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Das blaue Buch - Roman

Das blaue Buch - Roman

Titel: Das blaue Buch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Ruhe sitzen und eine Zeitschrift lesen konnte – jawohl – sie hatten allerdings nur Zeitschriften für die ältere Generation, in denen es darum geht, dass sechzig das neue Vierzig ist und achtzig das neue Siebzehn« – und er wünscht sich jedes Wort wahr – »Und wie man taktvoll mit doppelter Inkontinenz umgeht, und dass man Desinfektionsmittel mit ins Krankenhaus bringen soll, damit einen der generelle Mangel an Hygiene nicht umbringt« – ich schone ihn, jedenfalls so etwas Ähnliches – »Und das hat mich nicht bewogen, einen Rentner zu vögeln. Und ich habe Francis sehr gern, und Bunny habe ich auch sehr gern.«
    »Und wieso hast du mich nicht gern?« Kleine, saubere Worte. »Beth?«
    »Wi– «
    Das hat sie nicht erwartet, und sie hat nicht vermieden, ihn anzuschauen, ihn zu betrachten, so dass sein Schmerz sie nun anspringt und direkt einsinkt.
    »Wieso hast du mich nicht gern.« Leise – als sei er müde, müde, müde und würde es nur gern wissen.
    »Ich … Derek … Ich will dir nicht wehtun …«
    Was nicht gelogen ist.
    »Oh Gott.« Und er knickt ein, und sie legt den Arm um ihn, als wäre ihm wieder übel, und sie führt ihn zu ein paar Stühlen vor einem kleinen Fenster voller Nirgendwo. »Oh Gott. Ich …« Die Wellenkämme sind diesem Deck schon näher, die aufflackernden und abstürzenden weißen Wirbel.
    »Es tut mir leid.« Tut es wirklich. »Es tut mir sehr leid.« Bitte sei wütend und nicht so. »Ich wollte nicht …«
    Derek sitzt da, die Hände schlaff im Schoß, und fängt an zu weinen. »Herrgott.« Versucht gar nicht, sich zu verstecken, die Nase nass, die Tränen tropfen ihm vom Kinn.
    Und er ist fünf und braucht die Hilfe seiner Mama, um sich zurechtzufinden.
    Herrgott.
    Kleine Atemstöße schütteln ihn, dann ein Anhalten, dann wieder eine Welle von Verlusten, die ihn zerreißt, und sie kann ihn nicht mehr berühren, denn das wäre unfair.
    Dabei ist alles hieran unfair.
    »Derek, du bist ein guter Mensch.«
    Beth schaut zu, wie ihn dieses Klischee trifft, ihn weiter hinaustreibt an diesen neuen, unerträglichen Ort, wo er aber dennoch hofft, wenn er zerbricht, wirklich ernsthaft zerbricht und es zeigt, dass er dann gerettet wird, und zwar von ihr. Und das darf sie ihn nicht denken lassen. »Bist du wirklich … gut. Und ich nicht. Ich bin ein schlechter Mensch, und ein schlechter Mensch hat mich gefunden, und du brauchst einen guten Menschen, und es wird dich auch ein guter Mensch finden … und das hier ist Scheiße … so eine Scheiße. Ich mache dich kaputt …« Und er nimmt ihre Hand – mit nassen Fingern, heißen Fingern, Chaos hängt an ihnen – und er klammert sich an sie, als sie ihm sagt: »Das Letzte, was du brauchst, bin ich.«
    Derek taucht auf, schnappt nach Luft: »Aber … doch … Aber … Gibt es jemanden? Gibt es jemand anderen? Ist er es?«
    Unmöglich zu raten, ob es schlimmer wäre, wenn sie ihm sagte, dass sie ihn wegen eines anderen Mannes verlässt oder dass sie mit niemandem zusammen sein wird. Beugen uns alle der Freundlichkeit – »Vor langer Zeit …« – Es war einmal. – »Dieser Typ und ich, wir waren uns sehr ähnlich … ich kann das nicht gut erklären. Aber bitte gib nicht … Es ist nicht Francis. Bitte sprich nicht mit ihm. Oder gar mit Bunny. Keiner von beiden muss unnötig verstört werden.«
    FRAU IN KONTROVERSE FINDET SICH SELBST JÄMMERLICH UND ERSCHRECKEND.
    »Ich weiß, wenn du ganz du selbst wärst, dann würdest du sie nicht verstören wollen.« Seine Lippen kräuseln sich zu einem sauren Lächeln – Abscheu – er lässt ihre Hand fahren, und sie fängt an, ihn alleinzulassen. »Ich weiß, ich weiß, kein Mensch auf der Welt sollte unnötig verstört werden oder wäre gern verstört … es tut mir leid.« – Und jetzt die gute Lüge, immerhin das – »Ich wünschte, es hätte funktionieren können.«
    »Ich wollte … ich hatte vor …« Eine Art Schrecken sitzt ihm im Körper, und er kann sich nicht davon loshandeln, aber dennoch – »Ich habe einen Ring gekauft …« Das sollte ein wirkungsvolles Geständnis werden.
    »Derek, das ist schrecklich, aber – außerdem – bist du wirklich müde und abgespannt und … es kommt dir schlimmer vor … nicht dass es … Derek, es ist niemand gestorben.«
    Seine Konzentration bricht, wallt auf: »Scheiße, ich wünschte, du wärst.«
    Das ist in Ordnung. Gut zu hören.
    »Ja. Du hast recht, und … ich werde dich alleinlassen. Ich gehe weg …« Er hat mein Gepäck, und ich

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