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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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gehört euch beiden.«
    Mateo gab mir nicht nur praktischen Unterricht, sondern erklärte mir auch viel über Schwerter.
    Die Prunkdegen, die die meisten Männer in der Stadt trugen, waren leichter und kunstvoller gearbeitet als die Schwerter der Soldaten und weniger gefährlich.
    Mateo zeigte mir, wie man mit der Glocke eines leichten Säbels seine Hand schützte. »Bei einem Duell sollte der Knauf des Schwertes Glockenform haben, damit die Hand bei einem Hieb von oben nicht getroffen wird. Allerdings ist so ein Schwert weder im Alltag auf der Straße noch zur Selbstverteidigung in offenem Gelände zu gebrauchen. Und warum?«
    »Weil… äh… weil…»
    »Dummkopf!« Er griff mich mit seinem Degen an und schlug immer wieder zu, sodass schmerzhafte Striemen auf meinen Armen und Beinen zurückblieben.
    »Wenn du dich verteidigen musst, sei es, weil du in der Schlacht angegriffen wirst oder weil dich ein Räuber überfällt, bleibt dir vielleicht nur ein Sekundenbruchteil, um dich zu bewaffnen. Ein Schwert mit Glocke würdest du nicht schnell genug zu fassen bekommen. Duelle hingegen werden meistens im Voraus verabredet. Deshalb kannst du deine Hand mit einer Glocke schützen, denn schließlich hast du genug Zeit, um zu ziehen.«
    Er sagte mir auch, dass sich nicht alle Schwerter für jeden eigneten. Wie schwer ein Schwert sein durfte, hing von der Körperkraft des Besitzers ab. »Besonders musst du darauf achten, welche Länge bei deiner Größe nötig ist. Ist dein Schwert zu lang, musst du zurücktreten, um dich von deinem Gegner zu lösen, und riskierst, dabei das Gleichgewicht zu verlieren. Ist es aber zu kurz, ist der Kreis des Todes für deinen Gegner kleiner, weil er eine größere Reichweite hat.«
    Meine aztekischen Vorfahren wären stolz auf mich gewesen, denn ich lernte die Kunst des Tötens von einem wirklichen Meister. Mateo mochte ein Lügner, ein Dieb von geistigem Eigentum und zudem ein Frauenheld sein, doch wenn es ums Kämpfen ging, konnte ihm niemand das Wasser reichen. Für ihn war das Fechten eine Form des Tanzes.
    »Ein Fechter muss die Haltung eines Tänzers einnehmen, aufrecht dastehen, aber in den Knien elastisch sein. Nur dann kann er sich schnell bewegen. Auch seine Füße müssen so behände sein wie die eines Tänzers und dürfen nie still stehen. Tänzer setzen ihre Schritte nicht nach einem festen Muster, sondern im Einklang mit der Musik. Du musst die Musik hören, um im Takt zu tanzen.«
    »Und woher kommt die Musik?«
    »Die Musik spielt in deinem Kopf, das Tempo wird durch deine Bewegungen und die deines Gegners erzeugt, und du tanzt dazu.«
    Als Mateo herumtänzelte wie ein junges Mädchen auf dem ersten Ball, machte ich den Fehler zu kichern. Sein Schwert rauschte an mir vorbei und schnitt mir eine Haarlocke ab.
    »Wenn du noch mal lachst, werde ich dich in Zukunft nicht mehr Bastardo nennen, sondern Einohr. En garde!«
    Ich stolperte über meine eigenen Füße, und Mateo schimpfte.
    »Warum erwarte ich von einem dahergelaufenen lépero etwas, das anstrengender ist, als eine Betteltasse zu schwenken. Wenn du nicht tanzen kannst, weil deine Füße und dein Kopf sich nicht im selben Körper befinden, dann stell es dir eben vor, als würdest du schwimmen. Beim Schwimmen muss man den ganzen Körper im Gleichtakt bewegen. Schwimm auf mich zu, Bastardo. Schritt, Schritt, zustoßen, parieren, und wieder Schritt. Kleine Schritte, du Dummkopf! Wenn du deinem Tanzpartner auf die Zehen trittst, rammt er dir das Schwert in den Hals.«
    Jeden Tag lernte ich mehr über Schmerzen. Und ich bemerkte weitere Narben auf Mateos Gesicht, Armen und Brust, wenn er das Hemd auszog, um sich zu waschen.
    Auch bei mir hinterließen Mateos wütende Hiebe zunehmend Spuren.
    Nachdem ich viele Monate lang geübt hatte, fällte Mateo das abschließende Urteil über meine Fähigkeiten als Schwertkämpfer.
    »Du bist ein toter Mann. Vielleicht schaffst du es, mit einem zweischneidigen Schwert eine Rinderhälfte durchzuhauen oder einen vorher gefesselten Indio ins Jenseits zu befördern, aber du bist so langsam und unbeholfen, dass du gegen einen guten Kämpfer rettungslos verloren wärst.«
    In seinen Augen glomm ein Funkeln auf, das ich bei ihm immer dann wahrnahm, wenn er im Begriff war, einem Mann die Börse zu stehlen oder ihm die Frau auszuspannen.
    »Und da du nicht überleben wirst, wenn du wie ein Ehrenmann kämpfst, musst du ein paar faule Tricks lernen.«
    »Ich will aber ein Ehrenmann sein.«
    »Ein

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