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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Inquisition verlassen, um mit dem Schiff nach Manila auf den Philippinen verfrachtet zu werden, wohin Neuspanien seine missliebigen Elemente verbannte. Wegen des tropischen Fiebers und der feindseligen Eingeborenen galt auch das als Todesurteil.
    Ich wurde mit einem Dutzend weiteren Männer zusammengekettet, doch diese waren - im Gegensatz zu dem Sodomisten und mir - Kleinkriminelle und von der Obrigkeit an die Bergwerke verkauft worden. Die meisten hatten weniger als ein Jahr abzubüßen und rechneten damit, dass ihre Verwandten sie freikaufen würden. Einer von ihnen, ein Mestize, hatte einen Sack Mais gestohlen, um seine Familie zu ernähren. Er machte die Fahrt zu den Silberminen schon zum zweiten Mal. Beim ersten Mal hatte man ihn wegen überfälliger Schulden zu einem halben Jahr verurteilt.
    Der Mestize erinnerte mich an den Bergwerkssklaven, dessen Ermordung ich als kleiner Junge mit eigenen Augen gesehen hatte. Ich erzählte ihm von der Begebenheit, und er schilderte mir im Austausch die Zustände in den Bergwerken. Obwohl diese nicht sonderlich aufmunternd waren, wollte ich so viel wie möglich über mein neues Gefängnis erfahren. Schließlich hatte ich geschworen, meine Familie zu rächen, und war deshalb fest dazu entschlossen, nicht in einem Bergwerk zu krepieren.
    Die Fahrt dauerte knapp zwei Wochen. Die Anlage erstreckte sich auf einer hohen, kahlen Klippe. Ein Fluss schlängelte sich durch das Gelände und führte ständig Wasser in die ansonsten ausgedörrte Landschaft.
    In Ketten und Fußfesseln betraten wir den von hohen Mauern umschlossenen Hof. Ich prägte mir alles gut ein - das schwarze klaffende Maul des Bergwerksschachts, das Donnern des Stampfwerks, das ohrenbetäubende Röhren des Schmelzofens, das Klappern aus der schmutzigen, in Qualm gehüllten Schmiede und die lang gezogenen, übel riechenden, rußigen Baracken der Häftlinge. Gleich daneben hob sich das gewaltige Haus des Bergwerksbesitzers mit seinen dicken Mauern strahlend weiß von Dreck und Elend ab.
    Besonders gründlich musterte ich die weiß getünchten Mauern aus dicken Lehmziegeln rings um den Hof. Eines Tages würde ich sie überwinden und diesem widerwärtigen Höllenloch für immer entfliehen.
    Wie Ameisen kamen die Indiosklaven im Gänsemarsch aus dem Schacht. Sie trugen Säcke und Körbe auf dem Rücken oder an einem Stirngurt. Wenn man dem Mestizen glauben konnte, wog einer dieser Körbe annähernd so viel wie einer der drahtigen Männer, die sie schleppten.
    Die Ameisen kippten ihre Last auf einen Haufen neben dem Stampfwerk. Ich konnte sie zwar nicht weiter beobachten, da man uns zu einer Baracke scheuchte, doch ich wusste aus den Büchern, die Don Julio über den Bergbau geschrieben hatte, ohnehin mehr oder weniger Bescheid.
    Das im Bergwerk abgebaute Gestein wurde im Stampfwerk zermahlen, in großen Haufen auf dem gepflasterten Hof ausgebreitet und anschließend mit Wasser zu einem Brei vermengt. Dann mischte ein azoguero, ein Eisenfrischer, Quecksilber und Salz darunter. Der Brei wurde zu Fladen geformt und getrocknet. Zu guter Letzt spülte und erhitzte man das Silber, bis sich das Quecksilber davon trennte. Dieser Vorgang dauerte einige Wochen oder Monate, was vom Können des Eisenfrischers und von der Qualität des Silbers abhing.
    Quecksilber war für den Abbau unverzichtbar, und der König hielt das Monopol darauf. Der Großteil stammte aus der Almaden-Mine in Spanien.
    Auf einem Platz im Freien, der auch den gemeinsamen Mahlzeiten diente, wurden wir in Arbeitstrupps einteilt. Jede Gruppe wurde von einem afrikanischen Sklaven beaufsichtigt.
    Der Mann, dem ich unterstellt wurde, war ein gutes Stück größer als ich und kräftig gebaut. Er hatte ein Jahrzehnt als Aufseher im Bergwerk überlebt und befehligte inzwischen etwa ein Dutzend Sklaven. Sein Körper war von den Narben unzähliger Bergwerksunglücke übersät. Der Mann erinnerte mich an einen Gladiator im alten Rom. Sein Name war Gonzalo.
    »Zieh das Hemd aus«, befahl er mir, die Peitsche in der Hand.
    Ich gehorchte. Die Striemen auf meinem Rücken waren noch rot, bluteten aber nicht mehr und verheilten allmählich.
    Die Peitsche fuhr mir über die Beine, sodass ich vor Schmerz und Schrecken aufschrie. Zwei Männer packten mich an den Armen und hielten mich fest, während Gonzalo mir noch fünfmal auf die Waden und die Rückseite der Oberschenkel schlug.
    »Du bist zum Arbeiten hier, nicht um geprügelt zu werden. Ich schlage dich, damit du härter

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