Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)
zurechtgewiesen. »Wir gehen hier nicht Pilze sammeln!«
Walburga robbte dichter an Niki heran. »Yoga-Queen Beate Grossmann ist der Blockwart hier«, wisperte sie. »Die mobbt jeden, mach dir nichts draus.«
»Aber ich dachte, Yoga entspannt?«, flüsterte Niki.
»Die nicht«, raunte Walburga. »Stell dich auf gnadenloses Mitgefühl und konsequenten Vernichtungswillen ein. Ich glaube, sie war mal mit Doc Mannheimer in der Kiste. War wohl zum Abgewöhnen. Die zickt, weil sie erotisch total unterzuckert ist. Apropos: Hast du nächsten Montag schon was vor?«
»Klar, eine Runde McDonald’s, ein All-you-can-eat-Buffetund dann ein Date mit Mario. Wir sauen uns gegenseitig mit Sprühsahne ein.«
Walburga kicherte leise. »Also nichts. Magst du Pornos?«
»Wie bitte?«
»Jetzt guck nicht so verkramt. Alexis und Tamara sind auch dabei. Pornos sind überhaupt nicht unanständig. Sonst würden nicht so viele Nonnen mitspielen. Wie auch immer: Wir veranstalten einen richtigen Mädelsabend. Du bist eingeladen.«
Irgendwie hatte sich Niki diese Fastenkur anders vorgestellt. Doch zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie Freundinnen. Echte Freundinnen. Ein ungekanntes Glücksgefühl durchlief ihren Körper. Was auch immer passieren würde, sie war nicht allein.
»Sieben-und-neunzig, sieben-und-neunzig«, trällerte Niki vor sich hin, als sie am nächsten Morgen dem Sprechzimmer von Doktor Mannheimer entgegenstrebte. Es war sieben Uhr. Abgesehen vom Spaghettirückfall des ersten Abends war sie übermenschlich brav gewesen. Hatte ihren knurrenden Magen ignoriert, auf dem Laufband geschwitzt und gehorsam ihren Darm entleert. Eine Tortur, auf die sie unendlich stolz war.
Die Waage hatte sie nach dem Aufstehen mit einer glatten Sieben hinter der Neun belohnt. Ein Kilo weniger als vor ihrer Abreise! Ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein Riesenschritt für Niki. Aufgeregt klopfte sie an die Tür des Behandlungszimmers und stürmte hinein.
»Nehmen Sie Platz.«
Der zu Recht unbeliebte Doktor Mannheimer sah nicht mal auf, so vertieft war er in einen Stoß Akten. Er trug wieder seinen blütenweißen Arztkittel und eine gestrenge Miene zur Schau. Keine Frage, hier war spaßfreie Zone.
»Wir haben ein Date, oder?«, fragte Niki kokett. Sie konnte es kaum erwarten, ihren kleinen Triumph auszukosten. Von wegen Hoheit über den Körper zurückgewinnen. Aber der verkniffene Medizinmann ließ sich Zeit.Wenigstens hatte sie ihm seinen besten Rotwein weggesüffelt. Recht so. Das hatte er verdient.
Doktor Mannheimer sah auf. »Stimmt, wir haben einen Termin. Aber der wird in einer Minute vorbei sein.« Er fixierte Niki mit seinem stählernen Blick. »Sie haben mir nämlich etwas Entscheidendes verschwiegen!«
Oha. War in der Küche etwa eine Überwachungskamera installiert? Dann hatte Doktor Mannheimer mittlerweile entdeckt, dass Niki Spaghetti mit den Fingern aß und seinen heiligen Château Garage geköpft hatte. Unwillkürlich zog sie den Kopf ein. Was kam jetzt? Fünfzig Kniebeugen und hundert Liegestütze? Öffentliches Auspeitschen? Oder der Rauswurf? Sie schickte ein Stoßgebet gen Himmel. Bitte nicht. Ich will hierbleiben.
Doktor Mannheimer klappte seine Akte zu. »Die Hoteldirektion hat mich soeben angewiesen, Ihren Aufenthalt zu beenden.«
Nikis Hände wurden eiskalt. »Das muss ein Missverständnis sein. Ich fühle mich sehr wohl, und die dumme Sache mit der Küche neulich …«
»Ihr Mann hat uns darüber informiert, dass Sie psychisch labil sind«, schnitt Doktor Mannheimer ihr das Wort ab. »Ein schwerwiegender Verstoß gegen unsere Statuten!«
Wolfgang steckte also dahinter? Niki glaubte nicht recht zu hören.
Während Doktor Mannheimer aufstand, stach er mit seinem ausgestreckten Zeigefinger in die Luft. »Sie haben mir verschwiegen, dass Sie Wahnvorstellungen haben! Dass Sieunter schweren Psychopharmaka stehen und eine Gefahr für sich selbst und unsere Gäste sind!«
Wahnvorstellungen. Psychopharmaka. Gefahr. Die Worte wirbelten in Nikis Hirn herum wie ein angriffslustiger Wespenschwarm. Es dauerte einen Moment, bis sie begriff, was los war. Wolfgang schreckte wirklich vor nichts zurück. Und Doc Mannheimer glaubte die Geschichte auch noch. Er sah so wütend aus, als ob er sie auf der Stelle in eine Zwangsjacke stecken wollte.
»A-aber, a-aber«, stammelte Niki, »ich bin putzmunter und kerngesund!«
Doktor Mannheimer umrundete seinen Schreibtisch und baute sich drohend vor ihr auf. »Wir sind
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