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Das blaue Zimmer

Das blaue Zimmer

Titel: Das blaue Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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ist.“
    „Ist das Baby schon da?“
    „Nein.“
    „Es ist in ihrem Bauch. Es muß rauskommen.“
    „Ich glaube, es dauert nicht mehr lange.“
    Als sie fertig gefrühstückt hatten, kam Mrs. Cooper mit ihrem rotbackigen Baby im Kinderwagen, den sie in der Küche in eine Ecke schob.
    Sie gab dem Kleinen einen Zwieback zum Kauen. „Gibt’s was Neues, Mrs. Douglas?“
    „Nein, noch nicht. Aber David ist jetzt im Krankenhaus. Er ruft an, wenn sich etwas tut.“
    Sie ging nach oben, ihr und Jamies Bett machen, und nach kurzem Zögern ging sie in Janes und Davids Schlafzimmer, um auch dort das Bett zu machen.
    Sie hatte das zwingende Gefühl, ein Eindringling zu sein. Es roch nach Maiglöckchen, dem einzigen Parfüm, das Jane benutzte. Sie sah den Toilettentisch mit Janes kleinen, persön lichen Dingen: die silberne Haarbürste ihrer Großmutter, die Schnappschüsse von David und Jamie, die hübschen Ketten aus billigen Perlen, die sie an den Spiegel gehängt hatte. Klei dungsstücke lagen herum: die Latzhose, die sie angehabt hatte, bevor man sie in den Krankenwagen trug; ein Paar Schuhe, ein roter Pullover. Sie sah die kindliche Sammlung von Porzellantieren auf dem Kaminsims, die große Fotografie von sich und Walter.
    Sie wandte sich dem Bett zu und sah, daß David auf Janes Seite geschlafen hatte, den Kopf in das große, weiße, spitzen besetzte Kissen geschmiegt. Aus irgendeinem Grunde brachte dies das Faß zum Überlaufen. Ich will, daß sie wiederkommt, sagte sie zornig zu niemand Besonderem. Ich will, daß sie wie derkommt. Ich will, daß sie gesund nach Hause kommt, zu ihrer Familie. Ich halte es nicht mehr aus. Ich will jetzt wissen, daß alles in Ordnung ist.
    Das Telefon klingelte.
    Sie setzte sich auf die Bettkante und nahm den Hörer ab. „Ja?“
    „Eve, ich bin’s, David.“
    „Tut sich was?“
    „Noch nicht, aber es scheint irgendwie akut zu sein, sie wol len nicht länger warten. Sie kommt jetzt in den Kreißsaal. Ich gehe mit. Ich ruf an, wenn’s was Neues gibt.“
    „Ja.“ Es scheint irgendwie akut zu sein. „ Ich… ich wollte mit Jamie spazierengehen. Aber wir bleiben nicht lange weg, und Mrs. Cooper ist hier.“
    „Gute Idee. Geh mit ihm aus dem Haus. Grüß ihn von mir.“
    „Mach’s gut, David.“
     
     
    Zum Strand ging es durch einen alten Obstgarten mit Apfelbäumen und dann über ein Stoppelfeld. Sie kamen zu der Weißdornhecke und dem Zauntritt, dann senkte sich der Grashang zum Schilf und zum Wasser hin ab. Es herrschte Ebbe, das Wattenmeer erstreckte sich bis ans ferne Ufer. Sie sah die niedrigen Hügel und den unendlichen Himmel; Flecken vom hellsten Blau, mit langsam ziehenden, grauen Wolken behangen.
    Jamie kletterte auf den Zauntritt und sagte: „Die Vogeljäger sind da.“
    Eve sah sie am Ufer. Es waren zwei Männer, sie hatten sich eine Deckung aus Gestrüpp gebaut, das die Flut ange schwemmt hatte. Da standen sie, wie Silhouetten vor dem schimmernden Wattenmeer, die Gewehre schußbereit. Zwei braunweiße Springerspaniels saßen wartend neben ihnen. Es war sehr, sehr still. Von weit draußen, aus der Mitte des Mee resarmes, konnte Eve das Schnattern der Wildgänse hören.
    Sie half Jamie von dem Zauntritt, und Hand in Hand gingen sie den Hang hinunter. Wo er auslief, stießen sie auf eine Gruppe Gipsvögel, die die Jäger so angeordnet hatten, daß sie einer weidenden Gänseherde glichen.
    „Das sind ja Spielzeuggänse“, sagte Jamie.
    „Es sind Lockvögel. Die Jäger hoffen, daß die Gänse, die über ihnen fliegen, sie sehen und meinen, sie können sich ge fahrlos niederlassen und fressen.“
    „Das ist gemein. Das ist Betrug. Wenn welche kommen, Granny, wenn welche kommen, laß uns mit den Armen win ken und sie wegscheuchen.“
    „Ich glaube, damit machen wir uns nicht sehr beliebt.“
    „Dann sagen wir den Jägern, sie sollen weggehen.“
    „Das können wir nicht. Sie tun nichts Ungesetzliches.“
    „Sie schießen unsere Gänse tot.“
    „Die Wildgänse gehören allen.“
    Die Vogeljäger hatten sie gesehen. Die Hunde spitzten die Ohren und jaulten. Einer von den Männern schimpfte seinen Hund. Eve und Jamie waren ratlos, wußten nicht, welchen Weg sie einschlagen sollten. Zögernd blieben sie bei den im Kreis aufgestellten Lockvögeln stehen, und da fiel Eves Blick auf eine Bewegung am Himmel, und sie sah von der See her eine Schar Vögel nahen.
    „Schau, Jamie.“
    Die Jäger hatten sie auch gesehen. Es entstand Bewegung, als sie den herankommenden

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