Das blaue Zimmer
waren es fünf? Eve hatte die Übersicht verloren.
„Ja, finde ich auch, Mrs. Cooper. Es war so lieb von Ihnen, auf Jamie aufzupassen. Und wer kümmert sich um Ihre Bande?“
„Tom. Aber das Baby kriegt einen Zahn, drum muß ich jetzt nach Hause.“
„Ich kann Ihnen nicht genug danken für alles.“
„Keine Ursache. Ich… ich hoffe nur, daß alles gutgeht.“
„Bestimmt.“
„Ich finde es so ungerecht. Ich kriege Kinder ohne Probleme. Eins nach dem anderen, mühelos wie eine Katze, sagt Tom im mer. Dagegen Mrs. Murchinson… also ich weiß nicht. Ich finde es ungerecht.“ Sie zog ihren Mantel an und knöpfte ihn zu. „Ich komm morgen vorbei und helf Ihnen, wenn’s Ihnen recht ist, und wenn Sie nichts dagegen haben, daß ich den Klei nen mitbringe. Er kann in der Küche im Kinderwagen sitzen…“
„Es ist mir sehr recht, wenn Sie kommen.“
„Macht das Warten leichter“, sagte Mrs. Cooper. „Es hilft, wenn man wen zum Reden hat.“
Als sie fort war, gingen Eve und Jamie in Eves Zimmer hin auf, und sie öffnete ihren Koffer und gab Jamie sein Geschenk, einen John-Deere-Modelltraktor, und Jamie erklärte höflich, genau so einen habe er sich gewünscht, woher sie das gewußt habe? Nachdem er den Traktor in Besitz genommen hatte, ging er selig schlafen. Er gab Eve einen Gutenachtkuß, dann ließ er sich von seinem Vater die Zähne putzen und ins Bett bringen. Eve packte aus, wusch sich die Hände, zog andere Schuhe an und kämmte sich; dann ging sie hinunter, und sie und David nahmen einen Drink. Sie begab sich in die Küche und richtete ein kleines Abendessen an, das sie vom Tablett am Feuer aßen. Nach dem Essen fuhr David ins Krankenhaus, und Eve spülte das Geschirr. Danach rief sie Walter an, und sie unterhielten sich ein bißchen, aber eigentlich gab es nicht viel zu sagen. Sie blieb auf, bis David zurückkam, aber er brachte keine Neuigkeiten mit.
„Sie rufen an, wenn es losgeht“, sagte er. „Ich will bei ihr sein. Ich war bei ihr, als Jamie geboren wurde.“
„Ich weiß.“ Eve lächelte. „Sie meinte, ohne dich hätte sie Ja mie nie auf die Welt gebracht. Und ich habe ihr gesagt, sie hätte es vermutlich auch allein geschafft. Du siehst müde aus. Geh ins Bett, und versuche ein bißchen zu schlafen.“
Sein Gesicht war abgespannt. „Wenn…“ Die Worte wirk ten, als würden sie ihm entrissen. „Wenn Jane was pas siert… “
„Ihr wird nichts passieren“, sagte sie rasch. Sie legte ihre Hand auf seinen Arm. „Du darfst nicht mal daran denken.“
„ Was kann ich sonst denken?“
„Du mußt einfach Vertrauen haben. Und wenn mitten in der Nacht ein Anruf kommt, sagst du mir Bescheid, ja?“
„Natürlich.“
„Gute Nacht, mein Lieber.“
Sie hatte David gesagt, er solle schlafen, aber sie selbst fand keinen Schlaf. Sie lag im Dunkeln in dem weichen Bett und betrachtete durch das offene Fenster das mattere Stück Dun kelheit, das der Nachthimmel bildete, und lauschte auf die Stundenschläge der Standuhr am Fuße der Treppe. Das Tele fon klingelte nicht. Erst im Morgengrauen döste sie endlich ein und wachte schon nach kurzer Zeit wieder auf. Es war halb acht. Sie stand auf, zog ihren Morgenrock an und ging zu Jamie, der auch schon wach war und im Bett mit seinem Traktor spielte.
„Guten Morgen.“
Er fragte: „Ob ich heute mit Charlie Cooper spielen kann? Ich will ihm meinen Traktor zeigen.“
„Ist er heute morgen nicht in der Schule?“
„Dann heute nachmittag?“
„Vielleicht.“
„Was machen wir heute morgen?“
„Was möchtest du gerne machen?“
„Wir können an den Strand gehen und den Gänsen zugucken. Weißt du, Granny, weißt du, daß da Männer hinkommen und auf sie schießen? Daddy findet es gräßlich, aber er sagt, er kann nichts machen, weil der Strand allen gehört.“
„Vogeljäger.“
„Ja.“
„Ich muß schon sagen, es ist gemein, wenn die armen Gänse den weiten Weg von Kanada geflogen kommen und dann er schossen werden.“
„Daddy sagt, sie verwüsten die Felder.“
„Sie brauchen Futter. Und da wir gerade von Futter spre chen, was möchtest du zum Frühstück?“
„ Gekochte Eier.“
„Dann mal raus aus dem Bett.“
Auf dem Küchentisch fanden sie einen Zettel von David.
7.00. Habe das Vieh gefüttert, fahre jetzt ins
Krankenhaus. Nachts ist kein Anruf gekom-
men . Ich ruf an, wenn’s was Neues gibt.
„Was hat er geschrieben?“ fragte Jamie.
„Daß er deine Mutter besuchen gegangen
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