Das Blut - Del Toro, G: Blut - The Fall
ist.«
Dreverhavens Blick wanderte von dem Buch zu Setrakians Gesicht. »Ich … ich kenne Sie … Ihr Geruch … Der Schreinerjunge!«
Setrakian schlug seinen Mantel zurück und zog ein kurzes Silberschwert hervor. »Sie sind nachlässig geworden, Herr Doktor.«
Der Vampir ließ seinen Stachel hervorschießen. Doch er fuhr ihn nicht vollständig aus - der Angriff war eine Finte, die ihm Zeit verschaffte, um zurück an die Wand zu springen.
Setrakian hatte das erwartet. Er stellte sich mit dem Rücken zu den Fenstern und schnitt dem Vampir damit eine Fluchtmöglichkeit ab. »Sie sind zu langsam, Dreverhaven. Sie hatten hier ein viel zu gemütliches Leben.«
Dreverhaven zischte. Die Schminke auf seinem Gesicht verlief zunehmend, darunter zeigte sich die blasse Haut des Vampirs.
Setrakian täuschte einen Angriff vor, um den strigoi aus der Deckung zu zwingen. Erneut ließ Dreverhaven halbherzig
seinen Stachel hervorschießen, und Setrakian antwortete mit einem schnellen Schwerthieb, der den Fortsatz nur um Haaresbreite verfehlte.
Und dann sprang Dreverhaven von der Wand und rannte Richtung Tür. Setrakian schleuderte das falsche Occido Lumen auf ihn, und als das Silber den Vampir berührte, gab dieser ein markerschütterndes Kreischen von sich und taumelte gegen eines der Bücherregale.
Und schon war Setrakian bei ihm. Richtete die Schwertspitze direkt auf Dreverhavens Kehle.
Der Vampir legte den Kopf zurück, berührte die Rücken seiner kostbaren Bücher und starrte Setrakian wütend an - das Silber machte es ihm unmöglich, den Stachel einzusetzen.
Während er den Vampir in Schach hielt, wühlte Setrakian in seiner Manteltasche und förderte einige Silberkugeln zutage, die auf einen Draht gezogen und mit einem feinmaschigen Stahlnetz umwickelt waren. Der Vampir riss panisch die Augen auf, musste jedoch wehrlos mit ansehen, wie ihm Setrakian das Silberhalsband über den Kopf streifte.
Einem tonnenschweren Gewicht gleich drückte das Halsband auf den strigoi. Setrakian schaffte es gerade noch, einen Stuhl heranzuziehen, auf den sich Dreverhaven fallen lassen konnte, bevor der Vampir zusammenbrach. Sein Kopf fiel zur Seite, die Hände zitterten hilflos in seinem Schoß.
Setrakian wandte sich ab, hob das Buch mit dem Silbereinband auf und legte es zurück in den Koffer; es war Charles Darwins Die Entstehung der Arten , sechste Auflage, gebunden in bestem Britanniasilber. Dann ging er zu der Wand, zu der der verzweifelte Dreverhaven gesprungen war, und inspizierte das dortige Bücherregal, achtete sorgfältig auf verborgene Fallen, entdeckte schließlich das falsche Buch, das den Geheimraum öffnete. Er zog daran, es machte klick, das Regal gab nach und drehte sich um seine eigene Achse.
Der Gestank traf ihn wie ein Hammerschlag. Dreverhavens Geheimkammer war ein fensterloses Loch voll modriger
Bücher und stinkender Lumpen. Doch das war nicht die Quelle des widerwärtigen Geruchs. Er kam von den oberen Räumen. Die Treppe, die von der Geheimkammer dort hinaufführte, war mit Blut bespritzt.
An ihrem Ende entdeckte Setrakian eine Art Operationssaal. Ein rostfreier Seziertisch stand auf einem schwarzen Fliesenboden, der über und über mit Menschenblut bedeckt war - die eingetrockneten Körperflüssigkeiten aus zwei Jahrzehnten. Um eine ebenfalls blutverschmierte Gefriertruhe in der Ecke schwirrten dicke Fliegen. Setrakian hielt die Luft an und öffnete die Truhe. Doch er fand darin lediglich die Resultate von Dreverhavens perversen Experimenten - nicht das, was er eigentlich suchte.
Schließlich kehrte er zu dem Vampir zurück, der auf seinem Stuhl still vor sich hin litt. Die Schminke hatte sich nun vollständig von seinem Gesicht gelöst, der strigoi war zum Vorschein gekommen.
Setrakian ging zu einem der großen Fenster. Es wurde langsam hell. Bald würde der Raum von Sonnenlicht erfüllt sein. »Im Lager hatte ich Angst vor jedem Sonnenaufgang«, sagte er. »Jeder Tag konnte den Tod bringen. Zwar hatte das Sterben jeglichen Schrecken für mich verloren - trotzdem beschloss ich, zu leben. Beschloss, mit der Furcht zu leben.«
Ich freue mich auf den Tod.
Setrakian sah Dreverhaven an. Der strigoi machte sich nun nicht mehr die Mühe, die Lippen zu bewegen.
Meine Sehnsüchte wurden schon lange befriedigt. Ich habe mein Leben bis zum Äußersten ausgekostet - nicht nur als Mensch. Nun bin ich all dessen überdrüssig.
»Das Buch.« Setrakian kam dem Vampir gefährlich nahe. »Es ist
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