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Das blaue Haus (German Edition)

Das blaue Haus (German Edition)

Titel: Das blaue Haus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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wirbelte ihr Haar herum. „Wer kennt ihn und mich nicht? Ich bin bei Ragee und Shirley groß geworden. Sie haben mich zur Krankenschwester gemacht, und das bin ich geblieben.“
Dane verstand, und er fühlte sich plötzlich unwohl zwischen den beiden. Seine Blase drängte. Gleich würde der Urin in diesen verdammten Beutel laufen, und Julie würde es merken.
„Ich schick‘ Ihnen Ralf vorbei, unseren Pfleger. Der erledigt das andere. Und Kopf hoch beim Aufstehen“, sagte Julie, als sie Danes unsicheren Blick wahrnahm, der sich in Dankbarkeit wandelte.
Dane begann den alten Ragee irgendwie zu mögen, wusste aber nicht warum. Dieser alte Mann fragte zuviel. Ragee war klug, nicht senil, wie es viele in seinem Alter waren. Seine Fragen hatten eine gewisse Methode.
Der Vormittag verlief so unterhaltsam wie lange nicht mehr für Raimund Geers. Gegen Mittag sah er, wie erschöpft Dane von all seinen Fragen war, auf die er nicht antworten wollte, es aber hin und wieder doch tat. Sie kamen sich näher, als Dane es eigentlich wollte.
Dane fragte Julie nach seiner Kleidung und beichtete dem alten Mann gleichzeitig, wie unglücklich er mit der misslungenen Auswahl war. Ihm war nichts anderes nach dem Überfall übrig geblieben, als dieses wegen der Kälte zu tragen. Ragee nickte.
Julies Dienst war zu Ende, aber wie immer kam sie Ragee danach privat besuchen und brachte diesmal für Dane ein Paket mit. Für Ragee brachte sie Mandelplätzchen und Marzipanherzen mit. Die mochte er so sehr, wie die Besuche seiner Pflegetochter. Was wäre sein Leben jetzt noch ohne Julie?
Dane war überrascht und gleichzeitig dazu entschlossen, das Geschenk abzulehnen. In ihm wuchs Misstrauen. Ragee drängte, es erst einmal auszupacken und nicht voreilig zu urteilen. Da waren sie wieder – Ragees klugen Worte.
„Warum ein Geschenk für mich? Sie kennen mich doch gar nicht.“ Dane sah Julie fragend an.
Ragee zeigte lächelnd mit dem Finger auf das Paket. „Mach’s auf.“
„Ich will es nicht.“
„Du bist dumm“, sagte Ragee grinsend.
„Ich will es nicht“, wiederholte Dane erbost, verärgert, dass der alte Mann ihn unablässig duzte.
„Du willst doch zurück zu deiner Frau. Was wird sie sagen, wenn du in diesen schäbigen Klamotten ankommst.“
Kleidung war also da drin.
„Vermutlich gar nichts“, trotzte Dane.
„Gar nichts?“
„Ja.“
Ragee schaute Dane an und sagte: „Das glaube ich auch. Es war nur ein netter Gedanke. Julie nimmt das Paket gleich wieder mit.“
Er setzte sich mit seiner Pflegetochter an das Fenster und berichtete ihr ein zweites Mal von seinem Sturz von der Leiter. Keiner der Beiden redete mehr mit Dane. Sie waren sich schnell einig, wenn sie etwas erreichen wollten. Wie sie auch gerne gemeinsam Überraschungen für andere ausheckten.
Julie ging und vergaß das Paket. Ragee hatte es ihr so befohlen.
Dr. Bauer schaute herein und stellte erfreut fest, dass es Dane schon viel besser ging. Auch Ragees Kreislauf stabilisierte sich. Er war mit beiden Patienten zufrieden.
„Können Sie sich jetzt wieder an Ihre Adresse erinnern, dass wir Ihrer Frau Bescheid sagen können?“, fragte der Arzt, während er Dane mit dem Stethoskop abhörte.
Du darfst nicht mehr lügen, mahnte Danes Gewissen, aber auch nicht die Wahrheit sagen, mahnte sein Verstand. „Ja, Sir. Aber ich möchte ihr gerne selber Bescheid sagen, wenn ich Ihr Telefon benutzen dürfte. Sie wissen ja, ich habe kein Geld.“
„Das ist kein Problem, Mr. Gampell, aber da ist eine andere Sache, nämlich die Ihrer Versicherung. Wir brauchen Ihre Versicherungskarte oder eine Sicherheit, dass die Kosten für Ihren Aufenthalt abgesichert sind.“
Da hörte seine Wahrheit schon wieder auf. Ohne Lüge würde er hier niemals herauskommen. „Ja, ich werde Ihnen morgen alles mitteilen. Ich denke, bis dahin wird alles geregelt sein.“
Der Arzt nickte und verließ das Zimmer. Damit kehrte wieder Ruhe ein.
Dane sah auf das Paket, das noch immer am Fußende seines Bettes lag. Er wusste, dass Julie es absichtlich vergessen hatte. Er wusste auch, dass Ragee ihn irgendwie durchschaut hatte, wie auch immer.
„Gut gelogen, Dane“, sagte der alte Mann plötzlich.
Dane zuckte zusammen. „Ich heiße nicht Dane, ich heiße Alan.“
„Schlecht gelogen, Alan.“
Was war das? Eine Frage, die herausbekommen sollte, wer er wirklich war? Oder war es die Wahrheit, die Ragee längst kannte?
Dane fühlte ein starkes Unbehagen in sich hochkriechen. Was wollte der alte Mann von ihm?

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