Das blaue Haus (German Edition)
Junction City zu sein.
Ragee signalisierte mit seiner Armbanduhr die Zeitnot und schlang das Frühstück mehr recht als schlecht mit Dane hinunter. Er spürte, dass es sein letzter Geburtstag sein würde.
Februar 1997. Golden/Denver. Lansing Street. Bei Sarah.
Julie hatte große Not, den Geburtstag von Ragee rechtzeitig vorzubereiten, denn sie war erst spät in der letzten Nacht aus Denver zurückgekommen.
Sarah hatte ihren Brief erhalten und fühlte sich von dieser Julie sehr angesprochen. Am nächsten Tag stand dann plötzlich diese Frau vor ihrer Tür. Aus der Überraschung wurde schnell ein Schreck. Es war, als hätte sie in einen Spiegel gesehen, als Julie vor ihr stand. Doch diese Julie war eindeutig jünger als sie. Sarah musste an den Brief denken, in dem Julie die Bemerkung uns verbindet vieles , das können Sie mir glauben niedergeschrieben hatte. Jetzt begann sie, es richtig zu verstehen. Die Begegnung erschien ihr sehr merkwürdig und beängstigend. Julie brachte eine seltsame Stimmung. Eine Journalistin!, kam es Sarah plötzlich in den Sinn, und ihre Miene wurde verspannt und ernst. „Sie sind eine Reporterin!“, fuhr sie Julie streng an.
„Um Gottes willen! Wie kommen Sie denn darauf?“ Sie zog ihren Personal und Schwesternausweis aus ihrer Tasche und zeigte beides Sarah. „Ich arbeite in einem Krankenhaus und bin Krankenschwester. Das habe ich doch geschrieben.“
Hatte sie das? Sarah prüfte eingehend die Ausweise. Sie waren in Ordnung. Nichts deutete auf eine Fälschung hin. „Es ist nur“, bemerkte Sarah, als sie Julie die Ausweise zurückreichte, „in letzter Zeit hat nichts mehr von mir in der Zeitung gestanden. Die Reporter lecken sich die Finger nach neuen Geschichten. Dann kommen sie schon mal auf gemeine Tricks.“
Sie wies Julie den Weg in ihr Wohnzimmer. „Entschuldigen Sie mein barsches Auftreten. Ich bin Sarah.“
Julie lächelte triumphierend und reichte ihr die Hand. Das war also die Frau, die Dane immer noch liebte.
„Ich bin Julie. Danke. Danke, dass ich dich besuchen darf. Es wird uns beiden gut tun. Du wirst sehen.“
Sarah mochte die plötzliche Aufdringlichkeit nicht. Vielleicht doch eine Reporterin.
„Ich sehe gar keinen Bauch“, bemerkte Sarah und dachte an den Brief, in dem Julie von einer Schwangerschaft geschrieben hatte.
„Ich bin noch am Anfang – sechste Woche“, konterte sie geschickt. „Die Bescheinigung für meine Schwangerschaft bekomme ich nächste Woche.“
„Das ist wirklich noch sehr früh. Wie konntest du es vor zwei Wochen schon wissen, als du mir zum ersten Mal geschrieben hast? Das ist doch unmöglich.“
„Ich habe es schon gemerkt, als es passiert ist. Und meine Regel ist auch sofort ausgeblieben. Die Brust spannt.“
Sarah nickte. „Das war bei mir alles anders. Ich habe gar nichts gemerkt. Merkwürdig, was?“
Julie schaute traurig drein. Sie wusste, wie mitleidig ihr Blick sein konnte.
„Und meine Regel ist immer noch da. Sie ist nie ausgeblieben. Es war alles wie tot am Anfang.“
„Vielleicht wegen des Vaters.“
„Vielleicht. Ich wollte das Kind auch nicht. Es ist trotz Sterilisation passiert.“
„Ich weiß.“
Sarah sah auf. „Woher?“
Julie schluckte. Mist. Es hatte in Ragees Unterlagen gestanden. Oder war es ein alter Artikel gewesen?
„Hat es nicht in der Zeitung gestanden?“, fragte sie verlegen.
Sarah zuckte die Schultern. Sie wusste es auch nicht mehr.
„Ist dein Freund verurteilt?“, fragte sie Julie.
„Er macht eine Therapie bei einem Psychiater. Es sieht gut aus. Der Richter hat ihm dies anstatt eines normalen Vollzugs auferlegt.“
„Ist er untergebracht? Ich meine ... in einer Klinik?“
„Ja, sicher. Privat.“
„Weiß er von dem Kind?“
„Ich habe es ihm gesagt, aber er will es nicht. Es wird schon werden, denke ich.“
„Dane hätte gerne ein Kind gehabt. Ist das nicht Ironie? Er wäre für ein Kind gestorben.“
„In gewisser Weise ist er’s ja.“ Julie kicherte unpassend. Sarah war zu taub, um den makaberen Scherz zu verstehen. Sie war gedanklich wieder bei Dane. Sie dachte an sein Lächeln, an seine Augen, wie sie bei dem Anblick eines kleinen Sohnes glänzen würden. Dann erzählte sie von ihm, und Julie schwieg. Sie hörte nur zu. Deshalb war sie ja gekommen.
Sarah wurde viel zu vertrauensselig, um Julies falsches Spiel zu durchschauen. Sie erzählte unbedacht von ihrer Ehe mit Dane, und Julie log von ihrer Partnerschaft mit Alan.
Julies Verschwisterungsversuche fruchteten. Sie hatte sehr
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