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Das blaue Mädchen

Titel: Das blaue Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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zurechtfinden? Sie kennen doch keine Menschenseele außerhalb unserer Gemeinschaft.«
    Außer dem Pfarrer, fuhr es Jana durch den Kopf. Sie starrte Gertrud an.
    »Was ist?« Gertrud starrte erschrocken zurück.
    »Hat Mara dir jemals von ihren Besuchen in der Kirche erzählt, Gertrud?«
    »Von ihren...«
    »Und dass sie den Pfarrer kennt?«
    »Den... nein, das hat sie nicht.«
    »Sie kennt ihn seit Jahren.«
    »Du meinst...«
    »Könnte es nicht sein, dass er ihnen geholfen hat?«
    Jana sprang auf. Sie war plötzlich wieder hellwach. Und hungrig.
    »Hast du noch ein paar von diesen sündhaft leckeren Mandelbroten?«, fragte sie. »Ich sterbe vor Hunger.«
    Gertrud lächelte. »Nur wenn du mir erlaubst, dazu einen sündhaft guten Tee zu servieren.«
    »Überredet. Und dieses Gespräch vergessen wir ganz schnell, ja?«
    »Gespräch?« Gertrud gab Janas Blick mit großen, unschuldigen Augen zurück. »Welches Gespräch?« Sie lachte leise. »Wir machen doch bloßÜberstunden.«

Bestimmt hast du auf mich gewartet, Marlon, und verstehst nicht, warum ich nicht gekommen bin. Sie lassen mich nicht aus den Augen.
    Wenn ich dir doch nur ein Zeichen geben könnte!
    Aber vielleicht spürst du, dass ich an dich denke?
    An dich denke.
    An dich denke.
    Immerzu.
    Marlon half Marsilio noch beim Aufräumen. Die anderen waren lärmend aufgebrochen und Giulietta und ihr großer, hagerer Mann, der immer ein wenig traurig wirkte, waren schlafen gegangen. Eine tiefe Ruhe hatte sich über die Stadt gesenkt.
    »Manchmal geht mir diese Sauferei tierisch auf die Nerven.« Marsilio verzog angewidert den Mund. »Als hätten wir Schiss davor, nüchtern zu sein. Du natürlich ausgenommen.«
    »Verpass mir bloß keinen Heiligenschein«, sagte Marlon. »Wenn ich das Zeug vertragen könnte, hätte ich mich heute zugedröhnt.«
    »Dacht ich's mir doch, dass irgendwas mit dir nicht stimmt. Du warst den ganzen Abend so komisch. Was ist los?«
    Marlon zögerte. Marsilio war sein bester Freund. Wenn er einem vertrauen konnte, dann ihm.
    »Da gibt es ein Mädchen...«
    »Ein Mädchen?«
    »Hörst du schlecht?«
    »Also, da gibt es ein Mädchen. Weiter.«
    »Nichts weiter.« Es ging einfach nicht. »Vergiss es.«
    Marsilio schwieg. Das brachte Marlon dazu, es noch einmal zu versuchen.
    »Sie ist etwas ganz Besonderes. Und ich bin verrückt vor Angst um sie.«
    »Angst? Wieso?«
    »Weil sie... ein Kind des Mondes ist.«
    Wenn Marsilio jetzt falsch reagierte, würde er ihm eine reinhauen und verschwinden. Sie hatten oft Witze über die Sekte gerissen, früher, als ihre Mitglieder für Marlon noch gesichts- und namenlos waren, bis auf La Lune, die wie ein altes Schneewittchen in den ersten Talkshows auftauchte und jeden Angriff mit ihrem Haifischlächeln parierte.
    Marsilio reagierte nicht falsch. »Ein Kind des Mondes
.
« Er machte noch eine Flasche Bier auf. »Da hast du wirklich ein Problem, alter Junge. Oh, Mann.« Er schnalzte mit der Zunge. »Und was für ein Problem!«
    »Wir waren verabredet«, sagte Marlon, »aber sie ist nicht gekommen.«
    »Wie lange kennst...?« Marsilio wischte die angefangene Frage mit einer Handbewegung weg. »Ist ja auch egal. Verdammt, das Mädchen hat Mumm!«
    »Vielleicht hat uns beim letzten Mal jemand beobachtet«, sagte Marlon. »Und du weißt doch, dass sie dieses Strafhaus haben...« Wieder wurde ihm eiskalt.
    »Denk nicht gleich an das Schlimmste, Marlon. Kann doch sein, dass ihr einfach was dazwischengekommen ist.«
    »An zwei Tagen hintereinander?«
    Ratlos starrte Marsilio sein Bier an.
    »Und ich kann sie nicht erreichen. Ich kann nur zu unserem Treffpunkt gehen und auf sie warten.«
    »Verfahrene Kiste! Kann ich irgendwas für dich tun?«
    »Du kannst für uns beten«, sagte Marlon bitter.
    »Guter Witz.« Marsilio rülpste. »Damit hab ich schon vor Ewigkeiten aufgehört.«

    Jana konnte nicht einschlafen. Das Mondlicht war so hell, dass es selbst durch den Vorhang ins Zimmer drang und ihr deutlich zeigte, was sie gern für eine Weile vergessen hätte – dass Maras Bett leer war.
    Sie fragte sich, wo Mara und Timon in diesem Augenblick wohl sein mochten. Wenn der Pfarrer ihnen wirklich geholfen hatte, und an diese Hoffnung klammerte sie sich, dann hatte er ihnen bestimmt auch eine Unterkunft besorgt und sie irrten nicht irgendwo allein durch die Nacht.
    Wahrscheinlicher aber war, dass sie sich tagsüber versteckt hielten und nachts versuchten weiterzukommen. Vielleicht gab es sogar mehrere Helfer, die sich

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