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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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werden schon dafür sorgen, dass ihnen das Grinsen rasch vergeht.
    Beatriz Zamba gesellte sich zu mir. Sie nannte sich Zamba nach ihrer gesellschaftlichen Stellung, nicht nach ihren Eltern, denn da ihr Vater Sklave war, hatte sie keinen Familiennamen. Jeden Tag schlenderte Beatriz, beladen mit Zuckerrohrbündeln, durch Veracruz und bot ihre Ware auf den Straßen feil.
    Das Zuckerrohr wurde in der Umgebung angebaut; Beatriz' Liebhaber -ein afrikanischer Sklave auf den Zuckerrohrfeldern und Vater ihres Sohnes - stahl ihn, damit sie ihn verkaufen konnte. Die Menschen in Neuspanien waren verrückt nach Zucker und lutschten ständig an Zuckerrohr oder irgendwelchen Süßigkeiten. »Und bald haben sie keine Zähne mehr«, erklärte mir Beatriz kurz nach meiner Ankunft in Veracruz.
    Ich betrachtete Beatriz als Freundin - etwas, das ich nur wenigen Menschen zugestand, eigentlich nur ihr und Bruder Antonio. Das Leben auf der Straße war zu hart, um mehr als oberflächliche Bekanntschaften zu pflegen. Man konnte einen Menschen, den man heute noch geschätzt hatte, morgen tot in der Gosse auffinden oder feststellen, dass er nach Norden in die Bergwerke verfrachtet worden war, was auf dasselbe hinauslief. Vielleicht ertappte man ihn auch dabei, wie er einem die Taschen ausleerte oder die letzte Tortilla stahl.
    Aber mit Beatriz war es etwas anderes. Ich hatte Bruder Antonio geholfen, ihr Kind von einem hohen Fieber und einer erschreckenden Anzahl von Pestbeulen zu kurieren, die sein Gesicht und seinen Körper entstellten. Als es uns gelang, das Fieber zu senken und die gefürchteten Beulen zum Verschwinden zu bringen, glaubte Beatriz, dass wir ein Wunder vollbracht hatten. Auch heute trug sie ihren Sohn, Jacinto, auf der Hüfte, und sie vergaß uns nie, was wir für sie getan hatten.
    Rechtlich gesehen war der Status des Kindes ungeklärt. Wenn es um die Frage der Rasse ging, unterschied das spanische Gesetz höchst kompliziert zwischen zweiundzwanzig Gruppen von Menschen, die nach mannigfaltigen Gesichtspunkten eingeteilt wurden. Jede dieser Kategorien schlüsselte sich wiederum in Untergruppen auf, in denen man vorwiegend ›weiße‹, ›afrikanische‹ oder ›indianische‹ Personen erfasste.
    Ein Kind mit einem spanischen Vater und einer indianischen Mutter galt als Mestize.
    Ein spanischer Vater und eine Afrikanerin brachten einen Mulatten hervor.
    Beatriz, die einen afrikanischen Vater und eine Mulattin zur Mutter hatte, galt als Zamba.
    Da immer mehr Mischlinge eine Ehe eingingen, fiel es den Behörden zunehmend schwerer, sie in Gruppen zu unterteilen. Die seltsamste Mischung war das Kind eines Mulatten mit einer Zamba, das man zambo miserable nannte. Ich weiß nicht, warum man ein solches Kind als unglücklich bezeichnete, doch auch Jacinto war in dieser Kategorie erfasst, weil er ›verderbtes‹ Blut hatte.
    Die Rasse musste auch bestimmt werden, wenn man die Elternschaft nicht einwandfrei klären konnte oder keine Aufzeichnungen über eine Eheschließung existierten. In diesem Fall wurde eine körperliche Untersuchung durchgeführt. Dabei schenkte man der Hautfarbe nur wenig Aufmerksamkeit, denn viele Spanier waren dunkelhäutig. Viel wichtiger waren Farbe und Beschaffenheit des Haars. Kurzes, krauses Haar wies auf einen Afrikaner hin. Glattes, derbes Haar oder fehlende Körperbehaarung ließen auf einen Indio schließen. Mestizen bedeuteten das größte Problem, weil sie sowohl spanische als auch indianische Merkmale aufwiesen.
    Wie Bruder Antonio mir erklärte, lag der Grund für diese Vorgehensweise in der Annahme, dass unsere Eigenschaften und Begabungen durch das Blut weitergegeben würden. Reines spanisches Blut befähigte einen Menschen angeblich dazu, Schiffe zu bauen, die Meere zu befahren und neue Länder zu erobern. Wer die Reinheit des Blutes verwässerte, schwächte diese Fähigkeiten und schadete somit Spanien als Nation.
    »So viele Leute und so viel Freude«, meinte Beatriz mit einem spöttischen Schmunzeln.
    »Vielleicht im nächsten Leben.«
    »Was bist du nur für ein Heuchler, Cristóbal «, sagte Beatrix. Sie gehörte zu den wenigen, die mich mit meinem Taufnamen ansprachen. »Wo sonst könntest du deinen Lebensunterhalt verdienen, indem du den verkrüppelten Schwachkopf mimst?«
    »Jeder braucht jemanden, auf den er herabsehen kann.«
    »Aber dieses Theater, bei dem du den Körper, den Gott dir geschenkt hat, auf übelste Weise verrenkst - verhöhnst du damit nicht deinen Schöpfer?«
    »Wenn

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