Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)
folgte, war tiefschwarze Nacht.
Als Niki die Augen aufschlug, war sie umringt von Menschen, die sich über sie beugten. Man hatte sie auf eine Gymnastikmatte gelegt. Alle redeten erregt durcheinander.
»Kreislaufzusammenbruch!« – »Sehen Sie doch, sie sieht ganz grün aus!« – »Was hat sie denn bloß gegessen?« – »Man muss Doktor Mannheimer holen!«
Niki wedelte panisch mit den Händen. »Bloß nicht! Ich will auf mein Zimmer!«
Jetzt kam auch Walburga angelaufen, die ihren massigenKörper auf der Rudermaschine gequält hatte. »Ich übernehme das! Und kein Wort zu den Ärzten! Wer quatscht, liegt morgen auf dem Grund des Zürichsees. Mit einbetonierten Füßen.«
Respektvoll wichen die Umstehenden zurück, während Walburga ihre wuchtigen Arme unter Nikis Schultern schob und sie mit schier unglaublicher Kraft auf die Füße stellte.
»Hak dich ein, Hase«, raunte sie. »Ich bring dich von hier weg.«
Mehr taumelnd als gehend setzten sie sich in Bewegung. Auf dem Flur vor dem Fitnessraum zog Walburga ihre zitronengelbe Joggingjacke aus. Darunter trug sie ein ziemlich freizügiges Spitzentop, das mehr zeigte als verbarg. Doch das schien ihr egal zu sein. Sie stülpte Niki das befleckte T-Shirt über den Kopf und hängte ihr die gelbe Joggingjacke um.
»Ich kümmere mich um den Rest«, sagte sie verschwörerisch. »Wenn die sehen, was du ausgespuckt hast, gibt es nämlich tierischen Ärger!«
Niki lehnte sich an die Wand. So was Blödes aber auch, sich das süße Zeug direkt vor dem Training reinzustopfen und auch noch mit Sekt nachzuspülen. Kein Wunder, dass ihr Magen sich von der Zumutung befreien wollte. Wenigstens habe ich auf diese Weise keine Kalorien zu mir genommen, dachte sie mit einem letzten Rest Galgenhumor.
Schon kam Walburga zurück. »Ich hab die Bescherung mit deinem T-Shirt vom Boden aufgewischt. Jetzt los, bevor sie uns schnappen!«
In Nikis Zimmer angekommen, ließ Walburga ihre schwere Last aufs Bett fallen. Dann holte sie ein Handtuch aus dem Badezimmer und rieb Nikis schweißnasses Gesicht ab.
»Tut mir leid«, stöhnte Niki. »Und – danke. Ohne dich wäre das ziemlich in die Hose gegangen.«
»In die Hose? Sei froh, dass es oben rausgekommen ist«, schimpfte Walburga. »Hauptsache, die Ärzte merken nichts. Auf die Doc-Mannheimer-Show kann ich gern verzichten.«
Doch ihre Hoffnung erfüllte sich nicht. Ohne anzuklopfen, stürmte Doktor Mannheimer herein. Sein Gesicht war finster wie eine Gewitterwolke. Er warf einen vernichtenden Blick auf Walburga, dann fixierte er Niki.
»Was ist hier los?«, schnarrte er.
»Mir ist übel geworden«, antwortete Niki mit schwacher Stimme.
»Aha. Und warum?«
Walburga stand vom Bett auf, wo sie neben Niki gesessen hatte. Sie verschränkte die Arme vor ihrem Busen, über dessen Form und Größe das Spitzentop bereitwillig Auskunft gab.
»Schon mal was von Kurkrise gehört, Onkel Doc?«
Doktor Mannheimers Augen traten fast aus den Höhlen, während sich sein Blick an Walburgas weiblicher Pracht festsaugte.
»Ich rede mit Frau Michels«, sagte er, als er sich von dem Anblick erholt hatte. »Sie haben sich übergeben. Wie ich hörte, waren Sie heute außer Haus, mit Frau Maletzke.« Wieder streifte sein Blick Walburgas Busen, bevor er zu Nikizurückkehrte. »Haben Sie etwas gegessen, was nicht Ihrem Ernährungsplan entspricht?«
Jetzt war er da, der Super-Gau. Niki hätte sich am liebsten gleich noch mal übergeben.
»Frau Michels?« Doktor Mannheimer kniff die Augen zusammen. »Sie wissen, Sie stehen unter besonderer Beobachtung. Falls Ihre psychische Labilität einen schlechten Einfluss auf unsere Gäste hat, muss ich Sie bitten, die Klinik zu verlassen!«
Niki erinnerte sich zum Glück an die leere Kekstüte, die immer noch auf dem Nachttisch lag. Aber durfte sie die nette Frau Doktor König verraten? Niemals!
»Ich, ich, es waren n-nur ein paar K-Kekse«, stotterte sie. »D-die habe ich selber gekauft. Buchweizenkekse mit Honig sind erlaubt, so weit ich weiß. Aber ich habe sie ganz allein gegessen. Hier, sehen Sie selbst.«
Sie hielt Doktor Mannheimer die Tüte hin.
Mit spitzen Fingern griff er danach und entzifferte das Etikett. »Buchweizenkekse, tatsächlich. Erlaubt sind die aber nur auf ärztliche Anweisung. Gibt es noch mehr, was Sie mir sagen wollen?«
»Huhuuu, Schockmomente und Gruselspaß mit Doc Mannheimer«, platzte Walburga heraus. »Was soll das Verhör? Wir haben nur zusammen eine Stadtrundfahrt gemacht.
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