Das blaue Buch - Roman
beschweren.
Was mehrere Passagiere bereits getan haben: Bitten an den Skipper gerichtet mit dem Vorschlag, er solle etwas wegen der Wellen unternehmen, Schritte einleiten, sie dazu bringen, nicht so gegen den Rumpf zu donnern …
Francis wäre froh, wenn er wüsste, dass sein Witz wahr geworden ist – jedes Wort kann Zauberkraft entfalten.
Oder kein Wort – egal, wer du bist, das Wetter kann dich immer fertigmachen. Aber die Reichen – die wollen kriegen, was sie wollen, und sie müssen ihren Senf dazugeben – ihr Wort.
Oder vielleicht sind sie auch nur optimistisch.
Vielleicht haben sie bloß ein sonnigeres Gemüt in Bezug auf die conditio humana. Vielleicht glauben die Reichen einfach, wir könnten alles verändern oder überleben.
»Verpiss dich.« Dereks Stimme ist flach und nasal.
Verdammt noch mal alles überleben.
Bringt einen nicht um, so was anzunehmen.
Bloß manchmal andere Menschen.
»Verpiss dich.«
Vielleicht habe ich etwas an mir, das zu gehen scheint, schon gegangen ist, und vielleicht will er das ändern, sich damit auseinandersetzen – schon im Voraus entscheiden, dass er mich hasst, dann macht es ihm nicht so viel aus, wenn es mit uns vorbei ist.
So würde ich es machen.
So mache ich es.
Beth hat beschlossen, anderswo zu hassen: einen Mann, der in Cafés sitzt, mit dem einen Buch, das er immer bei sich trägt, der es liest und wieder liest, wie eine Meditation, ein wiederholtes Lied – geschmackvoller Umschlag.
Ein Buch von mir.
Früher habe ich ihm Dinge geschenkt.
Und er mir.
Jetzt schenken wir einander Unzufriedenheit.
Könnte schlimmer sein. Wirklich nachzudenken wäre über die Frage, was er anderen Menschen gibt – Arthur – der Mann A, voller Schlüssel zu privaten Schlössern.
Er kommt herein, mit Geschenken, die du nicht wollen solltest.
EINE EHEFRAU IST zu Hause inmitten der Möbel und Dekorationen und all dem wunderschönen Müll eines geteilten Lebens, und sie fragt ständig nach ihrem Ehemann, obwohl ihr vollkommen bewusst ist, dass er tot ist. Und es ist nur menschlich, in einer Haut zu atmen und zu fühlen, die ihn kannte, und zu trauern – mit einem Geist zu denken, der ihn hörte, und zu trauern – immer noch die Bedürfnisse in sich zu tragen, deretwegen sie ihn wieder und wieder berührte, noch ehe sie es überhaupt wollen konnte, denn ihre Liebe war schneller und tiefer als ihr Wille, und zu trauern. Und es ist normal, nachvollziehbar, dass sie nach Absurditäten greift, als er fort ist.
Es ist schließlich auch absurd, dass sie weitergeht und er nicht.
Es ist viel weniger absurd zu fordern, dass er zurückkehrt: auf diese Weise optimistisch zu sein.
Absurd und optimistisch ist nicht dasselbe wie dumm.
Die Frau, die Witwe – sie ist nicht dumm.
Sie ist verletzt.
Und sie ist – auch wenn es unanständig scheint, das zu erwähnen – Millionärin. Immobilien, Aktien, Anlagen, sie ist reich an Geld wie an Vermögenswerten, mehrere Millionen. Die Glückliche.
Und wenn es einmal eine wahrscheinlich unauffällige Seele gab, einen Jungen, der sich eingefaltet und aus sich ein verschlossenes Päckchen, ein unappetitliches Geheimnis gemacht hatte – der in einer selbstgeschaffenen Kiste aufwuchs – dann ist er vielleicht später als Erwachsener Spezialist für Schmerz geworden. Und vielleicht ist er auch ein Kenner, ein Sammler der Verwundeten und Wohlhabenden, vielleicht hat er Interesse an ihren Vermögen gewonnen. Die Glücklichen.
Oder der Glückliche.
Es mag natürlich unzählige Gelegenheiten geben, wenn er beim Ausführen seiner Arbeit ein Honorar nicht mal erwähnt. Vielleicht macht er sie einfach exzellent, effektiv und liebevoll und schätzt die Tage, wo sein Rückgrat sich aufrecht und entwickelt anfühlt, wo er sauber ist und stolz auf die Dienste, für die er steht: seine Wiederherstellung von Leben durch – zugegeben – groteske und aufdringliche Lügen, doch wenn die Lügen Gutes bewirken, wen interessiert es?
In anderen Zusammenhängen allerdings scheint die kompromittierende Wahrheit auf: dass er seinen Lebensunterhalt verdienen, seine Rechnungen bezahlen muss. Was die Frage aufwirft: warum nicht einige wenige herauspicken, einige wenige absurd Reiche, und sie für das ganze hilfreiche Glück der anderen bezahlen lassen?
Es gibt zwar viele Gründe, warum nicht – gute, vernünftige Gründe – aber vielleicht sind sie weniger überzeugend als die mit Armut und Machtlosigkeit einhergehenden Unannehmlichkeiten: Die würde er
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