Das Blut der Azteken
Schicksalsgenossen verbunden. Wäre ich ein Indio gewesen, hätte Don Julio mich, den gezähmten, belesenen, edlen Wilden, wegen meiner Kenntnisse in Sprache, Literatur und Medizin als Beispiel dafür vorführen können, wozu Eingeborene in der Lage sind. Doch als Mestize, als Mischling, hätte ich die Sporenträger nur verärgert, anstatt sie zu amüsieren.
Also stellte mich Don Julio als Sohn eines entfernten Vetters vor, den er bei sich aufgenommen habe, nachdem beide Eltern an der Pest gestorben seien. Da der Don ein Sporenträger war, würden die Leute deshalb annehmen, dass auch ich von der iberischen Halbinsel stammte. Ich hatte mich über Nacht vom gesellschaftlichen Außenseiter in einen angesehenen Mann verwandelt.
3
Links parieren!«, brüllte Mateo, während er auf mich eintrieb. Ich hatte bald festgestellt, dass es viel schwieriger war, ein Edelmann zu sein als ein lépero - und auch um einiges schmerzhafter.
»Du hast Glück, Señor Bastardo«, sagte Mateo, »dass du im spanischen Königreich lebst.«
Mateo entfernte mit der Spitze seines Schwerts einen eingebildeten Fussel von meinem Hemd. Ich besaß zwar auch ein Schwert, wusste jedoch nicht, was ich damit anfangen sollte. Ich hätte höchstens jemanden damit bewusstlos schlagen können.
»Die Spanier sind die Meister des Schwertes«, fuhr Mateo fort, »und das ist auf der ganzen Welt bekannt. Die dreckigen Engländer, möge der heilige Michael ihre Seelen verbrennen und sie in die Hölle hinabschleudern, verwenden kurze, dicke Schwerter, mit denen sie drauflosdreschen, immer in der Hoffnung, ihren Gegner einfach totzuprügeln. Die Franzosen hingegen kämpfen sehr anmutig, hüllen sich in Spitze und duften nach Parfüm. Sie versuchen, den Gegner mit ihrem Charme zu ersticken. Die Italiener, ha, die Italiener, das sind hochmütige Mistkerle, die einen großen Wirbel veranstalten und sich mächtig in die Brust werfen. Sie sind so schnell und so schlau, dass man sie beinahe als Meister im Schwertkampf bezeichnen könnte. Doch sie kennen das Geheimnis nicht, das die Spanier zu den besten Fechtern der Welt macht.«
Mateo legte mir die Spitze seines Schwertes an die Kehle und hob mein Kinn ein Stück an.
»Ich habe einen ritterlichen Eid auf mein Leben geschworen, dieses Geheimnis nie jemandem zu offenbaren, in dessen Adern kein spanisches Blut fließt. Aber du, mein kleines Halbblut, bist auf seltsame Weise dennoch ein Spanier. Allerdings musst du bei Gott und all seinen Engeln versprechen, dass du das Geheimnis niemandem verrätst, denn jeder Mann auf der Welt würde gern kämpfen können wie ein Spanier.«
Er trat ein paar Schritte zurück und tat, als zeichnete er einen Kreis in den Sand.
»Der Kreis des Todes. Und du wirst ihn beim Tanz der Klinge betreten.«
Ich starrte auf den Boden. Tanzen? Tödliche Kreise? Hatte Mateo sich wieder am Wein des Don gütlich getan?
»Zuerst musst du verstehen, dass es zwei Sorten von Schwertkämpfern gibt: die Schnellen und die Toten.« Sein Schwert zischte an meinem Gesicht vorbei. »Was für ein Schwertkämpfer bist du, Bastardo?«
»Ein schneller!« Ich holte mit meinem Schwert aus, als wollte ich einen Baum umhauen. Die Waffe flog mir aus der Hand, und Mateos Klinge saß an meiner Kehle.
»Du bist tot, Kleiner. Ich werde Gott bitten, dir ein weiteres Leben zu gewähren, damit ich dir beibringen kann, wie man mit einem Schwert kämpft. Doch wenn deine Ausbildung abgeschlossen ist, gibt es keine Gnade mehr. Der nächste Mann, gegen den du antrittst, wird dich töten - sofern du ihm nicht zuvorkommst.«
Mateo nahm das Schwert von meinem Hals. »Heb dein Schwert auf!«
Pflichtbewusst gehorchte ich und wischte mir das Blut vom Hals.
»Stell dich vor mich und nimm die Füße zusammen. Und jetzt mach einen Schritt auf mich zu. Strecke dein Schwert aus, so weit du kannst, und markiere einen Punkt vor dir und einen auf jeder Seite.«
Nachdem ich mit meinem Schwert Zeichen in den Sand gekratzt hatte, beschrieb Mateo einen Kreis um mich.
»Das ist der Kreis des Todes. Es handelt sich nicht nur um einen Kreis, sondern um Tausende, die sich mit dir und mit deinem Gegner verschieben.«
Mateo baute sich, mir gegenüber, am Rand des Kreises auf. »Der Kreis beginnt dort, wo du das Schwert ausstrecken und deinen Gegner verwunden oder töten könntest. Von hier aus erreiche ich dein Gesicht, deine Brust oder deinen Bauch. Vergiss nicht, Kleiner, der Kreis ist beweglich und ändert sich mit jedem Schritt. Und er
Weitere Kostenlose Bücher