Das blaue Feuer - Roman
»Das ist keiner deiner besseren Pläne.«
»Das ist alles, was ich im Moment habe.«
»Na gut. Sag mir Bescheid, wenn dir etwas anderes einfällt.«
»Wir kommen hier raus«, versprach ich. Sie lächelte, aber ich war sicher, dass sie mir nicht glaubte.
Die Verwünschungen und die geworfenen Gegenstände hörten auf, sobald wir in die verkommene Gegend kamen, in der wir gewohnt hatten. Die Menschen schauten zu, wie wir vorbeifuhren, aber ihre Mienen waren hart und kalt. Das galt jedoch Vyands Männern, nicht uns. Ich sah die Hoffnungslosigkeit, die Niederlage. Das hatte uns der Herzog angetan. Er hatte uns in Menschen verwandelt, die zulassen, dass ihre Kinder zur Schaustellung quer durch die Stadt geschleift und zu demselben Mann gebracht werden, der uns besiegt hatte.
»Befreit die Schmerzlöser!«
Danello? Ringsum ertönte Geschrei. Männer mit Prügeln und Netzen stürmten aus der Menge heraus. Sie überfielen den Führer der Wachmannschaft und hatten ihn in einem Netz gefangen, ehe er sich nur halbwegs herumdrehen konnte. Über ein halbes Dutzend rannte zu den Pferden. Aylin, Jovan, Bahari, Enzie, sogar Winvik!
Schrilles Wiehern ertönte. Die Pferde bäumten sich auf und schlugen mit den Vorderhufen zu, als Fischer versuchten, Decken über sie zu werfen. Der Fahrer lag bewusstlos auf der Erde. Ich erhaschte einen flüchtigen Blick auf Barnikoff, wie er einen Prügel gegen einen Soldaten schwang.
»Siehst du? Wir brauchen gar keinen Plan. Wir werden gerettet!«
Wieder wieherten die Pferde, und eines schlug mit den Hinterbeinen aus. Der Karren erbebte, als die Hufe gegen seine Vorderseite prallten. Das Pferd schlug immer weiter aus und versuchte, den Mann abzuschütteln, der an seinem Zaumzeug hing. Der Karren schaukelte wie ein Boot in schwerer See.
»Schiebt noch kräftiger!«, brüllte Danello in dem Lärm.
Ich kreischte, als der Karren umkippte und die Pferde mit zu Boden riss. Tali fiel über mich. Ihr Knie traf schmerzhaft meinen Kopf. Die Tür ging quietschend auf, und ein Mann holte Tali heraus. Ein anderer packte meinen Arm und stellte mich auf die Beine. Er drängte mich vom Karren fort.
»Nein, meine Freunde, ... da entlang.« Ich zerrte, um zurückzukehren, aber der Mann blieb nicht stehen. Vyands Männer waren von dem Überfall überrascht, doch blieben sie nicht lange untätig. Es tauchten weitere Schergen auf und kreisten die anderen mit Schwertern und Pynviumstäben ein. Danello wich zurück, als ein Schild für Tali und Aylin.
»Wartet, bitte!«
Der Mann schleppte mich die Straße hinunter.
Fort von Danello und Tali.
Fort von allen.
Heilige und Sünder! Das war keine Befreiung, das war eine Entführung!
»Lass mich los!« Ich konnte mich aus dem Griff des Mannes nicht lösen. Ich schlug auf seine Hand, aber das war, als schlüge ich gegen einen Felsbrocken. Ich beugte mich hinüber und biss ihn in die Schulter.
Er rang nach Luft und ließ mich frei.
»Das ist keine gute Idee«, sagte ein anderer Mann, der plötzlich hinter mir war, ehe ich einen Schritt machen konnte. Er ergriff meine Arme und trug mich fast die Straße hinunter. Es war keine Seele zu sehen.
Sie schleppten mich in eine heruntergekommene Herberge, einen halben Block weiter. Der erste Mann öffnete eine Tür im Parterre und stieß mich hinein.
»Wir haben sie«, rief er und schloss die Tür hinter uns.
»Gut.«
Ich wirbelte herum. Ein Junge, etwa zwanzig, stand da und grinste wie eine Katze.
»Was ist eigentlich los?«, fragte ich, obwohl mir mein Bauchgefühl den Grund verriet, weshalb mich jemand vor der Greiferin retten und von meinen Freunden trennen wollte.
»Wir verdienen fünftausend Oppa auf die Schnelle.« Er grinste und stieß dem Mann neben ihm den Ellbogen in die Seite. »Siehst du, Onkel? Ich habe dir doch gesagt, es würde funktionieren.«
Fünftes Kapitel
S ie wollten das Kopfgeld. Sie wollten es so sehr, dass sie mich aus den Händen einer Greiferin entführten. Eigentlich ein guter Plan. Totaler Wahnsinn, aber gut.
»Was ist mit dem Mädchen, das mit mir in dem Karren war?«, fragte ich, als sie mir die Hände banden.
»Keine Ahnung. Ist mir auch egal«, sagte der Onkel und rieb sich die Schulter. »Vielleicht ist sie inzwischen frei. Die Männer auf den Docks waren ziemlich unglücklich, weil man zwei Löser festgenommen hatte.«
Der Junge nickte. »Besonders der eine Typ, richtig, Fjeso? Du hättest hören sollen, wie er pausenlos erklärt hat, dass du eine Heldin bist. Er hat
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