Das blaue Buch - Roman
und falsch damit gelegen, unberührbar.
Zwei Tage sind es jetzt.
Kein Arthur.
Sie hat ihn gehen lassen, und er ist gegangen.
Und ihr bleiben – vorhersehbar, erbärmlich, als wäre sie siebzehn und hilflos und wüsste es nicht besser – ihr bleiben kratzige Abende, nagende Stunden, Laufen und Warten an öffentlichen Orten, zu viel Kaffee, denn das Koffein kann ihr auch nicht mehr schaden: Sie entspannt ohnehin nicht, wird nicht schläfrig, ist über Espressi und deren kleine Beeinträchtigungen hinaus, kann sie aber genauso gut dem allgemeinen, elenden, schlimmeren inneren Dröhnen hinzufügen. Sie mag den Geschmack. Sie möchte etwas, was sie mag, das da ist und einfach ist.
Zwei Tage – keine Spur von ihm.
Zwei Tage – Lächle mich an.
Zwei.
Mann.
Will er mir etwas sagen, oder sagt er überhaupt nichts?
War das jetzt das Ende?
Derek ist bei ihr. »Ist wie ein Scheißgefängnis.«
»Es ist wie das Gegenteil.«
»Wieso trinkst du so viel Kaffee?« Derek riecht nach ihrer Kabine, nach alter Bettwäsche und langweiliger Haut. »Kaffee macht dich immer so komisch.« Derek neben ihr im Kino.
Beth hält sich, das ist wahr, an einem Pappbecher Kaffee fest. »Ich habe noch nie keinen Kaffee getrunken.« Sie hat ihn vor allem deshalb, weil die Wärme ihre Hände beruhigt, weil das Gehen mit einem Becher sie immer entspannt hat – als wäre sie zu Hause auf einer Straße, in einem Bürogebäude, oder in einem Mehrzweckauditorium, das mit dem Schiff wieder und wieder nach vorn sackt. »Ich habe noch nie keinen Kaffee getrunken. Willst du damit sagen, ich war immer komisch?«
»Ja.« Er hätte schon angefangen zu lachen, wenn es ihm gutginge, wenn sie nicht gefangen wären oder wenn sie eine bessere Pflegerin wäre, eine bessere Freundin. Oder beides.
Ich kümmere mich um meinen Kaffee, aber nicht um meinen Freund. Was sagt das über mich?
Was sagt das über ihn?
Beth wollte hier sein, wo die Luft durch Theaterdeckenhöhe verdünnt und weniger belästigend, wo das Wetter weit weg ist, wo es nicht peitscht und stößt und ächzt, und hier ist es dunkel, und ihr Blick wird nicht an halb Erkanntem hängen bleiben und ihr dann wehtun.
Derek fängt wieder an. »Nein, ich glaube nicht, dass du komisch bist. Ich glaube …« Und er klingt gar nicht streitsüchtig, eher ganz klein, als wollte er einen Satz über seine gescheiterten Pläne anfangen, und dass die Woche gar nicht gut läuft, bei ihnen auch nicht, dass vielleicht grundsätzlich irgendwas nicht stimmt mit ihrem Zustand.
Aber damit wollen wir uns nicht beschäftigen – nicht jetzt, wo noch so viele Tage überquert werden müssen. Herrgott … Erst recht nicht, wenn es stimmt.
Sie sollte seine Schulter reiben, sein Knie, ihn trösten, aber sie hat genug davon, mit ihm nicht glücklich zu sein und ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn sie ihn verlässt und ohne ihn ist. Sie hat außerdem die Nase voll davon, ihn zu seiner Sonnenliege zu führen – es ist jetzt praktisch seine, und er wird gereizt, wenn jemand anders sie mit Beschlag belegt. Sie würde gern Schluss machen damit, besorgt neben ihm im Wintergarten zu hocken, Becher mit heißem Wasser zu holen, das Toben hinterm Glas anzuschauen.
»Der Film wird dich ablenken – ist ein Jungsfilm, wo Sachen in die Luft gejagt werden.«
»Sei nicht so scheiß herablassend.« Derek ist in seinen Sitz geklemmt, hat praktisch eine Phobie gegen jede Art von Bewegung entwickelt, ist angespannt angesichts all dessen, dem er nicht aus dem Weg gehen kann. »Das hier ist der Bug – wir sind im Bug – der Bug geht am meisten rauf und runter – wir müssten in der Mitte sein.«
Und tatsächlich, die Beleuchtungsträger, die schon für die Bühnenshows aufgehängt wurden (alle Tanzvorführungen sind derzeit wegen des schlechten Wetters abgesagt, da die Tänzer auf unebener Bühne nicht sicher hüpfen und springen können), und ihre modernen Bühnenscheinwerfer schwingen knarrend hin und her, während die Leinwand sich sanft bauscht wie ein Segel an einem lauen Tag.
»Wenn du dich aufs Bild konzentrierst, bewegt es sich nicht.« Und das sagt sie herablassend, vielleicht sogar mit Absicht.
Ich weiß, dass er krank ist, ich weiß, er hat seit einiger Zeit nichts Anständiges mehr gegessen – und morgen werde ich ihn zum Doktor schleppen – er kann die Spritze kriegen, sie sagen, das könnte helfen – aber Scheiß auf das hier. Ich bin für seinen Zustand nicht verantwortlich.
Er sollte sich beim Kapitän
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