Das Blut - Del Toro, G: Blut - The Fall
weißen Blutes aus der Wunde, und Eichhorst stürzte gegen das Schaltpult.
Setrakian richtete sich auf und stand wankend vor dem Vampir. Er verspürte weder Siegesfreude noch sonst irgendetwas. Er wollte einzig und allein diese Kreatur aus der Welt schaffen … Er vergewisserte sich, dass Eichhorsts Augen - und damit die des Meisters - auf ihm ruhten, bevor er zu sprechen begann. »Durch ihn hast du mir meine Liebe genommen. Jetzt wirst du selber kommen müssen und mich höchstpersönlich verwandeln.« Dann packte er den Schwertgriff und zog die Klinge langsam aus Eichhorsts Brust.
Der Körper des Vampirs rutschte zur Seite, seine Hände griffen ins Leere. Setrakian hielt das Schwert unter seinen Kopf - in genau jenem Winkel, der der schrägen Klinge einer Guillotine entsprach -, und Eichhorst fiel mit dem Hals direkt auf die Klinge. Der Kopf des ehemaligen Lagerkommandanten wurde vom Rumpf getrennt.
Schwer atmend wischte Setrakian die Waffe an der Anzugjacke des Vampirs ab und brachte sich dann vor den Blutwürmern in Sicherheit, die aus Eichhorsts Hals strömten. Wieder verkrampfte sich seine Brust. Er griff nach der Pillenschachtel,
versuchte, sie mit den verkrümmten Händen zu öffnen - und verschüttete ihren Inhalt auf den Boden des Kontrollraums.
Gus und Angel traten in den trüben, wolkenverhangenen Tag.
Diesen letzten aller Tage.
Vom regelmäßigen Aufheulen der Sirene abgesehen herrschte Stille - die Notstromaggregate hatten längst den Geist aufgegeben -, und es schien, als wäre die Luft statisch aufgeladen, als bereite sich die Welt auf ihren Untergang vor.
Dann vernahmen sie plötzlich ein vertrautes Geräusch. Ein Hubschrauber. Gus blickte zum Himmel und sah die Maschine um die dampfenden Kühltürme kreisen. Das war wohl kaum die Kavallerie, die zu ihrer Rettung angestürmt kam - nein, mit diesem Vogel wollte der Meister seinen Abgang machen, um nicht gemeinsam mit Long Island in die Luft zu fliegen.
Gus kletterte auf die Ladefläche eines der Lastwagen, auf der eine Stinger-Flugabwehrrakete lag. Das Baby hatte ihn schon vorhin angelacht, und jetzt hatte er endlich einen Grund, es zum Einsatz zu bringen.
Er hob die Rakete aus dem Wagen, wobei er sich vergewisserte, dass er sie auch nicht verkehrt herum hielt. Sie war erstaunlich leicht - sie wog kaum mehr als fünfzehn Kilo - und passte wie angegossen auf seine Schulter. Dann ging Gus, am verdutzt dreinblickenden Angel vorbei, zur Wand des Reaktorgebäudes, wo er eine Schussposition hatte, und richtete die Rakete in den Himmel.
Der Hubschrauber ging jetzt tiefer; offenbar wollte er auf einer Waldlichtung in der Nähe landen.
Es war schon eine Weile her, dass Gus so ein Ding das letzte Mal benutzt hatte, aber wusste immer noch, wie alles funktionierte. Er spähte durch das Zielfernrohr. Als die
Automatik die Hitze des Helikopters registriert hatte, gab sie einen hohen Pfeifton von sich, und Gus betätigte den Abzug. Der Sprengkopf schoss aus der Röhre, das Starttriebwerk löste sich von der Rakete, der Feststoff-Raketenantrieb zündete, und eine Rauchwolke hinter sich herziehend raste die Stinger schnurgerade davon.
Er erwischte den Gegner kalt. Die Rakete traf den Hubschrauber nur wenige Hundert Meter über dem Boden und detonierte sofort. Die Maschine wurde wie ein Kreisel durch die Luft geschleudert und ging zwischen den Bäumen nieder. Ein glühender Feuerball stieg in die Luft.
Gus warf den Raketenwerfer zur Seite. Jetzt aber weg von hier! Er blickte zum Fluss - der Long Island Sund schien ihm die sicherste und schnellste Möglichkeit, von hier wegzukommen - und winkte dann Angel zum Aufbruch.
Doch im Gesicht des Ex-Wrestlers konnte er erkennen, dass der etwas ganz anderes im Sinn hatte.
»Ich bleibe«, sagte Angel.
Gus versuchte, ihm noch einmal die Situation zu erklären, eine Situation, die er selbst kaum verstand. »Hier fliegt uns gleich alles um die Ohren, Mann. Wie’ne Atombombe.«
Angel klopfte auf sein geschundenes Bein. »Ich werde kämpfen. Weißt du, ich war schon oft an diesem Punkt.«
»An was für einem Punkt?«
»In meinen Filmen. Ich weiß, wie es ausgeht. Der Gute kämpft gegen die Bösen, und alles scheint für ihn verloren. Und doch geht es am Ende gut aus.«
»Hä?« Gus kniff die Augen zusammen. Offenbar war sein Landsmann drauf und dran, den Verstand zu verlieren. Diese Vampirsache hat ihm wohl doch mehr zugesetzt, als es den Anschein gehabt hatte. »Das klingt ja toll, Mann. Aber das hier ist
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