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Das blaue Zimmer

Das blaue Zimmer

Titel: Das blaue Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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korrigiert, geheftet. Zufrieden steckte James ihn in seine Aktenmappe und ließ das Schloß zuschnappen. Morgen vormittag würde seine Sekretärin ihn tippen. Am Nachmittag würde jeder Direktor der Firma eine Kopie erhalten haben.
    Er war müde. Er streckte sich und gähnte. Am anderen Ende des Gartens kreischte die Kettensäge. Er stand auf, ging ins Wohnzimmer, nahm die Streichholzschachtel vom Kamin sims und machte Feuer, dann ging er in die Küche, ließ Wasser in den Kessel laufen und setzte ihn auf. Er sah den Korb mit Wäsche auf dem Tisch, Kleidungsstücke, die darauf warteten, gebügelt zu werden. Er sah die Schüssel mit geschälten Kartof feln, und auf dem Herd köchelte etwas in einer Kasserolle; als er den Deckel hob, schlug ihm der Duft von Spargelsuppe entgegen. Seine Lieblingssuppe.
    Das Wasser kochte. Er machte Tee, füllte ihn in eine Ther mosflasche, dazu Tassen, eine Flasche Milch, ein Paket Würfelzucker. Er sah die Keksdosen durch und fand einen großen Früchtekuchen. Er schnitt drei dicke Scheiben ab, räumte alles in einen Korb, zog die alte Jacke an und verließ das Haus.
    Der Spätnachmittag war still und blau, die feuchte Luft roch kühl und frisch, nach Erde und Wachstum. Er ging über den Rasen, durch die Koppel und über den Zaun in den Buchen hain. Das Kreischen der Säge wurde lauter, und er fand Louisa und Mr. Redmay ohne Mühe. Mr. Redmay hatte aus einem Baumstumpf einen provisorischen Sägebock gebaut, und die beiden arbeiteten zusammen; Mr. Redmay betätigte die Säge, und Louisa reichte ihm die Äste, die binnen Sekunden zu Hau fen von Scheiten wurden. Die Luft war von Sägemehlgeruch erfüllt.
    James fand, sie sahen beide geschäftig und kameradschaft lich aus, und er verspürte einen leisen Stich von Eifersucht. Wenn er sich aus der Hetzjagd der Werbewelt zurückzog, wür den er und Louisa vielleicht ihren Lebensabend gemeinsam mit Holzsägen verbringen.
    Louisa blickte auf und sah ihn kommen. Sie sagte etwas zu Mr. Redmay, und kurz darauf wurde die Säge abgeschaltet, das Kreischen des Blattes erstarb. Mr. Redmay richtete sich auf, drehte sich um und beobachtete James’ Ankunft.
    Er kam mit seinem Korb zu ihnen und fühlte sich wie eine Bauersfrau. Er sagte: „Ich dachte, es ist Zeit für eine Tasse Tee.“
     
     
    Es war sehr kameradschaftlich, im dunkelnden Wald zu sitzen, Tee zu trinken, Früchtekuchen zu mampfen und den her anfliegenden Tauben zuzuhören. Louisa wirkte müde, aber sie lehnte sich an James’ Schulter und sagte zufrieden: „Nun sieh dir das an. Ist das zu fassen, so viele Scheite, nur aus ein paar Ästen?“
    „Wie wollen wir die alle ins Haus kriegen?“ fragte James.
    „Hab ich schon mit Ihrer Frau besprochen“, sagte Mr. Red may und zog an seiner Zigarette. „Ich leih mir ‘nen Traktor und ‘n Anhänger vom Bauern und fahr’s rüber. Vielleicht morgen. Es wird schon dunkel. Für heute lassen wir’s lieber genug sein.“
    Sie packten das Teegeschirr zusammen und machten sich auf den Heimweg. Louisa ging nach oben, um ein Bad zu neh men, aber James lud Mr. Redmay zu einem Drink ins Haus ein, und Mr. Redmay nahm ohne Umschweife an. Sie setzten sich ins Wohnzimmer an den Kamin und kippten jeder ein paar Whiskys, und als Mr. Redmay sich verabschiedete, waren sie die besten Freunde.
    „Wissen Sie“, sagte Mr. Redmay, „Ihre kleine Frau, so was findet man einmal unter einer Million.“ Er kletterte in die Fah rerkabine seines Lasters und schlug die Tür zu. „Wenn Sie die mal loswerden wollen, sagen Sie mir Bescheid. Für jemand, der hart arbeitet, find ich immer was zu tun.“
    Aber James sagte, er wolle sie nicht loswerden. Jetzt noch nicht.
    Als Mr. Redmay fort war, ging James ins Haus und nach oben. Louisa war aus der Wanne, sie hatte ihren blausamtenen Morgenrock an und den Gürtel eng um ihre schmale Taille ge schlungen. Sie bürstete ihre Haare. „Ich habe dich gar nicht nach dem Bericht gefragt. Bist du fertig?“ erkundigte sie sich.
    „Ja. Das ist erledigt.“ Er setzte sich auf die Bettkante und band seinen Schlips auf. Louisa besprengte sich mit etwas Par fum, kam zu ihm und küßte ihn auf den Kopf. „Du hast hart gearbeitet“, sagte sie zu ihm, dann ging sie aus dem Zimmer und die Treppe hinunter. Er blieb ein Weilchen sitzen, dann zog er sich aus und nahm ein Bad. Als er hinunterkam, hatte sie den Wäschekorb weggeräumt, aber er konnte den Duft nach frischgebügelten Sachen noch riechen. Er ging am Eßzimmer vorüber und sah

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