Das Blut der Azteken
Ort, dem er den Namen La Villa Rica de la Veracruz, die reiche Stadt des wahren Kreuzes, gab. Seine Ziele waren Ruhm, Gold und Gott.
In ihrem religiösen Eifer hielten die Spanier die Indios in jeder Hinsicht für Sünder. Allerdings wurden die grässlichsten Untaten nach Ansicht der Spanier nicht auf dem Schlachtfeld oder dem Opferstein begangen, sondern in den Betten. Auf Schritt und Tritt stießen die Spanier auf ein Verbrechen, das sie nicht beim Namen zu nennen wagten: Homosexualität.
Allerdings irrten die Spanier in der Auffassung, dass die Homosexualität bei den Indios allgemein üblich war; bei den Azteken beispielsweise wurde sie streng bestraft.
Doch nicht alle Indiostämme lehnten die Liebe unter Männern ab, und einige von ihnen praktizierten sie sogar öffentlich. Manche Mayastämme ermutigten junge Burschen dazu, damit sie die Mädchen in Ruhe ließen und diese als Jungfrauen in die Ehe gehen konnten.
Ich hatte christliche Priester gegen die Homosexualität wettern hören. Sie machen den Indios weis, sie würden in der Hölle schmoren, wenn sie dieses Verbrechen gegen die Natur begingen, ohne zu bereuen.
Jedoch halte ich die Behauptung für übertrieben, dass allein die Indios der Fleischeslust frönten. Der gute König Felipe III., der den Großteil meiner Lebenszeit auf dem spanischen und portugiesischen Thron saß, hatte angeblich zweiunddreißig Kinder von verschiedenen Mätressen, was mehr ist, als die meisten Aztekenkönige von sich behaupten konnten.
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Durch eine glückliche Wendung des Schicksals, das Cortés so häufig den Weg zu ebnen schien, gelangte er zufällig in den Besitz eines Sklavenmädchens, das eigentlich eine Prinzessin war. Doña Marina, wie man sie später nannte, war in der Provinz Coatzacualco an der südöstlichen Grenze des Aztekenreichs geboren. Ihr Vater, ein reicher und mächtiger Häuptling, starb, als sie noch ein kleines Kind war. Ihre Mutter heiratete wieder und gebar einen Sohn, worauf sie den finsteren Plan schmiedete, Marinas rechtmäßiges Erbe dem Jungen zuzuschanzen.
Sie täuschte Marinas Tod vor, übergab sie aber heimlich an fahrende Händler aus Xicallanco. Gleichzeitig ließ sie das Kind eines ihrer Sklavinnen töten, um die Leiche als die ihrer Tochter auszugeben, und hielt, Trauer vorspiegelnd, eine feierliche Beerdigung ab. Die Händler verkauften das Indiomädchen an den Häuptling von Tabasco, der sie den Spaniern als Tributzahlung übereignete.
Cortés war an der Küste gelandet und auf die Indiokultur gestoßen, fand aber bald heraus, dass er sich am Rande eines gewaltigen Reiches befand, das von einem mächtigen Kaiser regiert wurde. Er war dringend auf das Wissen der Indios angewiesen, denen er begegnete, und brauchte Verbündete, da er allein, mit nur ein paar hundert Männern, keine Chance hatte, dieses riesige Reich zu besiegen.
Doña Marina besaß außer ihren Reizen - sie wurde Cortés' Geliebte und die Mutter seines Sohnes Don Martín - auch Sprachbegabung. Sie beherrschte außer ihrer Muttersprache Náhuatl noch die Sprache jener Indios, an die sie in die Sklaverei verkauft worden war. Rasch lernte sie genug Spanisch, um bei den Verhandlungen mit den Indiohäuptlingen, an die Cortés sich wandte, zu übersetzen.
Ihr Lebensweg von der Prinzessin zur Sklavin und schließlich zur Geliebten des spanischen Feldherrn hatte ihr viele Einblicke vermittelt, die es ihr ermöglichten, Cortés vor Gefahren zu schützen. Sie war es, die entdeckte, dass die fünfzig angeblich als Friedensdelegation geschickten Indios Spione und Meuchelmörder waren. Cortés ließ den Männern die Hände abschlagen und schickte diese an die Häuptlinge zurück, als Warnung, wie er mit Verrätern umzuspringen plante.
Marina übersetzte auch für Cortés, als er endlich Tenochtitlán erreichte und vor Montezuma II. stand. Der Kaiser hatte von seinen Gesandten die Botschaft von der Landung der Spanier erhalten. Cortés seinerseits hatte erfahren, dass sich der Herrscher des riesigen Reiches in einer goldenen Stadt in einem hoch gelegenen Tal aufhielt, weit weg vom glühend heißen Sand der karibischen Küste.
Die Schreiber der Azteken verfassten Texte in Bilderschrift, um dem König einen Eindruck von den Spaniern zu vermitteln. Vor allem die Pferde der Spanier jagten den Indios Angst ein. In Mexiko gab es keine Lasttiere, keine Pferde, Maulesel, ja, nicht einmal Ochsen. Deshalb empfanden die Indios die Pferde als ebenso Furcht erregend wie die Kanonen. Da es
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