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Das bleibt in der Familie: Von Liebe, Loyalität und uralten Lasten (German Edition)

Das bleibt in der Familie: Von Liebe, Loyalität und uralten Lasten (German Edition)

Titel: Das bleibt in der Familie: Von Liebe, Loyalität und uralten Lasten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Konrad
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vermeintlich erfolgloses Kind nicht ertragen werden kann. Der Misserfolg des Kindes bedeutet eine Kränkung der Eltern.
    »Mein Kind soll es mal besser haben als ich« – gemäß dieser Maxime handeln oft Menschen, die aus unterprivilegierten Verhältnissen stammen und alles tun, um ihren Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. Von ihren eigenen Eltern wurden sie nicht gefördert, sei es, weil es nicht auf dem milieubedingten oder familiären Erziehungsplan stand oder weil die Eltern keine Veranlassung darin sahen, ihren Kindern bessere Lebenschancen als sich selbst einzuräumen. Wieder andere hätten gute Chancen gehabt, haben sie aber nicht ergriffen oder vertan – vielleicht aus Dummheit, Faulheit, Widerstand den Eltern gegenüber oder weil sie selbst zu früh Eltern wurden. Diese Eltern möchten ihre Kinder dann bewahren, ähnliche Fehler wie sie einst zu machen, beispielsweise die Schule oder die Ausbildung abzubrechen. Wenn Eltern wollen, dass ihre Kinder es mal besser haben als sie, opfern sie sich für diese auf, kämpfen darum, ihr Kind auf die beste Schule zu schicken, bezahlen Nachhilfelehrer und Privatschulen. Diesen Eltern erscheint es nicht so, als würden sie einen Leistungsanspruch an die Kinder erheben, sondern eher so, als würden sie ihnen die Welt zu Füßen legen. Die unausgesprochene und oft unbewusste Verpflichtung lautet hier: Sei dankbar und nutze die Chancen, die wir dir ermöglichen.
    »Leistung für neuen Stallgeruch«: Nach diesem Prinzip handeln Leistungskämpfer, die sich hochgearbeitet haben und ihre Eltern in Bildung, Wohlstand, Intellekt und Weltgewandtheit aus eigenem Antrieb überflügelt haben. Manchmal dient diese elitäre Entwicklung dazu, sich von den Eltern oder der gesamten Familie zu distanzieren. Mancher Aufsteiger möchte nicht an seine familiäre Vergangenheit erinnert werden, weil er sich für seine Herkunft schämt. Erfährt ein Aufsteiger, dass sein Kind sitzen bleibt, nicht wie gewünscht Abitur/Karriere macht, wirkt diese enttäuschte Erwartung wie ein Schandfleck, eine peinliche Erinnerung an die Vergangenheit, von der er sich so gründlich zu entfernen versucht hatte.
    Egal, aus welchem Grund Eltern hohe Leistungsanforderungen an ihre Kinder stellen: Wenn die Kinder diese erfüllen können und möchten, ist ein guter Grundstein für das weitere Leben gelegt. Wenn aber Leistung Liebe ersetzt, Eltern fordern, ohne zu geben, Kinder intellektuell oder emotional überfordert sind, dann kehrt sich der gut gemeinte Ansatz um, wie die folgenden Beispiele zeigen.
    Carsten und Marion lernen sich erst mit Ende 30 kennen. Beide arbeiten viel, Erfolg ist ihnen wichtig, finanzielle Unabhängigkeit steht bei beiden an erster Stelle. Carsten ist Chef eines florierenden mittelständischen Unternehmens, Marion betreibt einen Kosmetiksalon. Beide haben von ihren Eltern den Auftrag erhalten, etwas aus sich zu machen, vor allem in finanzieller Hinsicht. Und sie haben diese Aufträge zu aller Zufriedenheit erfüllt. Als Marion mit 41 Jahren überraschend schwanger wird, ist die Freude groß. Ein zartes Mädchen wird geboren, sie nennen es Hannah, das Glück ist perfekt. Das erste Jahr nach Hannahs Geburt tritt Marion beruflich ein wenig kürzer. Dann kommt Hannah in die Krippe, später in den Kindergarten. Hannah ist ein pflegeleichtes Kind, und auch der Übergang in die Schule bereitet keine Schwierigkeiten. Sie ist eine gute Schülerin, konzentriert und begabt, alles läuft so, wie die Eltern es sich vorgestellt hatten.
    Als für Hannah nach der Grundschule eine weiterführende Schule gefunden werden muss, fällt Marion ein Hochglanzprospekt eines Internats in die Hände. Je mehr sie und Carsten sich mit der Idee beschäftigen, desto begeisterter sind sie. Ihre Tochter soll auf ein Internat auf dem Land gehen, dort reiten und Tennis spielen, Kontakt zu anderen, gut situierten Kindern bekommen und von Anfang an ganz andere Chancen als Marion und Carsten erhalten. Die finanziellen Mittel für die teure Privatschule sind vorhanden, und Hannah würden auf dem Internat ganz andere Türen geöffnet werden als auf einer staatlichen Schule. Carsten und Marion lieben ihre Tochter über alles und wollen ihr alles ermöglichen, was sie selbst nicht hatten. Das nächste Ziel, die nächste Etappe in der familiären Weiterentwicklung, das, was niemand je zuvor in Marions und Carstens Familie erhalten hatte, soll Hannah nun erhalten: Bildung und sozialen Status.
    Als Marion und Carsten ihrer

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