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Das blaue Mädchen

Titel: Das blaue Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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sollte Mara wissen, ob sie nicht vom Regen in die Traufe geraten würde?
    Rasch ging sie in den Speisesaal zurück, weg von Gerald und seinen wachsamen Augen. Dort rückte sie ein paar Stühle zurecht, bevor sie sich wieder traute, Geschirr anzufassen.
    Es hatte Bratkartoffeln, Eier und Salat gegeben und der Gestank des heißen Fetts lag immer noch in der Luft. Die Teller waren klebrig.
    Mara hätte sich gern die Hände gewaschen. Und das Gesicht. Am liebsten hätte sie sich unter die Dusche gestellt und sich die Haut abgeschrubbt. Sie fühlte sich so schmutzig. Als wäre ihr ganzer Körper von etwas Unsichtbarem besudelt.
    Fühlte man sich so, wenn man eine Verräterin war?
    Sie würde die Kinder des Mondes verraten.
    Und Jana im Stich lassen.
    Sie würde Hals über Kopf in ein Leben springen, von dem sie nichts wusste.
    In der Küche rutschte ihr das Geschirr aus den Händen und zersprang klirrend auf den Bodenfliesen.
    Mara versteckte die zitternden Hände hinterm Rücken.
    »Was ist los mit dir?«, fragte Gerald.
    »Was soll mit ihr los sein?« Jana fing an, die Scherben aufzusammeln. »Sie ist gestolpert. Geh dich umziehen, Mara. Du bist ganz voll gespritzt.«
    Ausziehen, dachte Mara, während sie langsam die Küche verließ. Duschen. Abtrocknen. Anziehen. Eins nach dem anderen.
    Wenn sie aufpasste, würde sie keinen Fehler machen.

13
    »Marlon! Wie schön, dich zu sehen.«
    Marsilios Mutter breitete die Arme aus und Marlon beugte sich zu ihr hinunter. Sie war klein und rundlich und ihr kräftiges schwarzes Haar zeigte erste Spuren von Grau.
    »Lass dich anschauen!«
    Sie trat einen Schritt zurück und sah ihm forschend ins Gesicht. »Du bist dünner geworden. Isst du auch genug?«
    Große Probleme löste sie mit ihrer nie versagenden praktischen Phantasie, kleinere mit ihrem vorzüglichen Essen. Marlon kannte sie schon ewig und durfte sie beim Vornamen nennen, was sie nicht jedem erlaubte.
    »Mach dir keine Sorgen, Giulietta, mir geht's gut.«
    »Mach dir keine Sorgen!« Sie warf die Arme hoch. »Das sagt ihr immer, ihr schrecklichen Jungen.«
    Seit die beiden älteren Söhne aus dem Haus waren, überschüttete Giulietta ihren Jüngsten mit ihrer geballten Liebe. Und Marlon gleich mit.
    »Che c'è, Mama?« Marsilio kam die Treppe herauf. »Wieso hältst du Marlon hier auf?«
    »Sprich deutsch mit mir, Marsilio! Italienisch nur, wenn wir allein sind. Wie oft muss ich dir das sagen?«
    Sie nahm Marlon die Jacke ab, hängte sie an die Garderobe und wandte sich wieder ihrem Sohn zu.
    »Ich musste ihn doch erst mal richtig begrüßen. Was hast du nur für ein Benehmen, eh?«
    »Schon gut, Mama. Mach keinen Stress.«
    »Stress! Porca Miseria!« Grummelnd verschwand Giulietta in der Küche.
    »Du hast lange auf dich warten lassen.« Marsilio legte Marlon den Arm um die Schultern. »Wir dachten schon, du kommst nicht mehr.«
    »Ich bin aufgehalten worden«, sagte Marlon. »Entschuldige.«
    Aus der Kellerbar drang laute Musik herauf, in die sich Gelächter mischte.
    Einmal im Monat trafen sich die Leute vom Fotokurs abwechselnd bei den einzelnen Teilnehmern. Angeblich, um zu arbeiten. Aber sie hatten noch nie mehr als fünf Sätze über das Fotografieren verloren.
    Marlon gab Marsilio die Flasche Sambuca, die er mitgebracht hatte, und folgte ihm die Treppe hinunter.
    Zuckendes, buntes Licht empfing sie. Und das Gegröle aller Anwesenden, als sie die Flasche in Marsilios Hand sahen. Der erste Bierkasten war schon halb geleert.
    Marlon nahm sich eine Cola und setzte sich auf einen der Hocker. Und gleich trieben seine Gedanken davon.
    Am Nachmittag war er zum zweiten Mal vergeblich auf der Lichtung gewesen. Er hatte noch Janas Stimme im Ohr: »Morgen? Um dieselbe Zeit?« Bis neun hatte er gewartet, dann war er wieder nach Hause gegangen.
    Seine Schwestern hatten ihn beim Melken vertreten, dafür hatte er ihnen eine Techno-CD überlassen, auf die sie schon lange scharf gewesen waren. Aber als er nach Hause kam, empfing Marlene ihn mit mürrischem Gesicht.
    Eine Kuh hatte gekalbt, früher als erwartet, und weil Marlon nicht da gewesen war, hatten die Zwillinge wieder für ihn einspringen müssen.
    »Ich hab gebadet, mir pfundweise Gel ins Haar geschmiert und mich mit Parfüm eingenebelt«, jammerte Marlene, »aber ich rieche immer noch nach Stall.«
    Greta duschte gerade. Man hörte es am Scheppern des alten Boilers.
    »Und das Abendessen dürfen wir auch noch machen, weil Mama bei Eschens ist, zum Kranzflechten für

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