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Das blaue Zimmer

Das blaue Zimmer

Titel: Das blaue Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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Das Telefon hat den ganzen Morgen ununter bro-chen geklingelt.“
    „Tut mir leid.“
    „Ach was. Aber ich bin verrückt vor Neugierde, warum du so beliebt bist.“
    „Der erste Anruf war Helen, um zu sagen, daß die Kinder noch leben. Dann war es der Tierarzt, um Bescheid zu sagen, daß es Zeit für Rufus’ nächste Impfung ist. Und dann hat Eliza beth Thomson gefragt, ob wir nächsten Dienstag mit ihnen essen gehen. Hast du Miss Bell gesagt, daß ich sie zurück rufe?“
    „Nein, ich hab ihr gesagt, sie soll dranbleiben. Sie wartet.“
    „O James.“ Louisa trocknete sich die Hände an ihrer Schürze ab. „Warum hast du das nicht gleich gesagt?“ Sie ging ins Haus. James versuchte, ein, zwei Socken aufzuhängen, aber das war eine knifflige Angelegenheit. Er ließ es bleiben und begab sich wieder an seinen provisorischen Schreibtisch.
    Er schrieb eine neue Überschrift und unterstrich sie akkurat mit roter Tinte. Es war fast halb elf, und er fragte sich, ob Louisa wohl daran denken würde, ihm eine Tasse Kaffee zu bringen.
     
     
    Gegen Mittag ließ sich das Bedürfnis nach einer Stärkung nicht mehr unterdrücken. Er legte seinen Stift hin, setzte seine Brille ab und lehnte sich zurück. Alles war still. Er stand auf, ging in die Diele, blieb mit gespitzten Ohren am Fuße der Treppe stehen wie ein Hund, der darauf wartet, daß man mit ihm spazie rengeht. „Louisa!“
    „Hier bin ich.“
    „Wo ist hier?“
    „Im Kinderbadezimmer.“
    James stapfte die Treppe hinauf. Die Tür zum Kinderbade zimmer war zu, und als er sie aufmachte, warnte Louisas Stimme: „Vorsicht.“ Also spähte er vorsichtig hinein. Auf dem Boden lagen Schutzplanen, eine Leiter war aufgestellt, und oben stand seine Frau und strich die hölzerne Vorhangleiste. Das Fenster war offen, trotzdem roch es stark nach Farbe. Und es war sehr kalt.
    James schauderte. „Was machst du denn da, um Himmels willen?“
    „Ich streiche die Vorhangleiste.“
    „Das sehe ich. Aber warum? War sie nicht in Ordnung?“
    „Du hast sie nie gesehen, weil sie immer mit Rüschen und Troddeln dran verdeckt war.“
    Er erinnerte sich an die Rüschen. „Was ist damit passiert?“
    „Als die Kinder weg waren, dachte ich, das ist eine gute Ge legenheit, die Badezimmervorhänge zu waschen, und da habe ich auch die Rüschen gewaschen, aber die hatten eine Verstei fung, und alles wurde ganz klebrig, und die Troddeln sind ab gegangen. Darauf hab ich alles in den Abfalleimer geworfen, und jetzt streiche ich die Vorhangleiste, damit sie zum übrigen Anstrich paßt und nicht auffällt.“
    James dachte darüber nach und sagte dann: „Ich verstehe.“
    „Wolltest du was?“ Es drängte sie sichtlich, mit der Arbeit weiterzumachen.
    „Nein, eigentlich nicht. Ich dachte nur, eine Tasse Kaffee wär' ganz schön.“
    „Oh, verzeih. Daran hab ich nicht gedacht. Ich koch mir nie welchen, wenn Mrs. Brick nicht da ist.“
    „Oh. Macht nichts.“ Und hoffnungsvoll fügte er hinzu: „Gibt ja sowieso bald Mittagessen.“ Er bekam langsam Hun ger. Er kehrte an seinen Bericht zurück, nahm sich einen Apfel aus der Schale auf dem Buffet. Während er sich abermals mit Rechenschieber und Taschenrechner befaßte, hoffte er, daß es zum Mittagessen etwas Warmes mit Fleisch geben würde.
    Bald darauf hörte er Louisa die Treppe herunterkommen, vorsichtig, was bedeutete, daß sie die Leiter und den Farbeimer trug, was wiederum bedeutete, daß sie die Vorhangleiste fertiggestrichen hatte. Er hörte Küchenschubladen auf und zugehen, Töpfe klappern, einen Mixer brummen. Bald darauf drang ein köstlicher Duft an James’ Arbeitsplatz: Der Geruch nach gebratenen Zwiebeln und Paprikaschoten hätte jedem Mann das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen.
    Er schrieb seinen Absatz zu Ende, zog wieder einen sauberen Strich und befand, daß er sich einen Drink verdient habe.
    In der Küche trat er hinter Louisa, die am Herd stand, legte ihr die Arme um die Taille und spähte über ihre Schulter auf das köstliche Schmorgericht, das sie rührte.
    Er sagte: „Das sieht aber reichlich viel aus für zwei Perso nen.“
    „Wer sagt, daß das für zwei Personen ist? Es ist für zwanzig Personen.“
    „Du meinst, wir erwarten achtzehn Gäste zum Mittag essen?“
    „Nein. Ich meine, daß wir übernächstes Wochenende Sonntag mittag zwanzig Leute sind.“
    „Aber du kochst es jetzt.“
    „Ja. Das ist Moussaka. Und wenn es fertig ist, friere ich es ein, und einen Tag bevor die vielen Leute kommen,

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