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Das blaue Buch - Roman

Das blaue Buch - Roman

Titel: Das blaue Buch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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zeigt, untermalt von der faden Sorte Musik, die sie mit Krematorien verbindet.
    Ich glaube, ich werde ihm wehtun, und ich glaube, das tut mir weh.
    FRAU WILL NICHT SAGEN, WEN SIE MIT »IHM« MEINT, WEIL SIE FÜRCHTET, DANN ZU SCHREIEN UND NICHT MEHR AUFZUHÖREN.
    Ein fröhlicher orangeroter Punkt im Atlantik zeigt ihre Position an, und es ist keine allzu kühne Vermutung, dass Derek sie mit schierer Willenskraft schnell in den Zielhafen zu bringen versucht.
    FRAU WIEDERHOLT INNERLICH STÄNDIG »ICH KANN ES IHM NICHT SAGEN«. KANN NICHT SAGEN, WEN SIE MIT »IHM« MEINT, WEIL SIE ANGST HAT, ES HERAUSZUFINDEN.
    Ich bin kein jolly good fellow.
    Derek möchte zurück zur Normalität.
    Und ich glaube, ich werde ihm noch mal wehtun.
    Derek hofft, sie werden wieder so, wie sie waren, weil er missversteht, was das war. Wüsste er mehr, würde er sie viel weniger wollen.
    Ich weiß nicht mehr, was ich bin: Aber wenn ich etwas besäße, das so kaputt ist, würde ich es wegwerfen.
    Ich sollte weggeworfen werden.
    Derek ist nicht mehr seekrank, er hat bloß Heimweh, scheint aber auch zufrieden. »Ich fühle mich ein bisschen … na ja – gut. Ich habe lange geschlafen.«
    Es ist fast schön, solche Angst zu haben – kalt, krank, als würde etwas sterben. So stark habe ich seit Jahren nicht gefühlt.
    Wie Ekstase.
    »Na, wenn du geschlafen hast, dann hast du es wohl gebraucht« – die Regeln des zivilisierten Umgangs – und sie küsst ihn auf die Wange, nicht auf den Mund – küss nie einen Mann – »Bin froh, dass es dir besser geht« – mit dem Sperma eines anderen – »Sehr froh, mein Lieber« – noch im Mund – »Sehr froh, das zu hören.«
    Sie schiebt sich durch die Kabine, weicht sowohl ihm als auch dem Bett aus, versucht auf dem Sofa zu lungern.
    Nicht noch im Mund, das ist übertrieben. Aber es ist noch zu spüren, das schon.
    Dereks Aufmerksamkeit folgt ihr wie unbeholfenes Tasten, irritiert sie, aber sie reagiert nicht.
    Das Sperma, der Samen, das Ejakulat, der Saft eines anderen. Und das ist noch das Einfachste an der Sache.
    Beth ordnet – der Druck flattert – ihre Glieder, als hätte sie nie – in seinen Eiern – als hätte sie nie vorher Glieder – ihn dahin bringen, wo er nicht mehr anders kann – zu ordnen gehabt – schmeckt nach Zuhause – sie leuchten alle und lenken ab. Er schmeckt nach Zuhause.
    Keine unvernünftige Regel, die Kein-Sperma-Regel.
    Er schmeckt nach Zuhause, er schmeckt nach einem Ort, wo ich leben könnte, und ich habe ihn sich selbst gestohlen, und er wusste es.
    Keine unvernünftige Regel.
    Und Derek muss fragen: »Wo warst du?«, weil auch das nicht unvernünftig ist.
    Und es ist auch nicht so – »Massage« – dass ich mir keine Antwort zurechtgelegt hätte – »Ich habe mir eine verpassen lassen« – gute Antwort, gestattet mir, aus ganz unschuldigem Grund neu geordnet zu wirken – »Verdammt teuer, aber na ja …« – und ich rieche wirklich anders, aber nicht nach Duftwasser oder Aftershave – kein Duft als Arthurs Haut – »Ich war verspannt« – Haut nah an meiner, kaum zu merken – »Bin ich eigentlich immer noch. Komisch« – als hätte er sich so geschaffen, dass er nicht zu entdecken ist, um es mir leichter zu machen.
    »Na, das ist doch nett, Beth.«
    Nett. Ja – das ist genau das Wort, nach dem ich gesucht habe – diese ganze Woche war ohne Zweifel so nett wie nur irgend möglich.
    »Ja. Nett. Hat mir gutgetan.«
    Ich hätte auch sagen können, ich habe Hüte dekoriert, es gab einen Kurs zum Hüte dekorieren: fing mehr oder weniger genau dann an, als ich Arthur die Jeans herunterzog.
    Ein Kurs, der sich nicht um Schwanzlutschen drehte, sondern nur um Hüte. Würde ich wenigstens annehmen.
    Scheiße.
    Er hat mich nicht gehindert.
    Ich wusste, das würde er nicht.
    Und ich weiß, ich kann nicht ich sein, und ich kann nicht hier sein, und ich kann nicht – ich kann nicht.
    Sie wendet sich Derek zu, ohne es zu wollen, und er grinst. »Ich bin gerade erst aufgewacht.« Er ist froh über sie.
    »Ja, Liebster – du siehst ein bisschen …« – darf ich vorschlagen – »… verschlafen aus.«
    »Sie haben mir ein Scopolamin-Pflaster gegeben. Siehst du hier?« Und er zeigt ihr den kleinen Klebestreifen hinterm Ohr. »Das hält drei Tage.« Er ist freudig verlegen, als hätte er es sich wachsen lassen.
    »Drei Tage. Wow. Das ist aber starkes Zeug, Derek.«
    Er wird also den Rest der Reise im Weg sein – eine transdermal verabreichte Störung. Und das

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