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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Vermögen verloren hatte, konnte mit diesem Titel noch eine schwerreiche Witwe oder Kaufmannstochter heiraten.
    »Du kennst die Geschichte ja aus Mateos eigenem Mund«, fuhr sie fort. »Mit fünf Jahren ist er Waise geworden. Sein Vater starb im Krieg, und seine Mutter wurde von der Pest dahingerafft. Sein Vater, der Marqués, war General des Königs gewesen und genoss einen guten Ruf. Nach dem Tod seiner Eltern wuchs Mateo im Hause seines Vetters, eines Grafen, auf. Schon als kleiner Junge wurde er mit der Tochter des Grafen verlobt, die ein oder zwei Jahre älter war als er. Als Mateo siebzehn war, wurde er von einem Diener geweckt, der ihm meldete, ein Mann habe sich ins Haus geschlichen. Mateo griff nach seinem Schwert und machte sich auf die Suche nach dem Einbrecher. Dieser entpuppte sich als sein bester Freund, und er traf ihn in den Armen seiner Verlobten an.
    Mein Gott, kannst du dir diese Situation vorstellen, Cristo? Ein heißblütiger, idealistischer junger Adliger, der in der Tradition der hombría erzogen worden ist. Und diese besagt, dass die Ehre eines Mannes das Allerwichtigste ist und mit dem Verhalten der Frau in seinem Leben steht oder fällt. Nun ertappt er seine zukünftige Gattin im Bett mit seinem besten Freund. Sicher kannst du raten, was dann geschah.«
    Da ich Mateo gut kannte, war Raten überflüssig. »Er hat den Mann natürlich umgebracht.«
    »Cristo, wenn er ihn bloß getötet hätte, wäre er heute Marqués und kein Pícaro. Aber er hat nicht nur seinen Freund, sondern auch seine Verlobte erstochen. Sie hat sich zwischen die beiden kämpfenden Männer geworfen und wurde tödlich getroffen. Obwohl alle im Land Mateo für diese ehrenhafte Tat lobten, war das Mädchen das einzige Kind des Grafen gewesen. Und um die Ehre seiner eigenen Familie zu retten, sorgte dieser dafür, dass Mateo ein gejagter Mann wurde.«
    Nachdem ich Anas Bericht gehört hatte, schwieg ich lange Zeit. Ich schloss die Augen und malte mir aus, wie es für Mateo gewesen sein musste, das Liebespaar auf frischer Tat zu ertappen.
    Diese Gedanken bedrückten mich so, dass ich erleichtert war, als Ana mich bat, sie ein Stückchen höher weiter zu massieren.

15
    Sevilla war eine Erleuchtung für mich. Doch obwohl ich sogar lernte, wie man durch einen Diener hindurchblickte, ohne ihn wahrzunehmen, bekam ich immer mehr Heimweh nach Neuspanien. Die Hoffnung, dass Eléna einmal mir gehören würde, hatte ich längst aufgegeben. Wie Calisto und Melibea waren wir machtlos gegen das Schicksal und die Regeln der Gesellschaft. Eléna würde Luis heiraten, von ihm Kinder bekommen und niemals ihren Traum verwirklichen können, als Dichterin und Verfasserin von Theaterstücken anerkannt zu werden. Unter Luis' harter Hand würde sie dahinwelken und eine vertrocknete alte Frau werden, deren Sehnsüchte sich in Staub verwandelt hatten.
    Aber vielleicht würde es mir ja gelingen, sie zur Witwe zu machen.
    Manchmal ging ich zum Hafen hinunter und beobachtete die anlegenden und abfahrenden Schiffe; sie fuhren in alle Teile des Spanischen Reiches, das sich über den ganzen Erdball erstreckte. Aber in meinen Gedanken segelten sie stets nach Veracruz.
    Ich war so bedrückt, dass Ana sich beschwerte, ich sei nicht amüsant und solle sie erst wieder besuchen, wenn ich nicht mehr so miesepetrig sei. Wie ich vermutete, hatte der italienische Graf, der ihr den Hof machte, mehr mit ihren Klagen zu tun als meine liebeskranke Niedergeschlagenheit.
    Meine Sehnsucht, nach Hause zurückzukehren, steigerte sich, als ganz Sevilla begann, über eine Person zu sprechen, die ich kannte: Catalina de Erauso, die Frau in Männerkleidern, die aus dem Kloster geflohen war, um Soldat des Königs zu werden.
    In Tavernen und Theatern lauschte ich den Geschichten und trennte Erfindung von Wahrheit. Man berichtete zwar von ihren unglaublichen Abenteuern als Leutnant in der Armee und von ihren unzähligen Duellen und Eskapaden, erwähnte aber nicht, dass sie als Anführerin einer Räuberbande das Silber des Königs gestohlen hatte und in Männerkleidern Frauen verführte.
    Auf ihrer Reise nach Madrid, wo sie vom König empfange n werden sollte, hatte sie in Sevilla Station gemacht. Er hatte ihr eine Pension zugesprochen und sie als Heldin des Spanischen Reiches dem ganzen Hof vorgestellt. Nun wollte sie nach Sevilla zurückkehren, um von hier aus nach Italien weiterzusegeln, wo sie eine Audienz beim Papst hatte. Ich schickte einen Brief in das Gasthaus, in dem sie

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