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Das blaue Haus (German Edition)

Das blaue Haus (German Edition)

Titel: Das blaue Haus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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lächeln und warm ums Herz werden. Er zeichnete in Gedanken weiter, etwas, das er wirklich gut konnte – zeichnen. Bis er das Bildnis einer Farm und einer Familie vor seinen Augen hatte. Keine Lüge trübte die Atmosphäre. Alles leuchtete in hellen Farben.
Bumm!, machte es draußen auf dem Flur. Die Bilder erloschen mit dem Türknall. Er schrie ihnen nach – stumm und wild, aber alles, was er hörte, war das Dröhnen der Klimaanlage. Er schaute auf die Rolex, die keine Rolex für ihn war. Es war eine Uhr, unscheinbar und wertlos. Sie lag auf der Nachtkonsole. Er schaltete die Klimaanlage aus und klopfte sorgfältig seine Kleidung ab. Ekel überkam ihn erneut, als er sie überzog. Er zählte sein Geld. Achtundvierzig Dollar waren ihm geblieben. Genug für ein Frühstück. Er schaute nochmals auf die Uhr. Zwischen der Uhrzeit von 20:45 Uhr glänzte der goldene Schriftzug ROLEX. Es sah es nicht und dachte nur, dass es wohl zu spät für ein Frühstück war. Dann eben ein Abendessen.
Dane Gelton trottete hinunter in die schäbige Eingangshalle, als ihn ein alter ungepflegter Mann „Hey, Sie da“, anrief. „Ab heute müssen‘se neu zahlen. Die fünf Nächte sin‘ vorbei.“
Dane taxierte den Alten lange mit einem scharfen Blick, bis dieser sagte: „Schon gut, geht auch nachher.“
Dane nickte selbstgefällig und verließ das Sunny Inn, mit Hunger und Sehnsucht.
Der Alte aber rannte in das Hinterzimmer zu seinem Freund, der stark alkoholisiert war und krampfhaft versuchte, ein Pokerspiel durchzustehen, das er natürlich verlor.
„Wilbur“, hechelte der Alte, „da draußen hat einer bei mir geschlafen, in achtundzwanzig, der sieht genauso aus wie dieser ... dieser ... Gelton. Der Mörder, weiß’te? War mir richtig unheimlich. Ist doch tot, oder? Vorige Woche issa gestorbn.“
    Dezember 1996. Kansas City. Richmond Avenue. Bei Sarah.
    „Wer war das eben?“, fragte Sarah, während sie die letzte Kiste mit Gläsern packte.
Sie konnte kaum glauben, dass ganze fünfundzwanzig Kisten vollgepackt waren, dass sie tatsächlich wieder so viele Dinge besaß, die in ganze fünfundzwanzig Kisten passten, ganz abgesehen von dem Mobiliar.
„Niemand. War keiner dran“, antwortete Johnathan gleichgültig und half Jim, die Türen eines Schrankes abzuschrauben. Nur noch dieser Schrank, und der Umzug konnte losgehen.
Jim Clark und Johnathan Gepart, Danes einstigen Freunde, waren für den Umzug noch einmal aus Kalifornien nach Kansas gekommen. Schon bei der Beerdigung hatte Sarah ihnen mitgeteilt, dass sie nächste Woche umziehen wollte. Sie sah keine Veranlassung mehr, in Kansas zu bleiben und wollte so schnell wie möglich zurück zu ihrer Familie nach Denver.
Sie hatte die Beerdigung besser überstanden, als alle erwartet hatten. Vielleicht auch deswegen, weil ihr die Tränen ausgegangen waren. Selbst, als sie Dane sterben gesehen hatte. Er hatte danach so erleichtert und erlöst wie lange nicht mehr ausgesehen. Fast mehr lebendig als tot.
Abends nach der Beerdigung hatten alle in Sarahs Apartment bei Kaffee und Schnittchen zusammengesessen und in die Luft gestarrt. Man suchte nach Themen, die alles andere als Dane Gelton wiedergeben sollten. Doch es war so verlogen gewesen. Dabei hätte es nicht nur Sarah gut getan, über ihn zu reden, Entsetzen und Traurigkeit auszusprechen. Aber es war ihre Familie, die es nicht zugelassen hatte. Warum mussten sie immer alles so vertuschen? Vor allem Sarahs Mutter, sie wusste immer alles besser. Dabei konnte sich Sarah erinnern, wie stolz ihre Mutter einmal auf ihren neuen Schwiegersohn gewesen war und es überall herumerzählt hatte – von seinem Besitztum und seinem guten Aussehen erzählt. „Der richtige Mann für Sarah“, hatte es geheißen, wobei ihre Mutter die Betonung mehr auf Mann als auf der richtige legte. Dieser Mann besaß eine große Farm und hatte ein gesichertes Einkommen. Das war es doch, was zählte, nicht Sarahs Seelenwohl. Es spielte auch eine gewisse Eifersucht mit, wenn Sarah an das Verhältnis von ihren Eltern dachte. Ihr Vater, der so gut wie nie redete, kaum selbstbewusst und handwerklich gänzlich unbegabt war. Wenn er mal etwas zu sagen hatte, dann das, was seine Frau ihm zu sagen befahl.
Da war Dane ganz anders. Er war es, der Elisabeth Newshorn die ersten Widerworte gegeben und sie mit Ignoranz zu straften verstanden hatte. Das wirkte enorm, färbte aber nicht auf Sarahs Vater ab, dem es so gut getan hätte.
Dane hatte damals einen großen Eindruck in der

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