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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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wohnte, und fragte sie, ob sie das in Zacatecas gestohlene Silber schon ausgegeben habe.
    Sie würde erst wissen, von wem der Brief stammte, wenn sie mir gegenüberstand. Falls sie mich erkannte, brauchte ich nicht zu befürchten, dass sie mich als entflohenen Bergwerkssklaven bei den Offizieren des Königs melden würde. Es war ihr zwar zuzutrauen, dass sie mir ein Messer in den Rücken stieß, sofern sich die Gelegenheit ergab, aber wenn man sie zu meinen Verbrechen in Neuspanien befragen sollte, würde sie sich selbst damit belasten.
    Auf mein Schreiben erhielt ich die Antwort, sie wolle sich am Gasthaus mit mir treffen. Ich solle, natürlich auf meine Kosten, eine Kutsche bereitstellen. Hatte dieses Mannweib etwa vergessen, dass es schon einmal versucht hatte, mich zu ermorden?
    In Nonnentracht gehüllt, trat Catalina aus dem Gasthof, doch ich nahm ihr diese Maskerade nicht ab. Ich hatte noch nie von einer Nonne mit zernarbtem Gesicht gehört. Und auch nicht von einer, deren vom jahrelangen Alkoholgenuss gerötete Nase an so vielen Stellen gebrochen war, dass sie an einen böse zugerichteten Fingerknöchel erinnerte. Die Klosterfrauen, die ich kannte, hatten für gewöhnlich noch alle ihre Schneidezähne. Außerdem waren die Augen einer Nonne in die Ewigkeit gerichtet und strahlten Ruhe und Frieden aus. Diese Nonne hingegen hatte den Blick eines wildernden Hundes.
    Wenn du eine Braut Christi bist, sagte ich mir, dann bin ich der Papst höchstpersönlich.
    Als ich mich ihr vor der Tür des Gasthofs vorstellte, erkannte sie mich nicht wieder. Es waren zu viele Jahre, zu viele Leben, vergangen, als dass sie in mir den Mestizenjungen hätte erkennen können, der für sie einen Tempel ausgeraubt hatte. Außerdem konnte sie nur einen kurzen Blick auf mich erhaschen. Also riskierte ich meiner Ansicht nach nichts und hatte viel zu gewinnen, wenn ich sie nach Luis befragte.
    »Ich muss etwas über Luis de la Cerda wissen. Mein Bruder hat dich bei deiner letzten Begegnung mit ihm in Neuspanien beobachtet. Du hast ihn gesehen, als du im Bergwerksgebiet durch das Fenster eines Gasthauses geschaut hast.«
    Ich stellte fest, dass sich ein langer Dolch unter ihrer Tracht abzeichnete. Sie musterte mich zwar ausdruckslos, doch ihr Blick war argwöhnisch geworden. Zweifellos spielte sie mit dem Gedanken, mir die Kehle durchzuschneiden.
    »Der Mann, der mich durch das Fenster gesehen hat, wurde von der Inquisition verhaftet.«
    »Verhaftet und in die Bergwerke geschickt, wo er gestorben ist. Vor seinem Tod hat er mir von dir und Luis erzählt.«
    »Aber sein Bruder scheint es weit gebracht zu haben.«
    »Gott schützt die Seinen«, erwiderte ich bescheiden. »Und er belohnt sie.« Ich nahm einen mit Golddukaten prall gefüllten Beutel heraus. »Ich möchte, dass du mir von den Überfällen auf die Silberkarawanen erzählst. Außerdem bin ich neugierig, wie deine Beziehung zu Luis aussieht und wer sonst noch mit euch unter einer Decke steckt.«
    »Warum sollte ich dir das sagen? Für ein bisschen Gold? Das würde ich schließlich auch als Belohung bekommen, wenn ich dich bei der Inquisition anzeige.«
    »Ich glaube, da verschätzt du dich. Was würde wohl der Papst davon halten, wenn er wüsste, dass du dich zu Frauen hingezogen fühlst?«
    Entsetzt riss sie die Augen auf. Sie hatte mich immer noch nicht als den Mestizenjungen und Grabräuber erkannt. Obwohl ich das auch vermeiden wollte, musste ich ihr noch ein wenig Angst einjagen.
    »Und der König? Würde er es mir mit einer Pension oder mit dem Galgen danken, wenn er erführe, dass du nicht nur sein Silber stiehlst, sondern auch antike Gräber ausraubst?«
    Sie konnte ihre Miene nicht mehr beherrschen. Ihre Lippen verzogen sich zu einem widerwärtigen Grinsen. »Ein Mann, dem man die Zunge herausgeschnitten hat, kann nicht mehr reden.«
    Ich kicherte. »Schwester, solche schmutzigen Gedanken ziemen sich nicht für eine fromme Frau.« Ich drehte mich um und wies auf die beiden Männer, die unserer Kutsche in einem Karren folgten. »Ich stelle fest, dass du zwei Mörder damit beauftragt hast, mich zu töten. Siehst du die vier Männer in der Uniform des Königs, direkt hinter ihnen?«
    Ich winkte den Reitern zu. Sie gaben ihren Pferden die Sporen und hielten den Karren an. Während sie die beiden Männer herunterzerrten, wandte ich mich wieder Catalina zu. Ihre rechte Hand steckte unter den Falten ihrer Tracht.
    Ich warf ihr den Beutel mit Gold zu. »Steck deinen Dolch weg. Der

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