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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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eingeschlafen. Offenbar ahnte er nichts von dem Drama, das sich hier abspielte. Der Kopf war ihm auf die Brust gesunken. Ich stieg auf mein Maultier und kam, die Axt in der Hand und meine Decke über dem Kopf, aus meinem Versteck geprescht. In die Decke hatte ich Gucklöcher geschnitten, sodass ich im Dämmerlicht aussah wie ein köpfloses Ungeheuer.
    Die Leibwächter nahmen die Beine in die Hand. Die Maultierführer ließen die Zügel fallen und folgten ihnen auf den Fersen. Die erschrockenen Maultiere rannten los. Ich griff nach den Zügeln des Leittiers. Während der Priester in der Sänfte schrie und panisch mit den Armen ruderte, führte ich die Maultiere von der Straße weg in den Wald.
    Als ich weit genug gekommen war, sodass mögliche Retter uns nicht finden konnten, blieb ich stehen. Ich stieg ab, und der beleibte Priester kletterte aus der Sänfte. Er gehörte zu der Sorte von Geistlichen, die Bruder Antonio stets verabscheut hatte, denn er trug Seide, Spitzen und dicke Goldketten.
    »Gott wird dich dafür bestrafen!«, kreischte er.
    Ich bedrohte ihn mit dem Messer und hielt es ihm an den fetten Wanst. »Gott straft mich mit deinesgleichen, mit Priestern, die fett und reich werden und sich in Seide hüllen, während arme Menschen Hunger leiden. Wie viele Indiokinder
    sind für dieses Seidenhemd verhungert?«
    Dann drückte ich ihm die Stahlklinge an die Kehle.
    »Töte mich nicht!«
    »Ach, mein Freund, sehe ich etwa aus wie ein Mörder?«
    Nach seiner Miene zu urteilen, war das offenbar der Fall.
    Ich ließ den Priester zwar am Leben, aber ich muss zugeben, dass ich ihn beraubte, und zwar sehr gründlich. Ich stahl ihm nicht nur Juwelen und Geld, sondern zwang ihn zudem, sich nackt auszuziehen, nahm seine Gewänder aus Seide und Leinen an mich und außerdem ein Paar Schuhe aus feinstem Kalbsleder. Ich bin überzeugt davon, dass Bruder Antonio, Bruder Juan und die meisten Geistlichen in Neuspanien, die mit ihrem Glauben und ihrem Mut ein Königreich der Seele erobert hatten, mir insgeheim zugejubelt hätten.
    »Bruder, wenn man Euch fragt, wer Euch das angetan hat, dann sagt, es war Cristo el Bastardo. Weiterhin sagt, ich sei ein Prinz der Mestizen, und jeder Spanier solle auf sein Gold und auf seine Frau aufpassen, solange ich am Leben sei.«
    »Du kannst mich nicht in der Wildnis allein lassen! Ich habe nicht einmal Schuhe!«
    »Ach, Padre, wenn Ihr ein guter Mensch gewesen seid, wird der Herr für Euch sorgen. Denkt nur an die Lilien auf dem Felde, die weder arbeiten noch spinnen.«
    Als ich davonritt, stand er nackt neben seiner Sänfte und verfluchte mich mit Ausdrücken, die sich für einen Priester ganz und gar nicht geziemten.
    So begann der neue Lebensweg von Cristo el Bandito. Ich war in meinem neuen Beruf so erfolgreich, dass ich bald ein halbes Dutzend Gehilfen beschäftigte. Leider muss ich sagen, dass nicht alle meine neuen Mitarbeiter so zuverlässig und gewissenhaft waren wie ich. Bald sah ich mich gezwungen, diejenigen unter ihnen zu entlassen oder zu töten, die nicht mit der mir eigenen Geschicklichkeit Musketenkugeln oder Schwerthieben ausweichen konnten oder gar so unklug waren, mich bestehlen zu wollen. Den ersten dahergelaufenen Mestizen, der mir die Kehle durchzuschneiden versuchte, weil er mit seinem Anteil an der Beute nicht zufrieden war, beseitigte ich umgehend. Dann trennte ich ihm das rechte Ohr ab und heftete es zur Warnung zukünftiger Übeltäter an die Scheide meines Schwertes. Allerdings nützte das nicht viel. Schon nach wenigen Wochen hatte sich meine Trophäensammlung um drei weitere Exemplare vermehrt.
    Ich muss gestehen, dass das Leben eines Banditen eigentlich nicht sehr aufregend war. Tagaus, tagein lag man auf der Lauer, schlug zu, floh und war pausenlos unterwegs. Man machte einen großen Bogen um die Soldaten des Vizekönigs, trank zu viel, liebte zu wenig und war dauernd auf der Hut vor Kameraden, die einem ohne zu zögern das Messer in den Rücken gestoßen hätten, wenn für sie etwas dabei herauszuholen gewesen wäre. Für mich war dieses Dasein besonders schwer zu ertragen, denn obwohl ich zugegebenermaßen die schwarze Seele eines lépero besaß, war ich im Gegensatz zu dem Gesindel, mit dem ich mich umgab, einst ein Edelmann, ein Gelehrter und ein Sporenträger gewesen.
    Ständig quälten mich schmerzliche Erinnerungen und wollten mir nicht aus dem Kopf gehen. Bruder Antonio war gefoltert und ermordet worden, weil er mich hatte beschützen wollen. Der

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