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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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ein grausamer Gegner und hatte nicht den geringsten Respekt vor der Obrigkeit. Doch seiner Kühnheit, seinem Mut und seinem scharfen Verstand war es zu verdanken, dass ein Königreich erobert wurde.
    Sein nächster schlauer Schachzug bestand darin, die anderen Indios gegen die Azteken aufzuhetzen, an die sie schließlich Tribut zahlen mussten.
    Mit Doña Marina als Dolmetscherin und Fürsprecherin überredete Cortés die übrigen Stämme dazu, sich mit ihm zu verbünden. Die Armee der Azteken war ebenso gefürchtet wie die römischen Legionen und die Horden des Dschingis Khan, die die eroberten Völker eingeschüchtert und Tributzahlungen von ihnen erpresst hatten.
    Sein Plan ging auf. Als Cortés nach Tenochtitlán marschierte, wurde er nicht nur von seinen Männern, sondern auch von Zehntausenden von Indios begleitet, die alle darauf brannten, sich mithilfe der Spanier für die zahllosen Übergriffe der herrschenden Azteken zu rächen.
    Trotz der vielen Verbündeten waren die Azteken zahlenmäßig immer noch überlegen. Hätten die Indios nicht geglaubt, dass Cortés' Ankunft an der Ostküste die Erfüllung der Legende von Quetzalcóatl bedeutete, Montezuma hätte gewiss seine Armee losgeschickt. Montezumas Zögerlichkeit kostete ihn sein Re ich und auch das Leben. Er übergab seine Stadt kampflos an die Spanier.
    Einer der Eroberer, Bemal Diaz del Castillo, verfasste vor meiner Geburt eine Geschichte der Eroberung. Ein Manuskript war unter den Geistlichen Neuspaniens im Umlauf, und Bruder Antonio ließ es mich lesen, damit ich erfuhr, auf welche Weise die Spanier wirklich das Land erobert hatten. Diaz' Schilderung der Stadt zufolge bedeutete sie die Erfüllung aller Träume, die Cortés und seine Männern von einem märchenhaften Königreich gehegt hatten. Diaz schrieb, die Männer hätten, als sie Tenochtitlán zum ersten Mal sahen, sofort gewusst, dass sie in eine goldene Stadt gekommen waren:
    Als wir so viele Städte und Dörfer erblickten, manche in das Wasser des Sees gebaut, andere auf festem Boden, dazu eine gerade, ebene Straße, die nach Mexiko-Stadt führt, staunten wir. Einige der Soldaten fragen sogar, ob sie wach seien oder träumten.
    Nachdem Montezuma die Spanier in seine Stadt gelassen hatte, wurde er von den ›Gästen‹ in seinem Palast gefangen gehalten. Er wandte sich an sein Volk. Während einige Leute sich vor Ehrfurcht zu Boden warfen, begannen andere ihn als Mann zu verspotten, der von den Spaniern in eine Frau verwandelt worden sei. Steine und Pfeile flogen aus der Menge, und Montezuma stürzte zu Boden.
    Er war an Leib und Seele tödlich verletzt, weil sein Volk sich gegen ihn gewendet hatte. Als die Spanier seine Wunden behandeln wollten, riss er die Verbände ab und weigerte sich, diese Demütigung zu überleben. Kurz vor seinem Tod lehnte er die christliche Taufe ab. Dem Priester, der neben ihm kniete, sagte er: »Ich habe nur noch wenige Augenblicke und werde in dieser Stunde den Glauben meiner Väter nicht verraten.«
    Die spanische Eroberung führte zu einer Reihe schrecklicher Katastrophen. Die erste war, dass die Gesellschaftsordnung der Indios zerstört wurde. Die Stiefel der Eroberer zertrampelten ihr gesamtes Wissen und alles, was ihnen heilig war. Nicht nur steinerne Denkmäler wurden geschliffen, nein, man vernichtete auch die Sitten und Gebräuche. Geburt, Hochzeit und Tod wurden den Regeln der christlichen Kirche unterworfen, bis die Priester und ihr Glaube das Leben der Indios bis ins Kleinste bestimmten. Die Tempel wurden abgerissen, und stattdessen errichtete man die Gotteshäuser des neuen Glaubens, dessen Priester eine unverständliche Sprache sprachen.
    Der zweite Schicksalsschlag waren die Krankheiten, welche die Indios nach der Ankunft der Spanier befielen, denn deren zorniger Gott brachte ihnen schreckliche Seuchen. Nach Auffassung der christlichen Priester waren diese Krankheiten, die binnen weniger Generationen neun von zehn Indios dahinrafften, Gottes gerechte Strafe für ihre heidnische Lebensweise.
    Die dritte Plage war die Habgier. Der spanische König teilte die fruchtbarsten Gebiete Neuspaniens in Lehensgüter auf, sodass die Indios jedem der Eroberer Tribut zahlen mussten.
    Und während ihre Gesellschaft Schritt für Schritt der Zerstörung anheim fiel, vergaßen die Indios, dass sie einmal ein großes und mächtiges Volk gewesen waren.
    Menschen, die einst prächtige Städte gebaut und wissenschaftliche und medizinische Forschungen betrieben hatten,

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