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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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wir uns schon einmal begegnet.«
    »Ich pflege keinen Umgang mit Banditen.«
    »O doch, meine Liebe. Es war vor vielen Jahren, während Euer Gatte den Stierkampf vorgeführt hat.«
    »Unsinn. Mein Gatte war ein wichtiger Mann. Du wärst bei uns nicht willkommen gewesen.«
    »Es war auch nicht Euer Gatte, der mich eingeladen hatte. Ihr selbst habt mich unter Euer Kleid gebeten.«
    Sie starrte mir gebannt in die Augen und schien mich wieder zu erkennen.
    »Als Ihr mich das letzte Mal so angesehen habt, habt Ihr mir anschließend einen Tritt gegeben, dass ich mir beinahe das Genick gebrochen hätte.«
    Sie schnappte nach Luft. »Nein! Das kann nicht sein!«
    »Doch, ich erinnere mich noch sehr gut an diesen Tag.« Ich legte ihr die Hand aufs Knie und ließ sie langsam ihren Schenkel hinaufgleiten. »Und ich weiß noch, dass Ihr nichts… o, das tut Ihr immer noch nicht.«
    Ich rutschte vom Sitz und kniete mich zwischen ihre Beine. Meine Zunge setzte gerade zu einer Erkundungsreise an, als ein Schuss fiel. Mein Kumpan stieß einen Schmerzensschrei aus und stürzte tot vom Kutschbock. Die Pferde gingen durch, und wir wurden ordentlich durchgerüttelt, bis die Soldaten die Kutsche einholten. Kurz darauf wurde die Tür der Kutsche aufgerissen.
    »Ist alles in Ordnung, Señora?«
    »Ja.«
    »Hat man Euch etwas angetan?«
    »Nein, es ist mir nichts geschehen.«
    »Einer der Männer ist zu Euch in die Kutsche gestiegen. Wo ist er geblieben?«
    Genau das war der springende Punkt, denn ich kauerte unter ihrem Kleid. Heute trug sie keinen zeltähnlichen Rock, unter dem man einen Elefanten hätte verstecken können. Doch da sie eine Decke auf dem Schoß liegen hatte und meine Beine und Füße unter dem Sitz steckten, war ich einigermaßen vor Blicken geschützt. Zumindest, solange sie mich nicht verriet.
    »Wo er geblieben ist?«, wiederholte sie, und ich hörte ihrer Stimme an, dass sie unschlüssig war. Nicht was meinen Aufenthaltsort betraf, denn ich saß ja immer noch zwischen ihren Beinen, sondern ob sie mich ans Messer liefern sollte.
    »Er ist fort«, sagte sie. »Er ist aus der Kutsche geflohen.«
    Die Soldaten geleiteten die Kutsche zu einem Gasthof. Doch die Witwe des Alcalde weigerte sich auszusteigen. Sie teilte dem Offizier mit, sie wolle in der Kutsche bleiben und sich ungestört ausruhen. Mir allerdings gönnte sie keine Ruhe. Sie hielt mich auf Trab, bis es mir gelang, mich in der Dunkelheit aus dem Staub zu machen.
    Bis heute weiß ich nicht, ob sie mich schützte, weil sie sich selbst nicht bloßstellen wollte… oder weil sie eine Schwäche für meine Zunge hatte.

6
    Offen gesagt fanden meine Überfälle nur selten und in großen zeitlichen Abständen statt. Mein Leben ähnelte zumeist einem gefährlichen, unwegsamen Bergpfad, der an steilen Klippen entlangführte und sich immer wieder verzweigte. Und in meinem zweiten Jahr als Bandit geriet ich erneut an einen solchen Scheideweg.
    Obwohl Neuspanien ein großes Land war, führten alle Wege irgendwann nach Rom - oder in diesem Fall nach Mexiko-Stadt. Wenn man sich lange genug an den Hauptstraßen herumtrieb, so wie ich es tat, um meine Raubzüge zu verüben, stieß man früher oder später zwangsläufig auf alte Bekannte - wie zum Beispiel die Frau des Alcalde. Und auf einer dieser Straßen, eigentlich kaum mehr als ein Bergpfad, kam es wieder zu einer solchen Begegnung.
    Als die Flotten aus Sevilla und Manila eintrafen, sorgte ich dafür, dass wir unseren Anteil an den Reichtümern abbekamen. Allerdings war die Straßenräuberei kein leichtes Brot, und unsere Gewinne wurden in diesem zweiten Jahr zusehends kleiner. Meinem Ruhm war es zu verdanken, dass zusätzliche Soldaten die Straßen patrouillierten. Alle Reisenden waren auf der Hut, und die Silberkarawanen wurden scharf bewacht, weshalb mit jedem Monat weniger für uns abfiel.
    In diesen harten Zeiten mussten wir uns mit leichter zu überwältigenden Opfern zufrieden geben, nämlich mit wohlhabenden Reisenden, die so leichtsinnig gewesen waren, sich allein auf den Weg zu machen. Sie besaßen zumeist edle Pferde und vertrauten darauf, dass ihre Tiere jeden Banditen abhängen würden. An jenem Tag jedoch trafen wir auf einen Reisenden, der mit der Sänfte unterwegs war, ein so leichtes Ziel, dass ich mich schon fragte, ob es sich - so wie bei meiner Begegnung mit Yanga - um eine Falle handelte.
    Wir konnten die Sänfte von unserem Lagerplatz aus sehen. Seit über zwei Wochen hatten wir keine nennenswerte

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