil, stößt sich nur leicht ab, genießt die nicht allzu schnelle Fahrt und kommt unten mit einem dezenten Platscher auf. Das Ganze macht er zwei, drei Mal und kehrt dann wieder auf seinen Platz zurück, um sich dort zu überlegen, welchen Wein er am Abend trinken wird.
    Völlig anders der Berserker. Bereits auf der Leiter erkennt man ihn. Ständig drängelt und schubst er, schmuggelt sich auch mal an anderen vorbei, nur um schneller oben zu sein. Beim Start imitiert er das Gehabe von Bobfahrern: Mit einem fulminanten Anlauf schmeißt er sich in die Röhre, gern auch auf den Bauch, obwohl das verboten ist. Besonders geschwindigkeitsgeile Berserker klemmen sich ihre Badehose noch in die Pospalte, um weniger Reibungsfläche zu bieten und dementsprechend flotter zu werden. Ihre Landung gleicht einer Bombenexplosion.
    Nicht verwechselt werden darf der Berserker mit dem Aufschneider. Bei Letzterem steht das Posing im Mittelpunkt. Dementsprechend bedeutungsvoll ist für ihn der Gang zur Aufstiegstreppe, das Anstehen und der Abgang. Der männliche Typus ist meist durch einen fitnessstudiogestählten Oberkörper, sehr lange oder sehr kurze Haare, einer Tätowierung am Bizeps und einen leicht gekünstelt wirkendem Gang gekennzeichnet. Die weiblichen Vertreter dieser Spezies besitzen häufig (wasserstoff-)blondes Haar, einen durchaus wohlgeformten Körper, der in einem ultraknappen Badestring und münzgroßem Oberteil versteckt wird und eine Hautfarbe, die einer Tafel Vollmilchschokolade gleicht.
    Der Profi kommt nicht aus Spaß zur Rutsche. Bei ihm zählt vor allem:

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