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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Himmel.«
    Mir blieb der Mund offen stehen, und Don Julio lachte auf.
    »Man erkennt die Planeten, ja, sogar die Monde des Jupiters. Und man erfährt etwas, das unsere Kirche derart verstört, dass sie die Besitzer solcher Geräte auf dem Scheiterhaufen verbrennt.«
    Don Julio senkte die Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern. »Die Erde ist nicht der Mittelpunkt des Himmels, Cristo, sondern nur einer der Planeten, die um die Sonne kreisen. Ein polnischer Mathematiker namens Kopernikus hat das schon vor vielen Jahren herausgefunden, aber nicht gewagt, seine Werke vor seinem Tod veröffentlichen zu lassen. Darin widerlegt er die ptolemäische Auffassung, die Erde sei das Zentrum des Weltalls.
    Das Fernrohr beweist Kopernikus' Theorie. Und die Kirche fürchtet es derart, dass ein Kardinal sich sogar geweigert hat, als Galileo ihn bat hindurchzuschauen. Der Kardinal hatte Angst, damit das Antlitz Gottes zu erblicken.«
    »Was ist mit dem Antlitz Gottes?«
    Ein Musketenschuss mitten im Zimmer hätte uns nicht mehr erschrecken können. Isabella stand in der Tür der Bibliothek.
    Der Don hatte sich als Erster wieder gefasst. »Nichts, meine Liebe. Wir haben über Philosophie und Religion gesprochen.«
    »Was ist das für ein Ding?« Sie wies auf das Fernrohr. »Es sieht aus wie eine kleine Kanone.«
    »Nur ein Messgerät. Es hilft mir beim Zeichnen meiner Karten.« Er deckte das Fernrohr zu. »Da ich, wie du weißt, die Zusammenkunft auf der Hacienda der Vélez' nicht besuchen kann, gebe ich dir Cristo mit. Er wird dich an meiner Stelle begleiten.«
    Anders als erwartet, erntete ich keinen herablassenden Blick. Stattdessen zeigte sie mit ihrem Fächer auf mich. »Du kleidest dich wie ein Bauer. Wenn ich schon gezwungen bin, auf der Fahrt mit deiner Gesellschaft vorlieb zu nehmen, wirst du dich anziehen, als wärest du zu einem Fest in Spanien eingeladen und nicht zu einem in dieser provinziellen Einöde.«
    Nachdem sie fort war, schüttelte Don Julio den Kopf. »Sie liebt es, andere nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen. Aber in diesem Fall hat sie Recht. Du siehst aus wie ein Viehhirte. Ich werde meinen Diener damit beauftragen, dich als feinen Herrn auszustaffieren.«
    Die Straße zur Hacienda der Vélez' war kaum mehr als ein Feldweg, auf dem nur selten eine Kutsche fuhr. Während das Gefährt über den unebenen Boden holperte, wurden Doña Isabella und ich auf unseren Sitzen hin und her geschleudert. In der Kutsche selbst war es heiß und staubig, sodass sich die Doña ein Blumensträußchen vor die Nase hielt.
    In den ersten Stunden wechselten wir kaum ein Wort miteinander. Da wir früh aufgebrochen waren, um die Hacienda vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen, war Isabella bald wieder eingeschlafen.
    Don Julios Diener hatte mich - zumindest von außen betrachtet tatsächlich in einen feinen Herrn verwandelt. Er hatte mir das Haar auf Kinnlänge gestutzt und an den Spitzen gekräuselt. Das weiße Leinenhemd mit den bauschigen Ärmeln und das weinrote, geschlitzte Wams, durch das der weiße Stoff zu sehen war, passten zu dem kurzen Umhang und der schwarzen venetianischen Kniehose. Diese war birnenförmig geschnitten, an den Hüften fast übertrieben weit und lief an den Knien eng zu. Dazu trug ich schwarze Seidenstrümpfe und Schuhe mit runden Kuppen und Schleifen. Es handelte sich zwar um eine recht bescheidene Aufmachung, doch der lépero in mir fühlte sich ausgesprochen elegant. Der Diener hatte mir untersagt, mein breites Schwert umzuschnallen, und mir stattdessen einen zierlichen Degen ausgehändigt, der sich kaum dazu eignete, einen Frosch zu köpfen.
    Isabella verlor kein Wort über meine Kleidung. Erst nach einigen Stunden schien sie zu bemerken, dass sie nicht allein in der Kutsche war. Als sie endlich aufwachte, war sie jedoch gezwungen, meine Gegenwart zur Kenntnis zu nehmen, und musterte mich von den Straußenfedern auf meinem Hut bis hinunter zu den seidenen Schleifen an meinen Schuhen.
    »Hat es dir Spaß gemacht, mich heimlich beim Baden zu beobachten?«
    Mein Gesicht wurde rot wie mein Wams. »Aber… aber… ich habe nicht…«
    Sie tat meine Arglosigkeit mit einer Handbewegung ab. »Erzähl mir von deinen Eltern. Woran sind sie denn gestorben?«
    Ich gab die sorgfältig auswendig gelernte Geschichte zum Besten, ich sei Einzelkind und im Alter von drei Jahren Waise geworden, da meine Eltern der Pest zum Opfer gefallen seien.
    »Wie sah das Haus deiner Eltern aus? War es groß? Hast du etwas

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