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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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suchen.«
    »Woher wisst Ihr das?«
    Inez fuchtelte hilflos mit den Händen herum und verkündete, wir würden alle ermordet werden, nachdem die Frauen zuvor vergewaltigt würden.
    »Die Leute haben eine Armee von Sklaven durch die Straßen laufen hören, und die Meldung hat sich rasch herumgesprochen«, sagte Juana.
    Isabella umklammerte eine Schatulle und befahl den Dienern, sie zum Palast des Vizekönigs zu eskortieren.

    »Ich brauche Diener, die Juanas Sänfte tragen!«, widersprach ich.
    Ohne auf mich zu achten, eilte sie, die verängstigten Diener im Schlepptau, hinaus. Selbst die afrikanischen Diener zitterten aus Furcht vor einer Sklavenrevolte.
    Juana schlang die spindeldürren Beine um meine Taille, als ich sie auf den Rücken nahm. Während ich mit ihr und Inez das Haus verließ, eilten Menschen an uns vorbei. Frauen trugen ihre Schmuckschatullen, die Männer Schwerter und Kästen. Ich hörte die Leute sagen, dass ein Stadtviertel nach dem anderen von den aufständischen Sklaven verwüstet worden sei. Die Bewohner habe man ermordet.
    Wie hatten Mateo und ich uns derart irren können? Warum hatten wir die Absichten der Sklaven so falsch eingeschätzt? Selbst wenn die Stadt die Rebellion überstand, würde man Don Julio und seinen beiden zuverlässigen Mitarbeitern dafür den Kopf abschlagen.
    In solchen Situationen regte sich stets der Instinkt eines lépero in mir, der mir riet, mir ein schnelles Pferd zu besorgen und aus der Stadt zu verschwinden. Der Grund war nicht, dass ich mich vor den Sklaven fürchtete. Ich wollte so schnell wie möglich zum Tunnel, um Don Julio und Mateo zu warnen. Doch obwohl ich nichts dagegen gehabt hätte, Isabella und Inez den feindseligen Sklaven preiszugeben, durfte ich die arme Juana nicht im Stich lassen.
    Es sah aus, als wäre die ganze Stadt auf dem Platz zusammengeströmt. Männer, Frauen und weinende Kinder, die meisten wie wir im Nachthemd, forderten lautstark vom Vizekönig, die Rebellion niederzuschlagen.
    Auf einem Balkon des Palastes erschien der Vizekönig und bat um Ruhe.
    »Vor einer Stunde ist eine Herde Schweine, die zum Verkauf in die Stadt gebracht wurde, durchgegangen und durch die Straßen gelaufen. Die Leute, die den Lärm hörten, glaubten, es mit einer Armee von Sklaven zu tun zu haben.«
    Er hielt inne. »Geht nach Hause. Es gibt keinen Aufstand.«
    Die Nacht, in der die Bevölkerung von Mexiko-Stadt in Panik geriet, weil sie eine durch die Straßen stürmende Schweineherde für einen Sklavenaufstand hielt, wurde in Tausenden von Tagebüchern festgehalten und auch von den Geschichtsschreibern an den Universitäten dokumentiert. Denn sonst hätte wohl niemand geglaubt, dass sich die Bewohner einer der größten Städte der Welt so närrisch gebärden konnten.
    Wäre die Geschichte damit zu Ende gewesen, unsere Enkel und Urenkel hätten vielleicht bei der Vorstellung geschmunzelt, wie feine Damen und Herren im Nachthemd durch die Straßen liefen, um ihr Geld und ihre Juwelen in Sicherheit zu bringen. Allerdings sind die Spanier ein stolzes Volk. Sie erobern Imperien, beuten Kontinente aus und pflegen Demütigungen mit dem Schwert zu vergelten.
    Also forderte man vom Vizekönig, des ›Sklavenproblems‹ Herr zu werden. Don Julios Bericht, in einer Taverne seien ein König und eine Königin gewählt worden und man habe von Rebellion gesprochen, reichten als Beweis dafür aus, dass die Gefahr eines Aufstandes noch nicht gebannt war. Und deshalb sah sich der Vizekönig gezwungen, etwas zu unternehmen, um die Ängste zu beschwichtigen und die Schande wieder gutzumachen.
    Die Audiencia, der Oberste Gerichtshof Neuspaniens, über den der Vizekönig den Vorsitz führte, ordnete die Verhaftung von sechsunddreißig Afrikanern an, deren Namen in der Nacht, als Mateo und ich die Sklaven betrunken gemacht hatten, niedergeschrieben worden waren. Fünf Männer und zwei Frauen unter den Festgenommenen wurden rasch des Widerstandes für schuldig befunden und auf einem öffentlichen Platz gehängt. Anschließend schlug man ihnen die Köpfe ab und stellte diese, auf Pfähle gesteckt, an den Brücken und auf dem Hauptplatz zur Schau. Auch die Übrigen wurden streng bestraft. Die Männer wurden ausgepeitscht und kastriert, und auch die Frauen erhielten Peitschenhiebe, bis das Blut floss.
    Mateo machte sich auf den Weg nach Veracruz, um einen Brief an einen alten Freund in Sevilla abzuschicken, der sich um den Ankauf der von der Inquisition verbotenen Bücher kümmern

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