Das Blut der Azteken
Geistlicher erklärt, dass es sich dabei um ein mystisches jüdisches Symbol handle.
Ich war noch nie im Tunnel gewesen und hatte diesen Stern niemals gesehen. Doch selbst wenn ich nicht geknebelt gewesen wäre, hätte ich geschwiegen. Meine und Don Julios Schuld hatte von vornherein festgestanden. Ganz gleich, was ich sagte oder tat und wie sehr ich auch an die Vernunft appellierte, es würde nichts daran ändern.
Mein Anwalt hatte keine Fragen an die Zeugen.
Man entfernte den Knebel, und ein Richter forderte mich auf, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.
»Die Anklage ist blanker Unsinn«, entgegnete ich. »Diese Verhandlung dient genauso wenig der Wahrheitsfindung wie die, die vor langer Zeit gegen einen anderen Juden eröffnet wurde.«
»Dann gebt Ihr also zu, dass Ihr ein Jude seid«, sagte der Richter.
»Der Jude, den ich meine, ist unser Erlöser Jesus Christus, der mein Namenspatron ist. Inzwischen weiß ich, warum. Auch ich soll, so wie er damals, durch falsche Zeugnisse zum Märtyrer gemacht werden.«
Dem Tribunal gefiel meine Antwort gar nicht. Man brachte mich in meine finstere Zelle zurück, in der ich jedoch nur eine Nacht bleiben musste. Als sich die Tür wieder öffnete, war ich sicher, dass man mich auf den Scheiterhaufen führen würde, um mich zu verbrennen. Doch stattdessen begleitete man mich in eine große Zelle im Erdgeschoss. Fünf Gefangene befanden sich darin, und es war einer unter ihnen, den ich sehr gut kannte.
Ohne auf seine Verlegenheit zu achten, schloss ich meinen Freund fest in die Arme. Mateo zog mich in eine Ecke und flüsterte mir ins Ohr.
»Du bist dem Scheiterhaufen entronnen, doch dir steht eine schwere Strafe bevor. Du bekommst hundert Peitschenhiebe und wirst in die Silberminen geschickt.«
»Woher weißt du das?«
»Mein Vetter in Oaxaca, der ein Vermögen verdient hat, indem er die Indios betrunken machte und ihnen dann ihr Land abgekauft hat, hat meine Sünden mit Geld bei der Inquisition abgebüßt. Er hat Beweise dafür, dass unsere Familie reinblütig ist. Also wird man mich nach Acapulco bringen und mich auf die Galeone nach Manila verfrachten.
Ich habe auch um Hilfe für dich gebeten, aber man sagte ihm, du würdest als Marrane verdächtigt, weshalb eine Verbannung nach Manila nicht möglich sei. Allerdings hat er herausgefunden, dass jemand eine Geldsumme hinterlegt hat, um dir das Leben zu retten. Zur Arbeit im Bergwerk verurteilt zu werden ist zwar kaum besser als der Scheiterhaufen, aber wenigstens lebst du so ein bisschen länger und… wer weiß?« Er zuckte die Achseln.
»Und was wird aus dem Don? Und aus Juana und Inez?« Seine Miene verdüsterte sich, und er wich meinem Blick aus. »Der Scheiterhaufen? Sie werden auf dem Scheiterhaufen verbrannt? Heilige Maria«, flüsterte ich, »kann man sie denn nicht freikaufen?«
»Inez und Juana sind heimliche Juden.«
»Das glaube ich nicht.«
»Sie besaßen ein Buch über jüdische Riten, und Isabella hat es gefunden.«
»Das war ein gefälschter Beweis. Die Initialen des Don waren nicht auf dem Buch.«
»Das Buch gehörte ihnen, nicht dem Don. Ich habe es auf der Hacienda gesehen. Außerdem weiß ich, dass sie sich an die jüdischen Bräuche halten, denn ich habe sie dabei beobachtet. Deshalb hatte der Don sie ja auf die Hacienda geschickt. Und er hat ihnen verboten, ihre jüdischen Gerätschaften und Bücher mit in die Stadt zu bringen. Sie haben es trotzdem getan, Isabella ist auf die Sachen gestoßen und hat sie gegen sie verwendet. Als die Geistlichen mir das Buch zeigten, stritt ich ab, es zu kennen.«
»Mir ist es gleich, ob sie Juden sind. Sie sind me ine Freunde.«
»Sie sind nicht nur Freunde, Bastardo, sondern unsere Familie. Uns mag ihr Glaube gleichgültig sein, doch es gibt viele, die etwas dagegen haben.«
»Und man kann nichts mehr tun?«
»Wenn sie bereuen, werden sie auf dem Scheiterhaufen erdrosselt, bevor man das Feuer anzündet. Und die Frauen könnten durch Reue dem Scheiterhaufen vielleicht sogar ganz entgehen. Aber sie weigern sich. Es liegt an Inez. Das nervöse Frauenzimmer ist fest dazu entschlossen, als Märtyrerin für ihren Glauben zu sterben. Und die kleine Juana hat das Leben offenbar einfach satt. Da der Don seine Schwester und seine Nichte nicht allein sterben lassen will, zeigt auch er keine Reue.«
»Das ist doch Irrsinn! Ein wahnwitziges Theaterstück aus der Feder eines Verrückten.«
»Nein, Cristo, das ist kein Theaterstück. Das Leben ist trauriger, als
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